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Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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und sich mit den neuartigen Grubenlampen aus der Biller-Mine vertraut machten.
    »Ich suche Tim Lambert«, erklärte sie und errötete dabei. Wenn die Männer ihm das weitererzählten, würde er sie wieder necken ...
    Der angesprochene Bergmann schüttelte jedoch nur ernst den Kopf. »Wir wissen noch nichts, Miss Lainie. Nur dass er nach der ersten Explosion runter ist, zusammen mit Joe Patterson ...«
    Elaine fühlte plötzlich eine eisige Kälte in sich, die rasch wuchs und sie erstarren zu lassen drohte. Er war unten in der Mine ...
    Die Welt schien um sie zu kreisen. Halt suchend griff sie nach einem Eisengeländer und beobachtete beinahe unbeteiligt, wie der Förderkorb heranratterte. Wider Erwarten war er nicht leer; die Männer brachten die ersten Leichen.
    »Lagen gleich im Eingangsbereich ... Gas«, erklärte der Hilfssteiger, der mit den Tragen heraufgekommen war. »Mit dem nächsten Transport kommen noch drei. Die anderen müssen wir wohl ausgraben.«
    Elaine starrte in die verzerrten Gesichter der Männer, die man jetzt aus dem Aufzug trug. Sie kannte zwei von ihnen – und Joe Patterson.
    »Sagten Sie nicht ... Joe wäre mit Tim Lambert ... zusammen gewesen?«, Elaine stammelte die Frage, obwohl sie genau wusste, was der Bergmann gesagt hatte.
    Der Hilfssteiger nickte. »Ja, Miss Lainie. Verdammt, und seine Frau bekommt ein Kind. Matt hatte ihn extra freigestellt. Und dann das ...« Er fuhr hilflos über das vom Steinstaub verschmutzte Gesicht des jungen Kumpels.
    »Aber jetzt verlieren Sie mal nicht die Hoffnung, Kleine!«, meinte einer der Helfer, während er den Förderkorb erneut betrat. »Irgendjemand hat an einem Wetterschacht Klopfzeichen gehört. Meint er jedenfalls. Also gibt’s vielleicht doch noch Überlebende. Kindchen, du bist ja weiß wie die Wand ... Schaff doch mal einer das Mädchen hier weg, die ist mir auch viel zu nah an der Mine. Frauen im Bergwerk bringen Unglück!«
    Während der Korb wieder in die Tiefe ratterte, führte jemand Elaine heraus, sanft und respektvoll – während in ihrem Kopf immer nur die Frage kreiste, wie viel Unglück sie hier wohl noch bringen konnte.
    Madame Clarisse nahm sie im Hospital in Empfang, wo es nach wie vor nichts zu tun gab.
    Mrs. Leroy kümmerte sich um die gebärende Cerrin Patterson, unterstützt von Charlene, die sich offenbar nicht nur mit männlichen Körpern auskannte.
    »Hab meiner Mutter schon bei ihren Sprösslingen Nummer neun bis zwölf beigestanden, als ich ein kleines Mädchen war. Kam ja sonst keiner zu uns«, erklärte sie kühl.
    Dr. Leroy selbst hatte bislang nur mit gelegentlichen Schwächeanfällen der Angehörigen von Verschütteten zu tun. Er warf auch einen kurzen Blick auf Elaine, verordnete aber nur einen Whisky und wies auf die Frauen und Kinder vor der Mine.
    »Die Leute da machen das alle durch. Mehr als warten können Sie nicht.«
     
    Inzwischen wurde die Identität der ersten Toten bekannt gegeben, und das erstarrte Schweigen der Frauen wich Wehklagen und Weinen. Die Angehörigen der Toten wollten zu ihnen. Mrs. Carey wies ihre Frauen an, sie beim Aufbahren und Waschen der Leichen helfen zu lassen. Der Reverend sprach Gebete und versuchte zu trösten. Für die meisten Menschen vor der Mine gab es schließlich noch Hoffnung. Doch die älteren Bergmannsfrauen, die ihren Männern schon aus England gefolgt waren, wussten die Lage realistisch einzuschätzen: Wenn das Gas bis zum Förderschacht gedrungen war, gab es kaum noch Hoffnung für die Männer tiefer in der Mine. Einige jüngere Mädchen klammerten sich an die Nachricht mit den Klopfzeichen.
    Auch Elaine hoffte inständig. Vielleicht war da wirklich noch jemand am Leben. Aber wie viele von all den Männern, die am Morgen eingefahren waren? Sie versuchte herauszufinden, mit wie vielen Opfern überhaupt zu rechnen war, doch wie sich herausstellte, wusste es niemand.
    »Jemand muss das doch notiert haben!«, meinte Elaine. »Die Leute werden schließlich nach Stunden bezahlt.« Nach längerem Suchen, das sie immerhin beschäftigte, trieb sie einen Bürodiener auf. Der Mann verwies sie an Tims Vater.
    »Das hat Mr. Lambert heute notiert. Er hat sich noch aufgeregt, dass es so wenige waren. Fragen Sie ihn, wenn er noch so weit bei sich ist. Ich hab eben versucht, was aus ihm rauszukriegen. Einer von der Minenleitung muss unbedingt zu den Frauen reden. Aber Mr. Lambert ist völlig verwirrt.«
    Marvin Lambert war nicht nur verwirrt, sondern auch betrunken. Er starrte ins

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