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Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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schlummerte, während Gloria Hunger hatte und folglich nicht zu beruhigen war.
    Jack blieb dann nichts anderes übrig, als seine Mutter zu wecken. Pflichtschuldigst versuchte er es zwar immer zuerst bei Kura, aber da rührte sich nichts. In ihrem Schlafzimmer hörte sie sein Klopfen schließlich ebenso wenig wie Glorias Weinen, und einfach in ihre Privaträume einzudringen wagte der Junge nun doch nicht.
     
    »Was macht eigentlich dieser William?«, murrte James, als Gwyneira die dritte Nacht hintereinander aufstand. »Kann man dem nicht mal erklären, dass es nicht reicht, ein Kind nur zu zeugen?«
    Gwyneira warf sich einen Morgenrock über. »Der hört es ja gar nicht. Und Kura auch nicht; weiß der Himmel, was die sich denken. Jedenfalls kann ich mir William nicht mit einer Milchflasche in der Hand vorstellen. Du etwa?«
    James hätte beinahe erwidert, dass William dazu erst mal die Whiskyflasche loslassen müsse, aber er wollte Gwyneira nicht beunruhigen. Sie war mit dem Kind und der Farm so beschäftigt, dass es ihr nicht auffiel, doch er bemerkte in der letzten Zeit einen deutlichen Schwund bei den Alkoholvorräten. Williams und Kuras Ehe schien nicht mehr so glücklich zu sein wie am Anfang oder in den ersten Monaten der Schwangerschaft. Die beiden gingen nicht wie damals früh zu Bett und tauschten verliebte Blicke, sondern schienen eher aneinander vorbeizuleben. William jedenfalls blieb oft noch lange im Salon, nachdem Kura sich schon zurückgezogen hatte. Mitunter unterhielt er sich dort mit Miss Witherspoon – James hätte gern gewusst, was die beiden sich zu sagen hatten. Doch oft brütete er auch allein vor sich hin, stets ein gefülltes Glas neben sich.
     
    Tatsächlich hatte sich Williams Beziehung zu Kura nach Glorias Geburt nicht wieder gebessert, wie er gehofft hatte. Ganz Gentleman hatte er seiner Frau zwar vier Wochen Erholung nach der Geburt gegönnt, dann aber doch versucht, wieder in ihr Bett zu kommen. Eigentlich ging er davon aus, dort mehr als willkommen zu sein. Kura hatte ihm schließlich wochenlang vorgehalten, sie wegen ihres dicken Bauches nicht mehr zu begehren. Und tatsächlich ließ sie sich seine Küsse und Liebkosungen gern gefallen und reizte ihn, bis er kurz vor dem Höhepunkt stand. Doch als er in sie eindringen wollte, stieß sie ihn weg.
    »Du glaubst doch nicht, das passiert mir noch mal«, sagte sie kühl, als er sich wieder so weit in der Gewalt hatte, um sich zu beklagen. »Ich will keine weiteren Kinder. Das lassen wir jetzt. Alles andere können wir gerne tun, davon wir man ja nicht schwanger.«
    William hatte sie zunächst nicht ernst genommen und es weiter versucht, doch Kura blieb stur. Dabei brachte sie ihr bekanntes Geschick auf, ihn bis zur Schwelle der Ekstase zu reizen. Erst im letzten Moment zog sie sich zurück. Ihr selbst schien das nichts auszumachen; es schien sie eher zu befriedigen, dass William sie bis zum Wahnsinn begehrte.
    Eines Nachts jedoch verlor er die Beherrschung und nahm sie gegen ihren Willen, kämpfte ihren Widerstand nieder und lachte, als sie nach ihm schlug und kratzte. Doch ihre Abwehr ließ bald nach, und auch sie genoss es. Trotzdem war es unverzeihlich. William entschuldigte sich auch gleich in der Nacht und dann noch dreimal im Laufe des folgenden Tages; er war ehrlich zerknirscht. Kura nahm seine Entschuldigungen an, doch am Abend fand er ihr Zimmer verschlossen.
    »Tut mir leid«, sagte Kura, »aber es ist zu riskant. Es würde immer wieder mit uns beiden durchgehen, und ich will kein weiteres Kind.«
    Stattdessen fing sie wieder mit dem Singen und Klavierspielen an. Stundenlang, wie vor und zu Beginn ihrer Ehe.
    »Man soll sich wirklich gut überlegen, was man sich wünscht ...«, seufzte Gwyneira und wiegte die kleine Gloria. Offensichtlich war ihr Gebet, das Kind möge gänzlich unmusikalisch sein, erhört worden: Gloria schrie markerschütternd, sobald das Piano ertönte.
    »Ich nehme sie mit in den Stall!«, meinte Jack fröhlich, auch er mal wieder auf der Flucht vor Beethoven und Schubert. »Bei den Hunden ist sie ganz ruhig, sie lacht sogar, wenn Monday sie ableckt. Was meinst du, wann kann man ihr das Reiten beibringen?«
     
    William machte es rasend, Kura jeden Tag zu sehen, zu verfolgen, wie ihre Figur wieder die alten, betörenden Formen annahm und ihre Bewegungen wieder anmutig und tänzerisch wurden, statt schwerfällig wie in den letzten Wochen der Schwangerschaft. Alles an ihr reizte ihn, ihre Stimme, der Tanz

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