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Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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gewaschen erscheinen ließ, vergaß er seine Sorgen. Er dachte allenfalls belustigt daran, was Lainie wohl zu einem Klavierschüler sagen würde, und beim Gedanken an Lainie hob seine Stimmung sich gleich noch weiter. Auf jeden Fall würde er sie am Abend wiedersehen. Er würde zu ihr gehen, ihr zulächeln und »Guten Abend, Lainie« zu ihr sagen. Und sie würde vielleicht wieder lächeln und ihn »Tim« nennen. Ein kleiner Schritt weiter, aber ein wichtiger Schritt. Vielleicht war ja jetzt der Knoten geplatzt. Lainie hatte so gelöst und glücklich gewirkt, nachdem er ihr die dumme Idee mit der anderen Pianistin ausgeredet hatte.
    Das war allerdings eine seltsame Geschichte. Warum reagierte das Mädchen so panisch auf eine Konkurrentin, die es gar nicht kannte? Oder war da früher schon mal etwas zwischen ihr und dieser Kura gewesen? Möglich wäre es; zumindest das Maori-Mädchen war weit herumgekommen. Und ob das Opernensemble all seine Musiker mit aus Europa gebracht hatte? Vielleicht hatte Lainie ja für die Sänger Klavier gespielt, und es hatte Streit gegeben. Womöglich wusste Kura sogar, wer dem Mädchen so wehgetan hatte, dass es sich seither vor Männern fürchtete. Tim erwog kurz, selbst mit der Sängerin zu sprechen, aber dann erschien ihm das doch wie ein Vertrauensbruch. Allerdings konnte er mit Caleb Biller reden! Der Junge war zwar ein bisschen weibisch, aber Tim persönlich hatte nichts gegen ihn. Im Gegenteil, er war weitaus angenehmer im Umgang als sein herrischer Vater, und er war nicht dumm. Wenn Tim ihm von Lainie erzählte, würde er Kura vielleicht vorsichtig aushorchen.
    Tim pfiff vor sich hin, während Fellow durch das Bergarbeiterlager trabte. Hier hatte er immerhin kleine Erfolge erzielt. Die Straßen waren im Rahmen der Vorbereitungen für das Sankt-Barbara-Fest trockengelegt worden. Man kam gut voran, und das Ganze war auch ein Fortschritt in Richtung Minensicherheit. Bisher hatte es praktisch keine sicher begehbaren Rettungswege in Richtung Greymouth gegeben. Nicht auszudenken, wenn es im Arbeiterlager gebrannt hätte! Und die Mine selbst ...
    Tim schaute mit einer Mischung aus Besitzerstolz und Abscheu auf den Förderturm und die anderen Minengebäude, die jetzt in Sicht kamen. Man hätte einen Musterbetrieb daraus machen können, ein modernes Bergwerk mit hohen Sicherheitsstandards, mit Anbindung ans Schienennetz ... Tim hatte auch durchaus Ideen zur Vergrößerung der Fördermenge, zu neuen, effizienteren Fördertechniken und Erweiterung der Schächte. Aber das würde wohl warten müssen, bis Marvin sich zur Ruhe setzte. Immerhin hatte sein Vater sich heute noch einmal zu einem Rundgang bereit erklärt. Tim wollte ihm zumindest von oben zeigen, wo es im Belüftungsbereich haperte und welche Ausbaumöglichkeiten für die Stollen bestünden, wenn man hier Geld und Arbeit investierte. Er fühlte sich so aufgekratzt und gut gelaunt, dass er fast an einen Erfolg glaubte.
    Marvin Lambert schaute seinem Sohn eher griesgrämig entgegen.
    »Typischer blauer Montag!«, schimpfte er. »Wir haben Ausfälle ohne Ende. Von den faulen Säcken in der Siedlung sind heute zehn Prozent nicht erschienen! Die Frachtwagenfahrer schimpfen, weil ihre Karren im Sumpf stecken bleiben – dieser verfluchte Regen! Hätte ich bloß die Wege zur Bahnlinie machen lassen statt die Straße durch die Siedlung! Und der Steiger hat sich auch abgemeldet. Ja, richtig, abgemeldet, nicht etwa gefragt, ob es mir genehm ist, dass er sich selbst um diese Schalholzlieferung kümmert, die noch aussteht ... und dann weigert der Kerl sich tatsächlich, den Streb weiter vorzutreiben, bis ...«
    Tims gute Laune verflog. »Vater, ohne Stützbalken 
kann
 er den Streb nicht weiter vortreiben, das habe ich dir gestern schon erklärt. Und der hohe Krankenstand liegt wahrscheinlich an diesem endlosen Regenwetter. Das geht den Leuten auf die Lunge, zumal sie ohnehin schon angeschlagen sind. Aber heute scheint ja zum Glück die Sonne, da wird es ihnen morgen besser gehen. Pass auf, in der nächsten Schicht fahren sie wieder ein, die Männer brauchen doch das Geld. Aber jetzt komm, Vater, du hast mir versprochen, du schaust dir die Pläne für die Minenerweiterung an ...«
    Lambert hätte wohl lieber seinen Tee ausgetrunken; Tim roch besorgt, dass er ihn schon morgens mit Whisky versetzte. Aber schließlich gab er dem Drängen seines Sohnes nach und folgte ihm in den hellen Sonnenschein.
    »Schau, Vater, du musst es dir vorstellen wie

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