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Das Lied der Hoffnung: Roman (German Edition)

Das Lied der Hoffnung: Roman (German Edition)

Titel: Das Lied der Hoffnung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Holeman
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noch etwas sagen, aber es gibt nichts mehr zu sagen.
    Also verlässt sie das Zimmer und knallt die Tür hinter sich zu.
    Sie wartet auf der Veranda. Drei Stunden später kehren Grischa und Konstantin zurück. Beide Männer reiten auf Konstantins großem Araber, Grischa sitzt hinter Konstantin im Sattel, den Arm um dessen Mitte geschlungen. Konstantins Kopf ist nach vorn geneigt, sein Kinn ruht auf der Brust, als schliefe er. Als Grischa das Pferd zum Stehen bringt und seinen Arm wegzieht, fällt Konstantin langsam und plump in den schmutzigen Schnee im Hof. Auch Grischa bereitet das Absitzen Mühe. Er ist verletzt, eine Wange ist geschwollen, das linke Auge verquollen und dunkel verfärbt. Seine Lippe ist aufgesprungen, getrocknetes Blut bedeckt sein Kinn. Seinen Mantel hat er verloren, sein Kittel ist zerrissen.
    Sie haben Michail nicht dabei.
    Antonina kniet sich neben Konstantin hin. » Wo ist er? Wo ist mein Sohn? Was ist geschehen? « Aber Konstantin ist bewusstlos. Als ihre dünne, hohe, panische Stimme erklingt, eilen von allen Seiten Dienstboten herbei – aus dem Haus, den Stallungen, der Scheune, dem Gewächshaus und Kornspeicher, Hühnerstall und der Schmiede. Ein paar Männer tragen den Grafen ins Haus.
    Antonina sieht Grischa an. » Sag mir, was geschehen ist. «
    Grischa sitzt in der Küche, ein volles Glas und eine Flasche Wodka vor sich. Antonina steht auf der anderen Seite des Tischs, die Hände ineinander verkrampft, um das Zittern zu unterdrücken. Das Atmen fällt ihr schwer; sie fühlt sich benommen und schenkt sich ein Glas von der starken klaren Flüssigkeit ein. Sie umklammert es mit beiden Händen, während sie darauf wartet, dass Grischa ihr berichtet, was vorgefallen ist.
    » Ich habe den Grafen gebeten – ihn angefleht –, nicht mit mir zu kommen « , sagt Grischa schließlich und nimmt vorsichtig einen kleinen Schluck; als der Alkohol seine aufgeschlitzte Lippe benetzt, verzieht er das Gesicht. » Nachdem ich ihn endlich davon überzeugt hatte, mir das Bündel Rubel zu geben – die Lösegeldsumme –, bin ich in gestrecktem Galopp davongeritten. Ich habe gehofft, einige Zeit vor ihm an der vereinbarten Stelle anzukommen, um den Entführern die geforderte Summe zu überreichen und den jungen Herrn in Empfang zu nehmen. Ich dachte nicht, dass der Graf in der Lage wäre, mich einzuholen; Sie haben ja selbst gesehen, dass er sich kaum im Sattel halten konnte. «
    Antonina nickt die ganze Zeit, ihr Kopf bewegt sich mechanisch auf und ab, als hätte sie keine Kontrolle über ihn.
    » Dann bin ich zu der Stelle gekommen, wo die Kosaken mich hinbestellt hatten, und … «
    » Michail. Hast du Michail gesehen? « , unterbricht Antonina ihn.
    Grischa schüttelt den Kopf. » Nein. Tut mir leid, Gräfin. Ihr Sohn war nirgends zu sehen. Aber es waren drei Kosaken dort. Sie hatten ihre Gesichter hinter Schals verborgen. Während ich heranritt, habe ich gerufen: ›Wo ist das Kind?‹ «
    » ›Hast du das Geld?‹, hat einer zurückgerufen. ›Bist du allein?‹
    ›Ja, ja‹, habe ich gesagt, ›aber erst will ich den Jungen sehen, sonst gibt es kein Geld. Zeigt mir Michail Konstantinowitsch Mitlowski, dann zeige ich euch das Geld.‹ Einer der Männer wendete sein Pferd und ritt in den dichten Wald zurück. Aus derselben Richtung war das Schnauben eines Pferdes zu hören, Gräfin. Ich glaube … «
    » Ja? Was glaubst du, Grischa? «
    » Ich glaube, dass Michail hinter den Bäumen verborgen war. «
    Antonina zieht scharf die Luft ein. » Aber du hast ihn nicht gesehen. « Es ist keine Frage, sondern eine Feststellung, kennt sie doch die Antwort bereits.
    » Im selben Moment ist der Graf auf die Lichtung geritten. Er konnte sich kaum im Sattel halten. Er war durcheinander, Gräfin, hat irgendetwas gerufen, was keinen Sinn machte. Er war im Delirium. «
    » Und? « Antonina hat die Stimme zu einem kaum hörbaren Flüstern gesenkt.
    » Als sie den Grafen erblickten, haben sie sich auf mich gestürzt. Alle drei haben mich von meinem Pferd gezerrt und mit den Fäusten auf mich eingeschlagen. Ich habe mich mit Händen und Füßen gewehrt, konnte aber nicht verhindern, dass sie mir den Mantel vom Leib rissen und das Geld aus der Tasche nahmen. « Er sieht Antonina nicht an, sondern mustert seine Hand, mit der er das Glas umklammert. Antonina bemerkt die aufgeschürfte Haut über seinen lila verfärbten Knöcheln.
    » Ich habe mich gewehrt « , sagt er erneut. » Ich habe gesagt, nun, da sie das Geld

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