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Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Verbesserung der Sicherheit sei nur bei Absenkung des Stundenlohns möglich. Die Bergleute müssten sich entscheiden, ob sie feige oder hungrig wären. Natürlich hatte niemand für einen Lohnverzicht gestimmt.
    Tim kam erst später zu Lainie zurück und trank ihr zu, während sie ein weiteres Mal 
John Riley
 zum Besten gab. Inzwischen war der Abend fortgeschritten, und sie hatte ein bisschen Mut gefasst. Soweit es zu erkennen war, hatte niemand aus dem Lucky Horse ins Wild Rover gewechselt, und inzwischen redete hier auch kaum noch jemand von der Sängerin im Pub nebenan. Vielleicht war es also ganz unverfänglich, Tim ein paar Fragen zu stellen. Elaine nahm sich vor, diplomatisch zu sein, doch ihre Stimme klang provozierend.
    »Haben Sie denn gestern auch 
John Riley
 spielen lassen?«, erkundigte sie sich.
    »Gestern?« Tim musste offensichtlich erst nachdenken, was am Vortag so Besonderes gewesen war. Aber dann zwinkerte er spitzbübisch. »Ach, Sie meinen im Wild Rover. Es wird immer besser, Miss Lainie. Erst sorgen Sie sich um mich, und dann werden Sie eifersüchtig!«
    Elaine kaute auf ihrer Oberlippe. »Nein, im Ernst«, brach es aus ihr heraus. »Fanden Sie ... die Frau schön?«
    Tim blickte sie forschend an, als er die Dringlichkeit in ihrer Stimme hörte. Ihre zarte, durchscheinende Gesichtshaut wechselte schon wieder zwischen blass und rot. Ihre Lippen bebten leicht, und ihre Augen flackerten.
    Tim wollte seinen Arm um ihre Schultern legen und seine Hand auf ihre Hand, doch er spürte ihre instinktive Abwehr und berührte nur hilflos den Rand des Klaviers.
    »Miss Lainie«, sagte er sanft. »Natürlich ist sie schön, und sie singt auch schön. Das wird jeder Mann bemerken, der nicht blind und taub ist. Aber Sie, Miss Lainie, sind noch viel schöner und spielen noch viel anrührender, und deshalb würde ich auch nie ein anderes Mädchen 
John Riley
 für mich spielen lassen ...«
    »Aber ... ich bin nicht schöner, ich ...« Elaine wand sich auf dem Klavierstuhl. Hätte sie bloß nicht gefragt!
    »Für mich sind Sie schöner«, meinte Tim ernst. »Das müssen Sie mir glauben. Ich will Sie schließlich heiraten. Das heißt, ich werde Sie auch noch schön finden, wenn Sie irgendwann siebzig Jahre alt sind und grauhaarig und runzelig ...«
    Elaine versteckte sich wieder hinter ihren Haaren. »Reden Sie doch nicht immer so ...«, flüsterte sie.
    Tim lächelte. »Das können Sie mir nicht verbieten! Und jetzt spielen Sie bitte ein fröhliches Lied für mich, und vergessen Sie die Kleine am Klavier im Wild Rover! Ich hab sie doch auch schon vergessen.«
    Elaine schob ihr Haar zurück und lächelte schüchtern. Sie spielte ein paar belanglose Weisen; man merkte, dass sie nicht mit den Gedanken bei der Sache war. Und als Tim Lambert sich schließlich verabschiedete, geschah ein kleines Wunder.
    Tim grüßte wie immer mit »Gute Nacht, Miss Lainie«, doch Elaine holte tief Luft und warf ihm einen scheuen Blick zu. Beinahe furchtsam ob ihrer eigenen Courage, entschied sie sich dann doch für ein Lächeln.
    »Gute Nacht, Tim.«
     

HEILUNG

Greymouth
Ende 1896 – Anfang 1898

1
    Timothy Lambert war allerbester Laune, als er am Montag zur Mine seines Vaters ritt. Und das, obwohl immer noch keine Einigung über die fälligen Umbauten erzielt war. Tim hatte am Sonntag deshalb heftig mit seinem Vater gestritten, doch Marvin Lambert hielt weitere Investitionen in die Sicherheit seiner Mine nach wie vor für überflüssig und erklärte den alten Biller für verrückt.
    »Vielleicht dreht er jetzt ganz durch, wo sein Sohnemann jeden Tag im Pub Klavier spielt. Kein Wunder, dass der Alte sich irgendwas einfallen lässt, den Junior wenigstens in den Randgebieten der Kohlegewinnung zu beschäftigen.«
    Tim hatte daraufhin vorgeschlagen, er selbst könnte ja ebenfalls anfangen, Klavierstunden zu nehmen. Vielleicht würde er wenigstens im Pub gebraucht, nachdem seine Vorschläge in Sachen Arbeitssicherheit schon nicht erwünscht waren. Warum um Himmels willen hatte Lambert ihn Bergbautechnik studieren lassen, wenn er jetzt jeden Rat in den Wind schlug? Das Ganze war dann zu der üblichen Diskussion eskaliert, dass die Mine angeblich keinen Techniker brauche, sondern einen cleveren Kaufmann, und dass Tim die dazu nötigen Kenntnisse leicht erwerben könne, würde er sich nur öfter im Büro sehen lassen ...
    Tim war wütend gewesen, aber jetzt, im hellen Sonnenschein, der die Landschaft um Greymouth wie frisch

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