Das Lied der Dunkelheit
Hohnlachen. Jeder Einzelne von ihnen war bereit, für diesen Speer sein Leben zu opfern.
Aber auch Arlen wollte um den Besitz der Waffe kämpfen, selbst wenn er dabei sterben sollte.
»Die Horclinge sind eure Feinde!«, schrie er, als sie ihn angriffen. »Nicht ich!« Doch noch während er protestierte, wirbelte er herum, wehrte mit einer Drehung seiner Waffe zwei Speerspitzen ab und rammte einem Angreifer den Schaft in die Rippen. Der Mann taumelte nach hinten und prallte gegen seine vorrückenden Kameraden. Arlen nutzte das Durcheinander, um loszurennen und sich mitten unter die Krieger zu werfen; er wirbelte den Speer wie einen Fechtstock herum, weil er sich scheute, die Spitze einzusetzen.
Einem Mann stieß er das Ende des Schafts ins Gesicht und spürte, wie dessen Kiefer brach. In geduckter Haltung wagte er einen Ausfall und schmetterte einem Krieger den Metallspeer wie eine Keule gegen das Knie. Eine gegnerische Speerspitze sauste nur knapp über Arlens Kopf hinweg, während die Beine unter dem Mann wegknickten und er heulend zusammensackte.
Doch anders als im Kampf gegen die Horclinge, wog der Speer nun schwer in Arlens Händen; von der nicht versiegenden Energie, die ihn durch das Labyrinth getrieben hatte, war nichts mehr zu spüren. Wenn er den Speer gegen Menschen einsetzte, war er eine Waffe wie jede andere. Arlen stemmte den Schaft auf den Boden, hielt sich daran fest und sprang hoch, um einem Krieger gegen den Hals zu treten. Einem anderen stieß er das stumpfe Ende in den Bauch, sodass der Mann vornüberkippte und sich vor Schmerzen krümmte. Mit der Spitze schlitzte er einem Angreifer den Oberschenkel auf; der Verletzte ließ seine Waffe fallen und presste beide Hände auf
die Wunde. Doch darauf folgte ein erneuter Ansturm; Arlen wich nach hinten aus und stellte sich so hin, dass er die Dämonengrube im Rücken hatte, damit er nicht eingekreist werden konnte.
»Und schon wieder habe ich dich unterschätzt, obwohl ich mir geschworen hatte, dass mir das nie wieder passieren würde«, stellte Jardir fest. Auf seinen Wink hin rückten noch mehr Männer nach vorn, um den Druck auf Arlen zu verstärken.
Arlen kämpfte tapfer, doch an dem Ausgang des Gefechts bestand nicht der geringste Zweifel. Ein Speerschaft knallte gegen seine Schläfe und er ging zu Boden; brutal fielen die Krieger über ihn her und droschen auf ihn ein, bis er den Speer losließ, um seinen Kopf mit den Armen zu schützen.
Sofort ließen die Männer von ihm ab. Arlen wurde auf die Füße gehievt, und als zwei Krieger, wahre Muskelprotze, ihn mit den Händen hinter dem Rücken umklammert hielten, sah er, wie Jardir sich bückte und seinen Speer aufhob. Der Erste Krieger packte seine Beute mit festem Griff und sah Arlen dabei in die Augen.
»Es tut mir wirklich leid, mein Freund«, hob er an. »Ich wünschte, es gäbe einen anderen Weg.«
Arlen spuckte ihm ins Gesicht. »Everam ist Zeuge deines Verrats!«, brüllte er.
Jardir lächelte nur und wischte sich den Speichel ab. »Nimm Everams Namen nicht in den Mund, chin . Ich bin sein Sharum Ka , nicht du. Ohne mich ist Krasia verloren. Wer wird dich schon vermissen, Par’chin ? Wenn du stirbst, wird kein einziges Tränenfläschchen gefüllt.«
Er wandte sich an die Männer, die Arlen festhielten. »Werft ihn in die Grube!«
Arlen hatte sich noch nicht von der Wucht des Aufpralls erholt, als Jardirs eigener prächtiger Speer hinuntergeschleudert wurde und zitternd vor ihm im Boden stecken blieb. Als Arlen die senkrechten, zwanzig Fuß hohen Wände der Grube hinauf spähte, sah er, dass der Erste Krieger ihn beobachtete.
»Du hast ein Leben in Ehre geführt, Par’chin «, rief Jardir, »und deshalb gebührt dir ein ehrenvoller Tod. Stirb im Kampf, und du wirst im Paradies erwachen!«
Arlen stieß ein wütendes Knurren aus und musterte den Sanddämon, der sich an der anderen Seite der Grube duckte, als wolle er zum Sprung ansetzen. Die Haltung, die Arlen einnahm - er wirkte weder bedrohlich noch furchtsam -, verwirrte die Kreatur, und verunsichert stakste sie auf allen vieren hin und her.
Es war nicht leicht, aber auch mit einem ganz normalen Speer konnte man einen Sanddämon töten. Ihre kleinen, lidlosen Augen, die von den knochigen Stirnwülsten geschützt wurden, waren ihre verletzlichste Stelle; wenn diese Horclinge ihr Opfer ansprangen, rissen sie die Augen weit auf, und ein gezielter Stoß mit dem Speer, der wuchtig genug war, um die Spitze bis ins Hirn zu treiben,
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