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Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Strecken zwischen den Auftritten konnte sie sich nicht leisten; dafür kam sie zu langsam vorwärts. Also begutachtete sie jeden Ort am Weg daraufhin, ob sich Auftrittsmöglichkeiten boten. Am angenehmsten fand sie es, wenn ihr ein seriöses Hotel seine Räume zur Verfügung stellte. Dann fielen meistens keine Übernachtungskosten an, und die Saalmiete war auch geringer als in Gemeindesälen. Schließlich steigerte das Konzert den Getränkeumsatz. Allerdings versuchten die Hotelbesitzer spätestens nach dem ersten Abend, Kura in ihr Programm hineinzureden.
    »Mädchen, das Gesäusel will doch hier keiner hören!«, erklärte der Hotelbesitzer in Kaikoura, der von der Aufführung des gesamten Ensembles noch hellauf begeistert gewesen war. »Sing ein paar Liebeslieder, vielleicht was Irisches, das kommt immer gut an. Wir haben hier auch viele Deutsche. Du singst doch in verschiedenen Sprachen ...«
    In diesem Fall passte Kura sich sogar ein wenig an und nahm ein paar Schubert-Lieder ins Programm. Ein Teil des Publikums war tief gerührt, was dem Hotelbesitzer aber auch wieder nicht behagte.
    »Kind, du sollst sie nicht zum Heulen bringen, sondern zum Trinken. Gott, du bist doch so ein bildhübsches Ding! Warum tanzt du nicht auch ein bisschen?«
    Kura erklärte ihm wütend, sie sei Sängerin, kein Barmädchen, und fuhr am nächsten Tag weiter. Die Tournee verlief bei weitem nicht so reibungslos, wie sie es sich vorgestellt hatte. Als sie nach drei strapaziösen Wochen endlich Blenheim erreichte, hatte sie längst noch nicht genug Geld für die Überfahrt auf die Nordinsel.
    »Was soll’s, bleiben wir eben hier und umrunden die Südinsel«, sagte sie zu ihrem Pferd. Wieder ein Abstieg! Früher hatte sie sich darüber lustig gemacht, wenn Elaine stundenlang auf ihre Stute einredete und behauptete, Banshee verstehe jedes Wort. Aber jetzt fehlte Kura oft jemand, mit dem sie reden konnte, ohne dass er ihr ständig widersprach, gut gemeinte, aber unmögliche Ratschläge gab oder gar versuchte, über sie herzufallen! In den letzten Wochen hatte sie sich oft genug irgendwelcher Pub Betreiber oder angeblicher »Musikliebhaber«, erwehren müssen. So etwas hatte sie bei den Auftritten mit der Truppe nicht erlebt. Da hatte man sie stets mit Respekt behandelt.
    »Fahren wir weiter nach Picton oder Havelock. Ein Auftritt ist so gut wie der andere ...«
     
    William beendete seinen Einführungslehrgang in Blenheim und erstand eine nagelneue Nähmaschine als Demonstrationsmodell. Als Anfänger konnte er noch nicht mit den begehrtesten Verkaufsbezirken rechnen wie etwa Christchurch oder Dunedin und Umgebung. Er rechnete mit einer Stellung irgendwo an der Westküste oder in Otago. Aber dann blickte er überrascht auf seine Berufung auf die Nordinsel. Eine Gegend im Norden, bei einer Stadt namens Gisborne. Wahrscheinlich ein ziemlich dünn besiedeltes Gebiet, aber doch wenigstens Neuland, was den Verkauf von Nähmaschinen anging! Bislang hatte kein Vertreter seiner Firma den Bezirk bereist.
    Gut gelaunt ging William an Bord der Fähre von Blenheim nach Wellington und kämpfte heroisch gegen die Seekrankheit auf dem stürmischen Meer. Er würde schon zurechtkommen. Zumindest bei den Schulungen hatte er stets glänzen können. Zum Teil waren seine Lehrer regelrecht begeistert gewesen von seinen kreativen Verkaufsstrategien. Kein anderer Teilnehmer erhielt so gute Beurteilungen. William ging seine neue Aufgabe optimistisch an. Ob Särge oder Nähmaschinen – verkaufen konnte er!
     

6
    Timothy Lambert war empört, aber immerhin wusste er jetzt, warum sein Vater den relativ kurzen Weg von ihrem Haus zur Mine grundsätzlich zu Pferde zurücklegte. Der Minenbesitzer ekelte sich offensichtlich davor, die Kloake, in der seine Männer hausten, zu Fuß zu durchqueren. Nun war es nicht so, als hätte Timothy in Europa niemals Elendsquartiere gesehen. Auch in England und Wales waren Bergarbeitersiedlungen keine Vororte des Paradieses. Aber was hier, rund um die Mine seines Vaters, aus dem Boden gestampft worden war, fand keinen Vergleich. Offensichtlich war die Siedlung völlig planlos angelegt. Man hatte einfach einen Verschlag neben den anderen gestellt – Hütten aus Abfallholz und beschädigten Schalbrettern, die in der Mine offenbar zum Ausschuss gezählt wurden. Die meisten Behausungen hatten keinen Kamin. Wenn man ein Feuer darin anzündete, musste es erbärmlich qualmen. Und noch seltener fand sich ein Abtritt; offenbar gingen die

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