Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
Vom Netzwerk:
Richtung Tim – und dann sah sie den großen grauhaarigen Mann, der eben mit Marvin Lambert den Salon betrat. Sein Anblick ließ sie versteinern. Alles in ihr drängte sie, die Flucht anzutreten. Aber nein, das war albern, sie musste sich irren, das konnte nicht sein ... Sie durfte auf keinen Fall kopflos fliehen. Sie musste näher heran und sich vergewissern, dass es auf keinen Fall John Sideblossom war ...
    Elaine zwang sich vorwärts.
    Im Salon begann in diesem Moment die Kapelle zu spielen. Die Menschen drängten in den Festsaal und verstellten Elaine den Blick auf den neuen Gast. Ihr Herzschlag beruhigte sich, während sie sich mit der Menge treiben ließ. Es war bestimmt ein Irrtum. Irgenwann erreichte sie Tim, der sich soeben auf die Beine quälte.
    »Also, meine Schöne! Wirst du mit mir tanzen?«
    Elaine wollte etwas erwidern, doch sie hatte das Gefühl, einen Eishauch im Nacken zu spüren. Nervös sah sie sich um – und Tims aufforderndes Lächeln erstarrte, als er den Ausdruck von Panik auf ihrem Gesicht sah. Elaine schien nichts als fliehen zu wollen – und gleichzeitig unfähig zu sein, sich auch nur einen Zoll weit zu rühren. Binnen Sekunden wich alle Farbe aus ihrem Gesicht.
    »Lainie, was hast du?«
    »Da ist ... da ist ...«
    »Ah, da haben wir ja die beiden!«, erklang Marvin Lamberts dröhnende Stimme. »Darf ich euch einen Überraschungsgast vorstellen? Ein ganz alter Freund ... wie lange haben wir uns nicht gesehen, John? Das ist John Sideblossom!«
    Elaine streckte mechanisch die Hand aus. Vielleicht war das alles ja nur ein böser Traum. Vielleicht halluzinierte sie.
    »Meine zukünftige Schwiegertochter Lainie, mein Sohn Tim.«
    Elaine hatte das Gefühl, als würde der Saal sich um sie drehen. Vielleicht gar nicht die schlechteste Idee, jetzt ohnmächtig zu werden ... Aber dann umfasste Sideblossom ihre Hand, und die rasende Angst, die Elaine dabei überkam, ließ ihre Sinne wieder erstarken.
    »Meine wunderschöne Elaine«, sagte Sideblossom. Seine Stimme klang heiser. »Ich wusste, ich würde dich finden. Irgendwann ... und in einem so ansprechenden Rahmen. Mr. Lambert.« Er wandte sich Tim zu, lächelte sein Raubtierlächeln. »Was für eine entzückende Eroberung. Wie schade, dass sich da doch noch Verteidiger finden. Sie sollten die Festung nicht beflaggen, Mr. Lambert, bevor sie nicht geschleift ist ...«
    Elaine verstand die Worte nicht, doch sie hörte die Drohung. Und dann hielt sie es nicht mehr aus. Sie wollte eine Entschuldigung murmeln, brachte aber nur ein Keuchen hervor. Panisch lief sie fort, verirrte sich zuerst in der Richtung. Beinahe wäre sie ins Herrenzimmer gerannt, von dem es keinen Weg nach draußen gab. Elaine schaute sich kopflos um – und prallte mit ihrer Cousine zusammen, die soeben mit zwei Gläsern Champagner in den Salon kam. Das Getränk spritzte auf ihr Kleid. Kura wollte schimpfen, aber dann sah sie das Entsetzen in Elaines Gesicht und hielt sie zurück.
    »Lainie, was ist los mit dir? Hast du dich mit Tim gestritten?« Kura blickte sie prüfend an. Nein, das konnte es nicht sein. Nicht einmal damals auf der Straße in Queenstown, als Elaine Kura und William ertappt hatte, war ihr Gesicht so bleich und verzerrt gewesen, ihre Augen so riesig. Die Augen eines Tieres in der Falle.
    »John Sideblossom. Er ... er ...« Elaine stammelte, bevor sie sich losriss und weiterrannte, hinaus aus dem Salon, durch die Empfangsräume. Sie brauchte Luft. Keuchend erreichte sie den hell erleuchteten Eingang, flüchtete sich hinaus aus dem Licht, sah Fellow und zwei andere Pferde vor einem Wagen am Anbinder. Callie bellte. Elaine hatte gar nicht bemerkt, dass die Hündin ihr gefolgt war. Sie beugte sich mechanisch herab, um sie zu streicheln ... und hörte Schritte hinter sich. Sideblossom. Aber dann sah sie Callie wedeln und erkannte jetzt das Aufsetzen der Krücken und Tims typischen, schleppenden Schritt.
    »Lainie, da bist du ja.« Tim lehnte sich an den Anbindebalken und nahm sie in die Arme. »Du meine Güte, du zitterst ja, als ob du gleich zusammenbrichst! Nun beruhige dich erst mal ...«
    »Ich kann mich nicht beruhigen.« Elaine spürte jetzt die Kälte; der Schweiß trocknete an ihrem Körper. »Das ist John Sideblossom ... er hat ... er wird ...«
    Tim erschrak, doch er besaß die Fähigkeit, kritische Situationen rasch einzuschätzen und zu meistern. In einer Mine konnte das lebenswichtig sein. Jetzt streichelte er Elaine und sprach beruhigend auf sie

Weitere Kostenlose Bücher