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Das Lied der Dunkelheit

Das Lied der Dunkelheit

Titel: Das Lied der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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er könnte sich zur Ruhe setzen, während Leesha die Werkstatt führte und Gared für die Herstellung der Pulpe, des Papierbreis, zuständig war und sich grundsätzlich um die
körperlich schwere Arbeit kümmerte. Aber Leesha hatte sich nie besonders für die Papierherstellung interessiert. In erster Linie ging sie dieser Beschäftigung nach, weil sie dann mit ihrem Vater zusammen sein konnte und wenigstens für eine Weile nicht den dauernden Beschimpfungen ihrer Mutter ausgesetzt war.
    Elona liebte zwar das Geld, das man durch die Papierproduktion verdiente, aber sie hasste die Werkstatt; ständig beklagte sie sich über den Gestank der Lauge in den Pulpebütten und den Lärm, den die diversen Maschinen verursachten. In der Werkstatt waren Erny und Leesha vor Elona sicher, und sie sahen diesen Ort als ihren ganz persönlichen Hort der Ruhe. Hier konnten sie nach Herzenslust lachen, was im Wohnhaus so gut wie nie vorkam.
    Steaves dröhnendes Gelächter veranlasste Leesha, von ihrer Arbeit hochzublicken; sie war gerade dabei, Gemüse für den Eintopf klein zu schneiden. Steave saß in der Wohnstube im Sessel ihres Vaters und trank sein Bier. Elona hockte auf der Armstütze; eine Hand auf Steaves Schulter gelegt, beugte sie sich über ihn und kicherte geziert.
    Leesha wünschte sich, sie wäre ein Flammendämon, denn dann hätte sie die beiden mit Feuer bespeien können. Sie hatte sich immer unglücklich gefühlt, wenn sie mit Elona allein im Haus eingesperrt war, doch nun kreisten ihre Gedanken unablässig um Brunas Geschichten. Ihre Mutter liebte ihren Vater nicht, hatte vermutlich nie etwas für ihn übrig gehabt. Ihre Tochter hielt sie für einen grausamen Scherz des Schöpfers. Und als Erny sie über die Schwelle seines Hauses getragen hatte, war sie keine Jungfrau mehr gewesen.
    Aus irgendeinem Grund schmerzte sie diese Erkenntnis am meisten. Bruna sagte, es sei keine Sünde, wenn eine Frau sich mit einem Mann vergnügte, doch für die Heuchelei ihrer Mutter
hatte sie nur Verachtung übrig. Elona hatte mit dazu beigetragen, Klarissa aus der Stadt zu vertreiben, um ihre eigenen Missetaten zu vertuschen.
    »Ich werde nie so sein wie du«, schwor sich Leesha. Sie würde ihre Hochzeit so begehen, wie der Schöpfer es bestimmt hatte, und erst in ihrem Ehebett ihre Unschuld verlieren.
    Elona kreischte vor Lachen über etwas, das Steave von sich gegeben hatte, und um die beiden zu übertönen, stimmte Leesha ein Lied an. Sie hatte eine klangvolle, reine Stimme; der Fürsorger Michel forderte sie immer wieder dazu auf, bei Andachten zu singen.
    »Leesha!«, schrie ihre Mutter im nächsten Moment. »Hör auf mit dem Gejaule! Bei dem Gewinsel kann man gar nicht mehr klar denken!«
    »Es hat sich nicht so angehört, als ob ihr großartig nachdenken würdet«, murmelte Leesha.
    »Was sagst du da?«, brüllte Elona.
    »Nichts!«, rief Leesha in möglichst unschuldigem Ton.
    Gleich nach Sonnenuntergang aßen sie zu Abend; voller Stolz sah Leesha zu, wie Gared mit dem Brot, das sie selbst gebacken hatte, die Reste ihres Eintopfs aus der Schale wischte. Dreimal hatte er um einen Nachschlag gebeten.
    »Eine gute Köchin ist sie nicht, Gared«, meinte Elona geringschätzig, »aber man kriegt das Zeug runter, wenn man sich die Nase zuhält.«
    Steave, der gerade Bier trank, prustete es aus den Nasenlöchern wieder heraus. Gared lachte über seinen Vater, und Elona riss die Serviette von Ernys Schoß, um damit Steaves Gesicht abzutrocknen. Um Unterstützung heischend sah Leesha ihren Vater an, doch der fixierte gesenkten Blickes seine Schüssel. Seit er aus der Werkstatt gekommen war, hatte er noch kein einziges Wort gesprochen.

    Leesha hielt es nicht länger aus. Sie räumte den Tisch ab und zog sich in ihre Kammer zurück, doch auch dort fand sie nicht die erhoffte Zuflucht. Sie hatte vergessen, dass ihre Mutter diesen Raum Steave zugewiesen hatte, und dort durfte er für die Dauer seines und Gareds unbegrenzten Aufenthalts in Ernys Haus uneingeschränkt schalten und walten. Der hünenhafte Holzfäller war mit seinen schmutzigen Stiefeln über den sauberen Boden getrampelt und hatte überall Dreckspuren hinterlassen; der Gipfel der Unverschämtheit bestand darin, dass er sein mit Schlamm verklumptes Schuhwerk auf ihrem Lieblingsbuch abgestellt hatte, das neben ihrem Bett lag.
    Sie stieß einen Schrei aus und rannte zu ihrem Schatz, doch der Deckel war hoffnungslos verschmiert und ließ sich nicht mehr retten. Ihre Bettdecken aus

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