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Das Lied der Luege

Das Lied der Luege

Titel: Das Lied der Luege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Martin
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in dieser Einsamkeit Menschen lebten. Max lenkte den Einspänner auf den Hof und grinste.
    »Herzlich willkommen auf der Park Farm. Meine Mutter wird Ihnen gleich Ihr Cottage zeigen.«
    Max’ Mutter musste auf die Ankömmlinge gewartet haben, denn prompt öffnete sich die Tür des größten Hauses, und eine ältere, untersetzte Frau mit einer Lampe in der Hand eilte Susan entgegen.
    »Mrs. Hexton, hatten Sie eine gute Reise?«
    Susan bejahte und blickte sich um.
    »Schön haben Sie es hier. Wirklich sehr schön, so ruhig und idyllisch, soweit man dies in der Dunkelheit erkennen kann, Mrs. …?«
    »Nankerris, aber bitte nennen Sie mich Caja. Ich darf Sie doch Susan nennen, nicht wahr?«
    Das Licht der Lampe fiel auf das Gesicht der Frau, und Susan erkannte, dass sie einmal sehr schön gewesen sein musste, auch wenn sich jetzt tiefe Falten in ihre Stirn und um die Augen gegraben hatten und ihr dunkles Haar mit grauen Strähnen durchzogen war.
    »Gerne, Mrs. … äh … Caja, ein schöner Name, nie zuvor habe ich einen solchen gehört.«
    Die Frau lächelte. »Caja ist ein sehr alter cornischer Name, er stammt noch aus der keltischen Sprache. Das englische Gegenstück ist Daisy, aber so nennt mich niemand.« Sie fasste Susan am Unterarm. »Lady Callington hat mich gebeten, mich um Sie zu kümmern. Sie armes Ding, so jung und schon Witwe, das muss ja furchtbar für Sie sein. Woran ist Ihr Mann denn gestorben?«
    Cajas Blick fixierte Susan erwartungsvoll. So nett die Bäuerin auch war, Susan spürte instinktiv, dass sie vorsichtig sein musste, denn die Frau war von Natur aus neugierig. Sie hatte keine Ahnung, was ihr Lavinia gesagt hatte oder in welcher Beziehung die Adlige zu der Bauersfrau stand, daher antwortete sie ausweichend: »Verzeihen Sie, aber es ist noch sehr frisch. Ich kann noch nicht darüber sprechen.«
    Caja nickte verstehend. »Möchte Sie nicht drängen, Kind. Bei allem Unglück ist es jedoch schön, dass Sie nicht allein zurückbleiben. Sie werden sehen, wenn Ihr Kleines erst da ist, wird die Trauer sich legen.«
    Max stand daneben und nickte verständnisvoll. Die Familie Nankerris wusste also über ihre Schwangerschaft Bescheid. Susan presste die Lippen zusammen. Sie musste so bald wie möglich mit Lavinia sprechen, wusste jedoch nicht, wo diese zu finden war. Daher blieb ihr nichts anderes übrig, als zu fragen: »Ist das Haus des Viscount Tredary hier in der Nähe?«
    »Aber sicher doch.« Caja nickte eifrig. »Sumerhays liegt nur zwei Meilen westlich von hier, direkt oberhalb des Fischerdorfes Polperro. Unsere Farm gehört zu Sumerhays, ebenso das ganze Land hier bis nach Looe rüber. Wir beliefern den Herrensitz mit frischer Milch und Eiern.«
    »Sumerhays?« Susan runzelte die Stirn. Sie hatte den Namen nie zuvor gehört.
    »Ja, Sumerhays heißt das Landhaus von Lord und Lady Callington.« Caja schmunzelte. »Die vielen Namen müssen Sie verwirren. Also, der Besitz hieß bis vor rund hundert Jahren Tredary Manor. Dann jedoch heiratete eine junge Frau in die Familie ein, die den Begriff
Manor
für das Haus zu streng und altmodisch fand. So wurde es in Sumerhays umbenannt, was meiner Ansicht nach auch viel besser zu dem Haus passt. Vielleicht werden Sie es ja irgendwann selbst sehen. Bevor ich Ihnen Ihr Cottage zeige, essen Sie mit uns. Sie werden bestimmt furchtbar hungrig von der Reise sein. Es gibt zwar nur ein einfaches Mahl, aber meiner Familie schmeckt es.«
    Susan wäre zwar lieber gleich ins Cottage gegangen, denn sie war viel zu müde, um hungrig zu sein, wollte jedoch nicht unhöflich sein und folgte der Bauersfrau in das zweistöckige Haus, um dessen Hof sich Stallungen gruppierten. Ein schwarz-weißer, etwas zotteliger Hund schnüffelte an Susans Rocksaum und wedelte mit dem Schwanz.
    »Sitz, Moss«, befahl Caja, und der Hund setzte sich sofort auf seine Hinterpfoten, ließ Susan jedoch nicht aus den Augen.
    Durch eine niedrige Tür trat Susan in den Wohnraum. Ein Feuer brannte im Kamin, und es war mollig warm. Aus der benachbarten Küche zog ein köstlicher Geruch ins Zimmer, und nun knurrte Susans Magen doch vernehmlich. Caja bat sie, sich zu setzen, und bot Susan ein Glas Wasser an.
    »Das Essen ist gleich fertig, dann werden Sie auch den Rest der Familie kennenlernen. Mein Mann Denzil ist noch im Stall, und unsere Tochter Mae erwarten wir erst später. Sie müssen wissen, Susan, Mae arbeitet als Küchenmädchen auf Sumerhays. Wir sind sehr froh, dass sie diese Stellung bekommen

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