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Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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ihrer langen Finger auf der Klaviertastatur ... manchmal genügte ein Gedanke an sie, um ihn zu erregen. Während er einsam seinen Whisky trank, standen ihm ihre Liebesnächte wieder vor Augen. Er rekapitulierte jede Stellung, dachte sehnsüchtig an jeden Kuss. Manchmal meinte er zu platzen vor Begierde. Kura selbst ging es wahrscheinlich ähnlich; auch er bemerkte lüsterne Blicke. Doch sie beherrschte sich eisern.
    Kura wusste nicht, welche Wendung ihr Leben noch nehmen konnte, doch auf Kiward Station zu bleiben, ein Kind nach dem anderen zu bekommen und dabei jedes Mal reizlos und fett zu werden und zu watscheln wie eine Ente war ihr ein Gräuel. Die paar Monate der Lust dazwischen wogen die Nachteile nicht auf. Und Rongo Rongo hatte ihr da keine Illusionen gemacht: »Bis du zwanzig wirst, kannst du noch drei Kinder haben – und wer weiß, wie viele insgesamt.«
    Kura jagte allein der Gedanke an drei schreiende Gören Schauer über den Rücken. Sie fand Gloria zwar niedlich, konnte aber ebenso wenig mit ihr anfangen wie mit all den kleinen Hunden, Katzen und Lämmern, die Gwyneira und ihre Cousine Elaine so entzückten. Mehr davon wollte sie nicht.
    Trotzdem machte der Verzicht auf Williams Liebe sie immer gereizter. Irgendetwas brauchte sie, ob es Musik war und Applaus oder Befriedigung und Liebe. Doch die Musik war weniger gefährlich. Also übte sie wieder Klavier, sang und wartete. Irgendetwas musste geschehen.
     

10
    Roderick Barrister war nicht gerade ein Wunder des Belcanto. Zwar hatte er sein Gesangsstudium an einem einigermaßen renommierten Institut absolviert, und er kämpfte sich auch tapfer durch die wichtigsten Tenorpartien der Oper. Überdies sah er recht gut aus mit seinem kräftigen, glatten schwarzen Haar, das er lang trug, was einem Opernhelden mehr Ausdruck verlieh. Sein gut geschnittenes Gesicht wirkte gerade so viel weicher als die klassischen Züge, dass es verstärkt an weibliche Herzen rührte, und seine Augen blitzten schwarz und feurig. Schon diese äußere Erscheinung verschaffte ihm immer wieder Engagements in kleineren Ensembles oder bei Liederabenden. Doch für eine Karriere an großen Bühnen reichte es nicht, da machte Roderick sich längst nichts mehr vor.
    Allerdings liebte er sein Publikum und lechzte nach Starruhm – und er war nicht dumm. Deshalb ergriff er auch gleich die Gelegenheit, baldmöglichst ein großer Fisch in einem kleinen Teich zu werden, als ein neuseeländischer Geschäftsmann ein Ensemble für eine Tournee durch Neuseeland und Australien zusammenstellte. George Greenwood, ein reicher, nicht mehr ganz junger Mann, verfolgte damit offensichtlich eher altruistische Ziele als das Streben nach dem schnöden Mammon. Natürlich würde er ein bisschen Geld damit verdienen, aber vor allem ging es wohl darum, seiner Frau Elizabeth eine Freude zu machen. Das Ehepaar hatte vor Jahren einige Monate in England verbracht, und die damals noch junge Frau war dem Reiz der Oper verfallen. Auf Neuseelands Südinsel gab es bislang jedoch noch kein Opernhaus – die Freunde des Belcanto mussten sich mit Grammophonen und Schellackplatten begnügen. Dem wollte George jetzt abhelfen und nutzte einen erneuten Aufenthalt in London zur Aufstellung einer Compagnie von Sängern und Tänzern.
    Roderick gehörte zu den Ersten, die sich bewarben, und bald wurde ihm klar, dass er hier auch seine organisatorischen Talente gewinnbringend einsetzen konnte: George Greenwood hatte nicht die leiseste Ahnung von Musik und auch nur geringes Interesse. Ihm war es eher lästig, neben seiner sonstigen Arbeit noch Sänger und Tänzer zu begutachten, ganz abgesehen von der Entscheidung, wer von ihnen sein Metier denn nun besser beherrschte als die anderen. Insofern nahm er Rodericks Vorschlag, bei der Auswahl zu helfen, gern an, und Barrister sah sich plötzlich in der Rolle eines Impresario.
    Er füllte sie gewissenhaft aus, wobei er vor allem die schönsten und willigsten Ballerinen einstellte, während er bei Tänzern eher diejenigen bevorzugte, die sich zum eigenen Geschlecht hingezogen fühlten. Schließlich musste er die Konkurrenz ja nicht gleich mit nach Übersee nehmen! Bei den Sängerinnen – und natürlich vor allem bei der Auswahl weiterer Tenor-, Bass- und Baritonstimmen – achtete er vor allem darauf, niemanden einzustellen, neben dem er stimmlich und optisch abfiel. Seine künftige Partnerin, die erste Sopranistin, war folglich ein sowohl vom Äußeren als auch von der Stimme her eher

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