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Das Lied der Dunkelheit

Das Lied der Dunkelheit

Titel: Das Lied der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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Körper, deshalb legte er sich neben sie und presste sich eng an sie heran, um sie ein wenig zu wärmen. Den stinkenden Trog zog er wie ein Dach über sie beide, als Schutz vor dem Regen, und damit sie die hohnlachenden Dämonen nicht sehen mussten.
    Während er den hölzernen Trog senkte, zuckte ein gleißender Blitz über den Himmel und tauchte die Umgebung in einen blauweißen Glast. Das Letzte, was Arlen sah, war sein Vater, der wie erstarrt auf der Veranda stand.
    Wenn du da draußen wärst … oder deine Mam … Diese Worte schossen Arlen durch den Kopf. Er hatte nicht vergessen, was sein Vater ihm gesagt hatte. Doch trotz dieses Versprechens schien Jeph Strohballen durch nichts zu bewegen zu sein, seine Furcht zu überwinden und zu kämpfen.

    Die Nacht verging quälend langsam; an Schlaf war gar nicht zu denken. Regentropfen schlugen nicht enden wollende Trommelwirbel auf den umgestülpten Trog und bespritzten Arlen und seine Mutter mit Überresten des Schweinefutters, das noch an den Innenwänden klebte. Der Schlamm, in dem sie lagen, war kalt und stank nach Schweinemist. Silvy bibberte in ihrem Delirium, und Arlen hielt sie fest umklammert, um das bisschen Wärme, das sein Körper abstrahlte, auf sie zu übertragen. Seine Hände und Füße waren taub vor Kälte und fühlten sich an wie abgestorben.
    Verzweiflung übermannte ihn, und er weinte an der Schulter seiner Mutter. Zu seiner Überraschung stöhnte sie leise und tätschelte seine Hand; es war eine schlichte, instinktive Geste, doch schlagartig verflogen seine Angst, die Schmerzen, und das
niederschmetternde Gefühl, vom eigenen Vater enttäuscht worden zu sein.
    Stattdessen kreisten andere, ermutigende Gedanken durch seinen Kopf. Er hatte gegen einen Dämon gekämpft und überlebt. Er hatte mitten unter ihnen gestanden und überlebt. Vielleicht konnte man Horclinge wirklich nicht töten, doch sie ließen sich überlisten. Und wenn es darum ging, wer schneller rennen konnte, so war ein Mensch nicht unbedingt im Nachteil.
    Außerdem konnte man ihnen Verletzungen zufügen, das hatte er gesehen, als der Felsendämon mit seinen Prankenschlägen andere Dämonen aus dem Weg fegte.
    Aber was spielte das für eine Rolle in einer Welt, in der Menschen wie Jeph es nicht wagten, den Horclingen die Stirn zu bieten? Nicht einmal, wenn es darum ging, ihre eigene Familie zu schützen! Welche Hoffnung gab es, wenn keiner sich ein Herz fasste und sich entschloss, zu kämpfen?
    Stundenlang starrte er in die ihn umgebende Dunkelheit, doch im Geist sah er nur das Gesicht seines Vaters, der sich hinter dem Schutzwall aus Siegeln verschanzt hatte und tatenlos zusah, wie seine Frau und sein Sohn von Dämonen bis aufs Blut gequält wurden.

    Noch ehe der Morgen graute, ließ der Regen nach. Arlen nutzte die Gelegenheit, um den Trog ein Stück anzuheben, doch sofort bereute er es, weil sich die Wärme, die sich unter dem Holz angestaut hatte, im Nu verflüchtigte. Hastig ließ er den Trog wieder herunter, doch immer wieder riskierte er einen kurzen Blick nach draußen, bis der Himmel aufklarte.

    Als es hell genug war, um etwas sehen zu können, hatten sich die meisten Horclinge in ihr unterirdisches Reich zurückgezogen. Nur ein paar Nachzügler trödelten noch herum, während das Indigoblau des Himmels in einen sanften Lavendelton überging. Entschlossen hob Arlen den Trog hoch und rappelte sich auf die Füße; vergebens versuchte er, sich von dem fauligen Schmutz zu befreien, der an ihm klebte.
    Sein Arm war steif, und als er ihn bewegte, durchzuckte ihn ein stechender Schmerz. Als er nach unten blickte, sah er, dass die Haut an den Stellen, an denen ihn der feurige Speichel des Flammendämons getroffen hatte, grellrot verfärbt war. Diese Nacht im Matsch hat also doch etwas Gutes bewirkt, sagte er sich. Denn er wusste, dass kalte Schlammpackungen Verbrennungen lindern konnten.
    Als sich auch die letzten Flammendämonen im Hof zurückzogen, verließ Arlen den Pferch und steuerte auf die Scheune zu.
    »Arlen, nein!«, tönte ein Ruf von der Veranda. Arlen drehte sich um und entdeckte Jeph, der in eine Decke gewickelt auf der sicheren Veranda ausgeharrt hatte und Wache hielt. »Die Sonne ist noch nicht aufgegangen! Warte!«
    Arlen schenkte ihm keine Beachtung, sondern marschierte zur Scheune und sperrte die Türflügel auf. Missy, die immer noch in den Deichseln des Karrens stand, sah unglücklich aus, aber bis zum Weiler Stadtplatz würde sie durchhalten müssen.
    Eine Hand

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