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Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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kamen höchstens einmal im Monat, und dann hatte sie binnen eines Tages alle gelesen.
    Im großen Salon stand allerdings ein Klavier, das Zoé nicht nutzte. Auf dem musikalischen Sektor hatte man ihre Erziehung zur perfekten Lady wohl vernachlässigt. Elaine begann also wieder zu spielen – sie war etwas eingerostet, da sie ihr eigenes Instrument seit der Geschichte mit Kura nicht angerührt hatte. Hier jedoch füllten die Übungen endlose leere Stunden, und sie wagte sich bald auch an schwierigere Stücke heran.
    Jetzt aber war der Weg in die Ställe frei, und gefolgt von der vergnügten Callie erkundete Elaine die Außenanlagen. Wie erwartet waren sie weitläufig. Direkt am Haus lagen nur Pferdestall und Remise, ähnlich wie auf Kiward Station. Elaine warf einen Blick in den sauberen Boxenstall. Fast nur Rappen – ab und zu ein Brauner dazwischen – schauten und wieherten ihr entgegen. Alle hatten die kleinen, edlen Köpfe von Johns und Thomas’ Reitpferden, und die stürmische Begrüßung einer jeden Ablenkung sprach für ihren hohen Vollblutanteil. Elaine kraulte einen kleinen schwarzen Hengst, der ungeduldig mit den Vorderhufen gegen die Boxtür schlug.
    »Ich weiß, wie du dich fühlst«, seufzte sie. »Doch heute geht’s mir noch nicht so gut. Aber morgen mache ich einen Ausritt. Hast du Lust?«
    Der Kleine schnaubte und schnüffelte an ihrer Hand und dem Reitkleid, das sie für den Ausflug in den Stall erstmalig auf Lionel Station aus dem Schrank genommen hatte. Ob er Banshees Duft noch wahrnahm?
    Elaine trat wieder hinaus in den Sonnenschein. Sie folgte einem Wirtschaftsweg zu weiteren Stallgebäuden und stieß auf Pita und einen anderen Maori-Jungen, die eben versuchten, ein paar ausgebrochene Widder in einen frisch reparierten Pferch zu treiben. Die Schafe waren übermütige Jungtiere, die sicher gern den Muttertieren und Zuchtwiddern ins Hochland gefolgt wären. Von Pitas Versuchen, sie zu bändigen, ließen sie sich nicht beeindrucken. Ein Frechdachs griff den Maori-Jungen sogar an.
    Elaine lachte zuerst über den kleinen Widder, vor dem sein Treiber erschrocken floh. Aber dann klopfte ihr Herz heftig. Sollte sie sich einmischen? Callie saß hechelnd und in angespannter Haltung neben ihr. Sie brannte darauf, diese Schafe zu treiben. Allerdings war ihre Ausbildung mangelhaft; Elaine hatte schließlich immer nur improvisiert. Was war, wenn es nicht klappte? Sie würde sich heillos blamieren.
    Andererseits ... was hatte sie zu verlieren? Schlimmstenfalls würden die beiden Maoris sich über sie lustig machen. Das konnte sie verschmerzen. Doch mit ein bisschen Glück machte sie Eindruck, und wenn die Jungs dann davon erzählten, würde Thomas vielleicht einsehen, dass sie draußen weit nützlicher war als eingesperrt im Haus.
    Elaine pfiff durchdringend, und Callie schoss aus ihrer Wartehaltung wie eine Kanonenkugel. Die kleine, dreifarbige Hündin warf sich zwischen den Maori und den frechen Widder, bellte einmal kurz, stellte das Schaf frontal und machte ihm klar, dass es hier nichts zu melden hatte. Der Widder drehte denn auch sofort um. Callie heftete sich an seine Fersen und wandte sich dann auch den anderen zu. Sekunden später hatte sie alle sechs zu einer Herde formiert und schenkte Elaine einen strahlenden Collie-Blick. Elaine näherte sich gelassenen Schrittes dem Tor zum Paddock – sie durfte jetzt nicht rennen, das würde die Schafe wieder durcheinanderbringen. Demonstrativ öffnete sie das Tor ein Stück weiter und pfiff Callie erneut. Gleich darauf trotteten die Schafe so manierlich in den Pferch, als hätten sie das Marschieren im Gleichschritt geübt.
    Elaine lachte und lobte Callie überschwänglich. Die kleine Hündin konnte sich vor Stolz kaum lassen. Sie sprang an ihrer Herrin hoch und dann gleich an ihrem neuen Freund Pita. Tatsächlich hatte sie bei Nacht Asyl in dessen Unterkunft im Stall gefunden und schien sich wohl dabei zu fühlen.
    »Das gut, Miss Lainie! Wie Wunder!« Pita war begeistert.
    »Ja, Madame! Das war großartig. Ich hatte von solchen Hütehunden gehört, aber die Tiere von Mr. John arbeiten nicht halb so perfekt«, sagte der andere Maori.
    Elaine blieb vor Staunen der Mund offen stehen. Der Junge drückte sich ebenso gewählt aus wie Pai. Und täuschte sie sich, oder sah er ihr sogar ähnlich? Zweifellos war auch er ein Halbblut, doch irgendetwas an seinen kantigen Gesichtszügen kam Elaine bekannt vor. So etwas war ihr sonst nie bei Männern und Frauen mit

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