Das Lied der Dunkelheit
ertönten scharfe, knackende Geräusche, untermalt von flackernden Lichtblitzen, die durch die Ritzen in den Fensterläden drangen, wenn die Siegel ihr magisches Abwehrfeuer versprühten. Rojer hasste diese grässlichen Laute und das darauf folgende Jaulen und Kreischen. Auf dem Fußboden hockend bearbeitete er sein Musikinstrument immer emsiger, um den Lärm zu übertönen.
»Heute Abend sind die Horclinge sehr hungrig«, kommentierte sein Vater.
»Sie machen Rojer Angst«, erklärte Kally, stand auf und ging zu ihm.
»Es gibt keinen Grund, sich zu fürchten«, meinte Arrick und wischte sich den Mund ab. Aus seiner bunten Tasche kramte er einen schmalen Geigenkasten. »Wir vertreiben die Dämonen ganz einfach.«
Er setzte den Bogen an und füllte den Raum mit Musik. Rojer lachte, klatschte in die Hände, und seine Angst verflog. Kally fing ebenfalls an zu klatschen, und sie fanden einen Rhythmus, um Arricks Melodie zu begleiten. Sogar Geral und Jessum schlossen sich an.
»Tanz mit mir, Rojer!« Lachend fasste Kally ihn bei den Händen und zog ihn auf die Füße.
Rojer versuchte, mit ihr Schritt zu halten, als sie zum Takt der Musik steppte, aber er stolperte; mit Schwung nahm sie ihn auf den Arm und küsste ihn, während sie durch den Raum wirbelte. Rojer lachte selig.
Plötzlich gab es einen lauten Krach. Arricks Bogen rutschte von den Saiten, als alle sich umdrehten und sahen, dass die schwere hölzerne Tür in ihrem Rahmen zitterte. Staub, der sich durch den Aufprall gelöst hatte, rieselte träge auf den Boden.
Geral reagierte zuerst; mit verblüffender Geschwindigkeit sprang der massige Mann zu Speer und Schild, die er neben der Tür deponiert hatte. Ein paar lange Augenblicke starrten die anderen ihn verständnislos an. Es folgte ein zweiter Knall, und dicke schwarze Krallen durchstießen das Türblatt. Kally schrie vor Entsetzen auf.
Jessum sprang zum Kamin und schnappte sich einen wuchtigen eisernen Schürhaken. »Bring Rojer zum Fluchtloch in der Küche!«, schrie er, wobei seine Worte in dem Gebrüll hinter der Tür beinahe untergingen.
Mittlerweile war Geral mit seinem Speer in Angriffsstellung gegangen, seinen Schild warf er Arrick zu. »Schaff Kally und den Jungen von hier weg!«, donnerte er, als die Tür splitterte und ein sieben Fuß großer Felsendämon durch die Bresche platzte. Geral und Jessum stellten sich der Bestie in den Weg. Das Monstrum warf den hässlichen Kopf zurück und kreischte, während zierliche, leichtfüßige Flammendämonen an ihm vorbei und zwischen seinen dicken Beinen hindurch in den Raum huschten.
Arrick fing den Schild auf, doch als Kally sich mit Rojer auf dem Arm in seinen Schutz flüchten wollte, stieß er sie zur Seite, griff nach seiner bunten Tasche und sprintete in die Küche.
»Kally!«, brüllte Jessum, als sie zu Boden stürzte und sich dabei so drehte, dass Rojer auf ihren Körper fallen musste.
»Im Horc sollst du verrecken, Arrick!«, verfluchte Geral den Jongleur. »Mögen all deine Träume zu Staub zerfallen!« Der Felsendämon verpasste ihm einen Schlag mit dem Handrücken, der ihn quer durch das Zimmer fliegen ließ.
Als Kally versuchte, sich aufzurappeln, sprang sie ein Flammendämon an, doch Jessum wehrte ihn durch einen kräftigen Hieb mit dem Schürhaken ab und fegte ihn zur Seite. Als sie auf dem Boden aufschlug, hustete die Kreatur Feuer und setzte die Holzdielen in Brand.
»Lauf weg!«, brüllte Jessum Kally zu, als sie endlich auf die Beine kam. Über die Schulter seiner Mutter hinweg sah Rojer, wie der Dämon seinen Vater mit Feuer bespuckte, als sie aus dem Zimmer flüchteten. Jessum kreischte in höchsten Tönen, als seine Kleidung in Flammen aufging.
Stöhnend presste Kally Rojer an ihre Brust und rannte durch den Flur. Hinter ihr in der Wohnstube heulte Geral vor Schmerzen.
Just in dem Moment, in dem sie die Küche erreichten, riss Arrick die Falltür auf und sprang durch das Loch nach unten. Er reckte die Hand hoch und tastete hektisch nach dem schweren Eisenring, um die mit Siegeln bemalte Klappe wieder zuzuziehen.
»Meister Arrick!«, schrie Kally. »Warte auf uns!«
»Dämon!«, kreischte Rojer, als ein Flammendämon in den Raum hüpfte, doch seine Warnung kam zu spät. Der Horcling sprang sie an, und die Wucht des Schlages raubte Kally den Atem; doch sie ließ ihren Jungen selbst dann nicht los, als die Krallen der Bestie sich tief in ihr Fleisch gruben. Sie schrie, als der Dämon ihren Rücken hinaufwieselte, seine
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