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Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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»empfing«, sondern gleich in den Salon.
    Mrs. Miller saß mit dem Ausdruck einer zufriedenen Katze in einem Sessel. Auf dem Sofa balancierte eine schlicht, aber teuer gekleidete Dame ihre Teetasse. Die Frau erinnerte Kura sofort an Caleb Biller. Auch sie hatte dieses lange, ein wenig ausdruckslose Gesicht. Allerdings braunes Haar, kein blondes wie Caleb und sein Vater.
    »Miss Martyn, dies ist Mrs. Biller. Ich habe sie erst mal mit Beschlag belegt, aber eigentlich wollte sie zu Ihnen!« Sie strahlte, als ob sie Kura damit eine besondere Freude machte.
    Kura grüßte formvollendet, ließ sich anmutig auf den angebotenen Sessel sinken und nahm ihre dampfende Teetasse ebenso graziös zur Hand wie ihre Besucherin. Natürlich verbot es die Schicklichkeit, direkt nach Mrs. Billers Begehren zu fragen. So machte man erst einmal Konversation.
    Ja, es war schrecklich, was in der Lambert-Mine geschehen war, vor allem mit Timothy Lambert. Eine Tragödie. Die Stadt würde natürlich einige Zeit brauchen, um darüber hinwegzukommen. Und war die Trauerfeier des Reverends nicht ergreifend gewesen?
    »Dabei sind Sie mir natürlich besonders aufgefallen, meine liebe Miss Martyn!«, kam Mrs. Biller schließlich zur Sache. »Ihre wunderschöne Mozart-Interpretation ... ich konnte die Tränen nicht zurückhalten. Wo haben Sie das nur gelernt, Miss Martyn?«
    Kura war auf der Hut, aber sie hatte ihre Geschichte schon so oft erzählt, dass sie ihr fast selbstverständlich über die Lippen kam.
    »Oh, ich bin auf einer Farm in Canterbury erzogen worden. Ein wenig abgelegen, aber sehr hübsch. Mein Vater war kulturell sehr interessiert. Meine Mutter ist früh gestorben, und seine zweite Frau kam aus England. Sie war Gouvernante der Kinder auf einer der großen Stations, aber dann haben sie sich verliebt, und sie hat mich aufgezogen. Sie war eine begnadete Pianistin. Und meine wirkliche Mutter gilt bei den Maoris bis heute als eine Art Legende, was Tanz und Gesang angeht.«
    Letzteres war nicht gelogen. Doch der erste Teil der Geschichte – mit ihrer angeblich verstorbenen Mutter – verursachte Kura immer Gewissensbisse.
    »Wie außergewöhnlich!«, bemerkte Mrs. Biller, schien aber zufrieden. Kura hatte oft bemerkt, dass beispielsweise Reverends oder Kirchenvorstände, die sie wegen ihrer Gemeindesäle ansprach, sehr genau darauf achteten, ob sie ihre Geburt als ehelich oder außerehelich angab. Mrs. Biller schien es ähnlich zu gehen. Bei der Formulierung »seine zweite Frau« hatten ihre Augen aufgeleuchtet.
    »Was ich fragen wollte ... Miss Martyn, ich gebe am Sonntag ein kleines Dinner. Nichts Besonderes, nur im Familienkreis ... und da wollte ich fragen, ob Sie nicht kommen möchten. Mein Sohn würde sich sehr freuen. Er spricht stets mit großer Hochachtung von Ihnen.«
    »Wir haben mit der Musik ein gemeinsames Interesse«, bemerkte Kura höflich und versuchte so, kein weiteres Interesse an Caleb Biller auszudrücken.
    »Also kann ich mit Ihnen rechnen?«, erkundigte sich Mrs. Biller erfreut.
    Kura nickte. Ein seltsamer Beginn für eine Affäre. Aber gut, wenn Caleb eine Vorstellung im trauten Familienkreis wünschte ... Sie nahm sich vor, die Sache mit dem neuen Kleid vorzuziehen. Nach dem, was Mrs. Miller ihrer besten Freundin, der Gattin des Schneiders, gleich über ihre hoffnungsträchtigen Beziehungen zur Familie Biller berichten würde, bekam sie sicher Kredit.
     
    Caleb Biller schien die Einladung zunächst eher peinlich zu sein. Aber dann überwand er sich und bat Kura, doch früher zu kommen und ihre Flöten mitzubringen.
    »Vielleicht könnten wir die ersten Stimmen des ersten 
haka
 schon mal aufschreiben?«, fragte er eifrig. »Ich nehme dieses Projekt sehr ernst und hoffe, Sie dafür gewinnen zu können. Vielleicht könnten wir gemeinsam ein Buch herausgeben ...«
     
    Kura erschien also in einem dunkelroten, neuen Kleid, das die Tönung ihrer Haut wunderbar zur Geltung brachte, zum Dinner bei den Billers. Josuahs Augen strahlten wie die eines Kindes unter dem Weihnachtsbaum, als er das bildschöne Mädchen begrüßte. Calebs Augen leuchteten ebenfalls. Begehren konnte Kura jedoch nicht darin erkennen, obwohl er ein paar artige Komplimente anbrachte, während sein Vater eher anzüglich wurde. Dabei wiederum errötete Caleb eher als Kura und zog sie rasch zum Flügel, um sie von Josuahs Gesellschaft zu befreien. Beim Anblick des Instruments strahlte dann auch Kura und dachte mit Bedauern an ihr Hochzeitsgeschenk auf

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