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Das Lied der Dunkelheit

Das Lied der Dunkelheit

Titel: Das Lied der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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Schöpfers auf die gesamte Menschheit herabbeschworen hatten. Und solange es Unzucht und Laster gäbe, würde auch diese Geißel existieren.
    »Die Dämonen da draußen sind nichts weiter als ein Spiegelbild der Dämonen, die im Inneren eines Menschen hausen«, warnte er.
    Klarissa war allgemein beliebt gewesen, doch danach hatte die ganze Stadt sich von ihr abgewandt. Die Frauen schnitten sie und tuschelten hinter ihrem Rücken, wenn sie an ihnen vorbeiging. Im Beisein ihrer Gemahlinnen vermieden die Männer es, ihr in die Augen zu sehen, aber wenn sie Klarissa draußen allein erwischten, gaben sie zotige Kommentare von sich.
    Kurz nachdem ihr Sohn nicht mehr gestillt werden musste, hatte sich Klarissa einem Kurier angeschlossen, der nach Fort Rizon unterwegs war, und sie kehrte nie mehr zurück. Leesha vermisste sie.
    »Was Bruna wohl von mir wollte, als sie Jona mit einer Nachricht schickte?«, fragte sich Leesha übergangslos.
    »Ich hasse diesen mickerigen Wicht«, brummte Gared. »Jedes Mal, wenn er dich ansieht, kriegt er Stielaugen. Als stellte er sich in Gedanken vor, er würde dich zu seiner Frau machen.«
    »Wieso stört es dich, was er denkt?«, hielt Leesha ihm entgegen. »Im Übrigen kannst du nicht wissen, was in seinem Kopf vor sich geht.«
    »Ich teile dich mit niemandem«, versetzte Gared. »Nicht mal im Traum darf sich jemand an dich heranmachen.« Unter dem Tisch fasste er mit seiner riesigen Pranke nach ihren Händen. Leesha seufzte und lehnte sich an ihn. Bruna konnte warten.
    Just in diesem Moment stand Smitt auf, ein wenig wackelig von dem ausgiebigen Biergenuss, und knallte seinen Krug auf den Tisch. »Alle mal herhören, bitte!«, rief er. Seine Frau, Stefny, half ihm sich auf die Bank zu stellen, und stützte ihn, als er taumelte. Die Leute schwiegen, und Smitt räusperte sich. Es behagte ihm zwar nicht sonderlich, Befehle zu erteilen, aber er liebte es, Reden zu schwingen.
    »Es sind die schwersten Zeiten, die das Beste in uns zum Vorschein bringen«, begann er. »Aber genau diese Krisen sind es, die dem Schöpfer zeigen, wie sehr wir uns bemühen, das Richtige zu tun. Sie zeigen ihm, dass wir uns gebessert haben und es verdienen, von der Geißel befreit zu werden. Wir sind es wert, dass er uns den Erlöser schickt und den Fluch von uns nimmt. Sie zeigen ihm, dass das Böse der Nacht uns nicht daran hindert, als Familie zusammenzustehen.
    Denn genau das ist das Tal der Holzfäller«, fuhr Smitt fort. »Eine einzige große Familie. Gewiss, auch unter uns gibt es Streit und Missgunst, und wir haben unsere Lieblinge, die wir bevorzugen. Doch wenn die Horclinge auftauchen, bewähren sich die Familienbande wie die Fäden eines Webstuhls, der das Gemeinwesen zusammenhält. Dann steht einer für den anderen ein. So unterschiedlich die einzelnen Mitglieder dieser Familie auch sein mögen, kein Einziger wird den Horclingen überlassen.

    In der letzten Nacht haben vier Häuser den Schutz ihrer Siegel verloren«, erklärte Smitt den aufmerksam lauschenden Zuhörern. »Und diesen Umstand nutzten die Dämonen gnadenlos aus. Doch dank unseres heldenhaften Einsatzes draußen in der Nacht, durch nichts vor den Horclingen abgeschirmt außer durch Opferbereitschaft und Mut, kamen nur sieben von uns zu Tode.
    Niklas!«, brüllte Smitt und deutete auf einen Mann mit dunkelblonden Haaren, der ihm gegenübersaß, »lief in ein brennendes Haus und rettete seine Mutter! Jow!« Er zeigte auf einen anderen Burschen, der beim Klang seines Namens zusammenzuckte. »Es ist noch keine zwei Tage her, da standen er und Dav vor mir und stritten sich, bis die Fäuste flogen. Aber letzte Nacht griff Jow einen Baumdämon, einen Baumdämon , mit seiner Axt an, um ihn aufzuhalten, damit Dav und seine Familie, deren Siegel zerstört waren, sich in sein Haus flüchten konnten!«
    Smitt sprang auf den Tisch, beflügelt von seiner Leidenschaft, die seine Trunkenheit wieder wettmachte. Er stapfte den Tisch entlang, rief die Namen verschiedener Leute auf und erzählte, welche Bravourstücke sie in der Nacht vollbracht hatten. »Aber auch bei Tage gab es Helden«, setzte er seine Rede fort. »Gared und Steave!«, donnerte er, und wies mit ausgestrecktem Finger auf die beiden. »Sie ließen ihr eigenes Heim abbrennen, um beim Löschen der Häuser zu helfen, die vielleicht eher zu retten waren! Ihnen und vielen anderen wackeren Helfern haben wir es zu verdanken, dass nur acht Häuser niederbrannten. Wären sie nicht gewesen, hätte das

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