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Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Zuschauern brach ein Sturm los, doch Roderick achtete nicht darauf. »... in dieser Truppe fällst du fast ein bisschen auf. Aber die Oper? Wirklich, Kleine, du verrennst dich da in etwas.«
    Kura stand allein wie auf einer Insel zwischen ihren empörten, lamentierenden Kollegen. Hätte sie ein Ohr dafür gehabt, hätte sie vielleicht sogar mitbekommen, dass Sabina und noch ein paar andere sie unterstützten und ihre Stimme lobten. Doch sie war wie erschlagen von Rodericks Worten. Konnte sie sich so in ihm geirrt haben? Konnte er so unverschämt gelogen haben, nur um sie ins Bett zu bekommen? Waren die Ovationen des Publikums denn gar nichts wert, weil hier nur ein paar drittklassige Sänger vor Dilettanten den Belcanto vergewaltigt hatten?
    Kura straffte sich. Nein, das konnte nicht sein, das durfte nicht sein!
    »Und schau, Kura-Kind, du bist auch noch sehr jung«, fügte Roderick gönnerhaft hinzu. »Deine Stimme entwickelt sich noch. Wenn du vielleicht zunächst hier ...«
    »Wo denn?«, fragte Kura spröde. »Es gibt hier kein Konservatorium.«
    »Ach, Mädchen, ein Konservatorium ... wer redet denn davon? Aber im Rahmen deiner begrenzten Möglichkeiten kannst du den Menschen viel Freude bringen ...«
    »Im Rahmen meiner begrenzten Möglichkeiten?« Kura spie die Worte heraus. »Was ist denn mit 
deinen
 begrenzten Möglichkeiten? Glaubst du, ich kann nicht hören? Meinst du, mir wäre nicht aufgefallen, dass du piano keinen Ton halten kannst, der ein bisschen höher ist als das A? Und dass du praktisch jede Arie ein kleines bisschen abänderst, damit sie für den großen Roderick Barrister einfacher zu singen ist?«
    Die Leute um sie herum lachten; manche applaudierten sogar.
    »Da sind meine Grenzen wohl weitergesteckt!«, trumpfte Kura auf.
    Barrister zuckte ergeben die Schultern. »Wenn du meinst. Ich kann dich nicht hindern, es in Europa zu versuchen. Sicher reicht dein Geld für die Schiffspassage ...«
    Er hoffte bloß, dass sie es nicht wirklich versuchte. Sechs Wochen Seereise mit einer wutschnaubenden Kura auf dem gleichen Schiff mussten die Hölle sein.
    Kura überlegte. Das Geld, das sie verdient hatte, reichte nicht. Allenfalls für die Reise; danach aber hätte sie keinen Penny mehr, um sich in England über Wasser zu halten, bevor sie ein Engagement fand.
    Natürlich konnte sie Gwyneira um Geld bitten. Wenn sie zugab, dass Roderick sie nicht wollte. Wenn sie eingestand, dass Marama Recht hatte mit der Einschätzung ihres Ausbildungsstandes. Wenn sie zu Kreuze kroch ...
    »Ich werde jedenfalls noch auf der Bühne stehen, wenn man dich nur noch dazu gebrauchen kann, Versatzstücke zu schleppen!«, stieß sie hervor. »In England und überall auf der Welt!« Damit wandte sie sich um und rauschte heraus.
    »Wunderbar, du hast es ihm gegeben!«, raunte Brigitte ihr zu.
    »Lass dich bloß nicht beirren!«, bemerkte auch Sabina im Vorbeigehen und gedachte wohl noch ein paar Ratschläge hinzuzufügen, doch Kura wollte nicht hören. Sie wollte auf nichts und niemanden mehr hören. Sie musste allein sein. Sie konnte Roderick nicht mehr sehen. Genau genommen wollte sie ihn nie wiedersehen! Allerdings war das Schiff nach England noch nicht einmal in Lyttelton; die Truppe konnte noch tagelang im Hotel von Christchurch logieren.
    Kura lief tränenblind durch die Korridore auf ihr Zimmer. Sie musste packen und fort. So schnell wie möglich.
     
    Am nächsten Morgen war sie vor Tau und Tag im Mietstall und fragte nach einem Pferd. Gwyneiras Chaise stand noch hier; ihre Großmutter und Marama übernachteten ebenfalls im White Hart, doch Kura würde sich nicht dazu herablassen, ihre Situation mit ihnen zu besprechen. Sie hatte in der Nacht entschieden, dass sie die Tournee vorerst allein fortführen oder eher wiederholen wollte. Das Publikum hatte sie doch geliebt! Bestimmt würden die Leute sich freuen, sie noch einmal zu hören. Und ihr Geld reichte für einen kleinen Wagen, ein Pferd und den Druck von ein paar Plakaten. Das musste für den Anfang reichen. Von nun an würde sie sicher viel mehr verdienen als bisher; schließlich konnte sie die gesamten Konzerteinnahmen behalten.
    Der Mietstallinhaber verkaufte ihr bereitwillig ein Pferd und ein zweirädriges Gig. Der Wagen hatte ein Verdeck, was Kura wichtig war, bot sonst aber nur wenig Platz für Gepäck. Sie schaffte es gerade eben, ihre Koffer mit der Bühnengarderobe unterzubringen. Was das Pferd anging, so versicherte ihr der Verkäufer, dass es ein

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