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Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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können sich doch nicht nächtelang über ihre englische Internatserziehung austauschen?«
    Gwyneira lachte. »Jack behauptet jedenfalls, zwischen Kura und William liefe nichts mehr. Wobei er sich übrigens exakt so ausdrückte. Könnte es sein, dass du einen schlechten Einfluss auf ihn ausübst? Helen wäre entsetzt! Jedenfalls meint er, sie jeden Abend streiten zu hören. Was er wiederum nicht mir erzählt hat, sondern seinem Freund Hone. Ich hab’s nur zufällig mitbekommen. Die beiden interessieren sich neuerdings ein bisschen für Mädchen. Wobei Hone deutlich frühreifer ist als Jack. Der Junge ist ›Kura-geschädigt‹. Womöglich endet er doch noch als Mönch!«
    James grinste. »Halte ich für unwahrscheinlich. Er ist zwar sicher ein guter Hirte, aber ich glaube, es würde ihn stören, dass er zweibeinige Schäfchen nicht scheren und beliebig herumtreiben kann. Außerdem setzt keine Konfession Border Collies als Tugendwächter ein, soviel ich weiß.«
    »Wäre aber gar nicht so schlecht«, kicherte Gwyn. »Weißt du noch, wie Cleo damals immer gebellt hat, wenn du mich angerührt hast?«
    James warf Monday, die in ihrem Körbchen neben ihrem Bett lag, einen forschenden Blick zu.
    »Die aktuelle Wächterin schläft. Also komm, lassen wir die Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen ...«
     
    Kura war natürlich Feuer und Flamme für einen neuerlichen Ausflug nach Christchurch, und Heather Witherspoon nicht minder. William interessierte sich wohl eher für die mit der Reise verbundene Kontaktpflege zu anderen Viehbaronen, fuhr aber willig mit. Gwyneira gab Miss Witherspoon allerdings ungern frei. Nach wie vor war sie mit ihrer Arbeit unzufrieden, sowohl was Jacks Ausbildung als auch die der Maori-Kinder anging. Nun bat Heather jedoch so selten um Urlaub, dass Gwyneira es ihr kaum verbieten konnte.
    »Vielleicht verliebt sie sich ja in einen Sänger und geht uns stiften!«, meinte James hoffnungsvoll.
    Damit war allerdings nicht zu rechnen. Heathers Gefühle waren längst vergeben. Denn auch wenn William bislang kein Interesse zeigte, sondern nach wie vor nur davon träumte, die »Festung Kura« wieder zu erobern, hatte es seinen Grund, dass sie fast jeden Abend bei ihm saß. Irgendwann musste er die Frau in ihr erkennen. Das hoffte sie jedenfalls. In den Büchern und Journalen, die sie las, klappte das schließlich auch zuverlässig. Die Frau musste nur lange genug sanft, geduldig und vor allem immer verfügbar sein.
     
    Kura, William und Heather reisten also nach Christchurch, und natürlich fiel der erste Blick Roderick Barristers in sein Publikum auf Kura-maro-tini.
    »Herrschaftszeiten, hast du das Mädchen da unten gesehen?« Rodericks beinahe ehrfürchtiges Erstaunen verlangte nach Ausdruck. Sabina schaute daraufhin gelangweilt durch ein Loch im Vorhang. »Welches? Ich sehe da mindestens zehn. Und sie werden nachher alle in dich verschossen sein. Willst du zuerst den Pamino geben oder den Don José?«
    »Wir beginnen mit Mozart ...«, murmelte Roderick unkonzentriert. »Aber wie kannst du da zehn Mädchen sehen? Neben dieser einen verschwimmt doch der ganze Saal zu einem nebligen Nichts! Dieses Haar und dieses Gesicht ... Sie hat etwas Exotisches. Und wie sie sich bewegt ... zum Tanzen geboren.«
    »Du hattest schon immer ein Faible für Tänzerinnen«, seufzte Sabina. »Brigitte und Stephanie werden sich deinetwegen noch mal gegenseitig die Augen auskratzen. Du solltest dich da etwas zurückhalten ... Und nun los, geh dich schminken. Das ›neblige Nichts‹ will unterhalten werden!«
     
    Die Compagnie gab Szenen aus der »Zauberflöte«, »Carmen« und »Der Troubadour«, bei Letzterem das berühmte Quartett aus der letzten Szene, das keiner im Ensemble wirklich konnte. Besonders die Mezzosopranistin der Truppe, ein junges Mädchen, das eigentlich eher tanzte und nur nebenbei ein bisschen Gesang studiert hatte, gab eine grauenvolle Azucena. Immerhin hörte man sie kaum, da die Männer sich größte Mühe gaben, wenigstens laut zu singen, wenn schon nicht schön. Sabina erklärte deshalb schon mal, sie würde demnächst mit Ohrenschützern auftreten, noch schlechter könne ihre Leonora sowieso nicht werden.
    Im wohlwollenden Christchurcher Publikum bemerkte allerdings nur eine Zuhörerin die Schwäche der Aufführung, und die konzentrierte sich besonders auf die Frauenstimmen. Das also war die Oper? Mehr brauchte man nicht zu können, um einem internationalen Ensemble anzugehören? Kura war

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