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Das Lied der Dunkelheit

Das Lied der Dunkelheit

Titel: Das Lied der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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geborsten und sackte durch; aus den zerfallenen Steinen stachen rostige Metallstangen hervor.
    »Ist hier jemand?«, rief Arlen wieder. Er durchkämmte das Stockwerk, fand jedoch nur Fäulnis und Trümmer.
    Er verlor bereits jede Hoffnung auf Hilfe, als er durch ein Fenster am hinteren Ende des Raumes den Rauch sah. Eilig tappte er hin, doch dann stellte er fest, dass er von einem zersplitterten Baumast stammte, der unten im hinteren Hof lag. Das schwarz verkohlte Holz wies Kratzspuren auf, und die Flammen, die an mehreren Stellen immer noch hochzüngelten, verbreiteten stetig aufsteigende Rauchschwaden.
    Vor Enttäuschung war er wie niedergeschmettert; er verzog das Gesicht, aber er kämpfte gegen die Tränen an. Er wollte nicht weinen. Er spielte mit dem Gedanken, sich einfach hinzusetzen und auf die Ankunft der Dämonen zu warten, in der Hoffnung, dass sie ihm ein schnelleres Ende bereiteten als seine Krankheit. Aber ihm fiel ein, dass er geschworen hatte, den Horclingen nichts zu überlassen, und außerdem war Marea nicht eines raschen Todes gestorben, sondern hatte sich fürchterlich quälen müssen. Durch das Fenster blickte er in den mit Steinen gepflasterten Hof hinunter.
    Ein Sturz von hier oben muss tödlich sein, sinnierte er. Ein Schwindel packte ihn wie eine jähe Woge, und er stellte sich vor, wie es sein würde, wenn er sich kurzerhand fallen ließe. Es schien ganz einfach zu sein und das Beste, was er in seiner Situation tun konnte.

    Willst du genauso ein Feigling sein wie Cholie?, hörte er eine Stimme in seinem Kopf.
    In Gedanken sah er die Schlinge, an der Cholie baumelte, und mit einem Ruck kehrte er in die Realität zurück. Er gewann seine Fassung wieder und rückte vom Fenster ab. Nein, dachte er. Cholie hat genauso gekniffen wie mein Dad. Wenn ich sterbe, dann muss mir schon gewaltsam das Leben genommen werden. Ich bringe mich nicht um, weil ich vor einem Problem kapituliere.
    Von dem hoch liegenden Fenster aus hatte er einen weiten Ausblick über die Mauer und ein gutes Stück die Straße entlang. In der Ferne bewegte sich etwas, das in seine Richtung steuerte.
    Ragen!
    Arlen schöpfte aus Kraftreserven, von denen er gar nicht gewusst hatte, dass er sie besaß. Beinahe so flink wie früher sprang er die Treppen hinunter und rannte durch den Hof.
    Aber als er die Straße erreichte, ging ihm die Puste aus; keuchend fiel er in den Dreck und hielt sich mit beiden Händen die Rippen, weil er Seitenstechen hatte. Es fühlte sich an, als steckten tausend Splitter in seiner Brust.
    Er blickte hoch und sah die Gestalten, die immer noch ziemlich weit entfernt die Straße entlangzogen, mittlerweile jedoch nahe genug herangekommen waren, um auch ihn zu bemerken. Das Letzte, was er hörte, war ein lauter Ruf, und dann wurde ihm schwarz vor Augen.

    Als Arlen bei Tageslicht erwachte, lag er auf dem Bauch. Beim Einatmen spürte er die stramm sitzenden Bandagen, in die man
ihn eingewickelt hatte. Sein Rücken tat zwar immer noch weh, aber die fürchterlichen brennenden Schmerzen waren abgeflaut, und zum ersten Mal seit Tagen fühlte sein Gesicht sich kühl an. Er schob die Hände unter seine Brust und wollte sich hochstemmen, doch sofort durchzuckte ihn ein stechender Schmerz.
    »Du solltest es mit dem Aufstehen nicht so eilig haben«, meinte Ragen. »Sei froh, dass du überhaupt noch lebst. Du hast unverschämtes Glück gehabt.«
    »Was ist passiert?«, fragte Arlen und blickte zu dem Mann hoch, der in seiner Nähe saß.
    »Wir fanden dich ohnmächtig auf der Straße«, antwortete der Mann. »Die Verletzungen an deinem Rücken waren schon von Dämonenfäule befallen. Ich musste dich aufschneiden und das Gift herausholen, ehe ich die Wunden wieder zunähen konnte.«
    »Wo ist Keerin?«, erkundigte sich Arlen.
    Ragen lachte. »Drinnen. Während der letzten Tage ist er auf Distanz gegangen. Er konnte den Eiter nicht sehen, und als wir dich fanden, musste er kotzen.«
    »Sind denn Tage vergangen, seit ihr mich aufgegriffen habt?«, wunderte sich Arlen. Mit einem Blick in die Runde stellte er fest, dass sie sich in dem alten Innenhof befanden. Ragen hatte dort das Lager aufgeschlagen, und seine tragbaren Bannzirkel schützten das Bettzeug und die Tiere.
    »Wir fanden dich um die Mittagsstunde des Dritttags«, erzählte Ragen. »Und heute ist der Fünfttag. Die ganze Zeit über hattest du Fieberfantasien und hast um dich geschlagen, als du die Krankheit ausgeschwitzt hast.«
    »Ihr habt mein Dämonenfieber

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