Das Lied der Maori
auf, während Fleurette sich ungezwungen an den Küchentisch setzte. Eine ziemlich lange Tafel; anscheinend verköstigte Daphne hier auch ihre Mädchen.
»Also, worum geht’s, Miss Daphne?«, fragte Fleur, als ihre Gastgeberin eine hübsche Porzellantasse vor sie hinstellte.
Daphne seufzte. »Ich hoffe, Sie empfinden es nicht als Einmischung. Aber, verdammt ... oh, Verzeihung. Sie haben doch auch ein schlechtes Gefühl bei der Sache!«
»Bei der Sache?«, fragte Fleurette vorsichtig.
»Bei der Verlobung Ihrer Tochter mit diesem Sideblossom. Wollen Sie das Mädchen wirklich in diese Einöde am hintersten Ende des Pukaki schicken? Allein mit diesen Kerlen?« Daphne goss Tee ein.
»Was ich will, spielt keine große Rolle«, meinte Fleurette. »Elaine besteht darauf. Sie ist verliebt. Und Helen ...«
»... schwärmt in den höchsten Tönen von Lionel Station, ich weiß.« Daphne blies in ihre Tasse. »Deshalb habe ich Sie ja auch angesprochen, Miss Fleur. Miss Helen ... nun, sie ist eine Dame. Sie natürlich auch, aber sagen wir mal so, sie ist vielleicht eine besonders ... nun, damenhafte Dame. Es gibt Dinge, über die man mit ihr nicht reden kann.«
»Gibt es irgendwas, das Sie wissen, Miss Daphne? Über Thomas Sideblossom?«, fragte Fleurette nervös.
»Nicht über den Jungen. Aber der Alte ist ... nun ja, mit dem würde ich meine Tochter nicht allein lassen. Was man über seine Ehe hört, ist auch seltsam ...«
Fleurette wollte etwas einwenden, aber Daphne gebot ihr mit einer Handbewegung Schweigen.
»Ich weiß, was Sie jetzt sagen wollen. Der Alte ist verrufen, aber der Junge kann ganz anders sein. Hat Miss Helen mir auch schon vorgehalten. Und ich sag ja auch gar nichts gegen den Jungen. Ich meine nur ...« Daphne biss sich auf die Lippen. »Sie sollten Elaine vielleicht vor der Hochzeit sagen, was auf sie zukommt.«
»Ich soll was?« Fleurette errötete nun doch. Sie liebte ihren Ruben von Herzen und schämte sich nicht für das, was sie im Bett miteinander taten. Aber mit Elaine darüber reden?
»Sie sollen ihr sagen, was sich im Bett zwischen Mann und Frau abspielt«, präzisierte Daphne.
»Also, ich glaube, das Wesentliche weiß sie. Und ansonsten ... das haben wir doch alle selbst herausgefunden, ich meine ...« Fleurette wusste nicht, was sie sagen sollte.
Daphne seufzte wieder. »Miss Fleur, ich weiß nicht, wie ich noch deutlicher werden soll. Aber sagen wir mal, dass nicht jede das Gleiche rausfindet und dass es nicht jedes Mal eine zufriedenstellende Entdeckung ist. Erzählen Sie ihr, was sich zwischen Mann und Frau normalerweise abspielt!«
Fleurettes Gespräch mit Elaine gestaltete sich ziemlich peinlich und ließ mehr Fragen offen, als geklärt wurden.
Im Wesentlichen, erklärte sie ihrer Tochter, liefe es zwischen Mann und Frau ab wie zwischen Hengst und Stute. Nur dass die Frau eben keine Rosse hätte, jedenfalls nicht »in dem Sinne«, und dass sich natürlich alles im dunklen Ehebett bei Nacht abspiele und nicht am helllichten Tag in der Öffentlichkeit. Owen und Banshee hatten da schließlich keine Hemmungen gekannt.
Elaine lief feuerrot an, ihre Mutter nicht weniger. Schließlich blieb beiden die Sprache weg, und Elaine wandte sich mit ihren Fragen lieber an eine weniger damenhafte Eingeweihte. Am Nachmittag ging sie zu Inger.
Allerdings traf sie die Freundin nicht allein an. Inger schwatzte in ihrer Muttersprache mit einem hellblonden Mädchen, in dem Elaine eins der neuen Sternchen aus Daphnes Etablissement erkannte. Sie wollte sich gleich zurückziehen, doch Inger winkte ihr zu bleiben.
»Maren geht sowieso gleich. Solange kannst du dich gern zu uns setzen. Oder ist es dir unangenehm?«
Elaine schüttelte den Kopf. Maren jedoch war rot angelaufen; anscheinend hatte das Gespräch der beiden Frauen sich um ziemlich schlüpfrige Angelegenheiten gedreht. Sie führten es auch gleich weiter, wobei Maren deutlich anzumerken war, wie unangenehm berührt sie sich fühlte.
»Kannst du für mich übersetzen?«, fragte Elaine schließlich verärgert. »Oder redet doch gleich Englisch. Maren muss es sowieso lernen, wenn sie hierbleibt.«
Die Einwanderermädchen sprachen die Landessprache oft ungenügend – sicher mit ein Grund, weshalb manche im Bordell endeten, statt eine ehrbarere Beschäftigung zu finden.
»Die Sache ist ein bisschen schwierig«, meinte Inger. »Daphne hat mich gebeten, Maren etwas zu erklären, das sie ... nun ja, auf Englisch noch nicht verstehen
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