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Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Holzabtrennung.
    William wollte die Sache nur noch rasch hinter sich bringen. Die Flammen kamen schnell näher, der Qualm wurde dichter, und die Männer konnten kaum noch atmen. Aber weder Poker noch Maaka schien auch nur in Erwägung zu ziehen, die Zuchttiere zu opfern.
    William nahm Maaka beim Gürtel wie zuvor Poker, während der alte Viehhüter das Problem mit dem dritten Bullen ganz allein löste. Es war ein Jungtier, nicht mit Ketten, sondern nur mit einem Seil in seiner Box angebunden. Pokers Messer durchtrennte es rasch von außerhalb der Box, und Jack McKenzie, der gerade in den Stall kam, brauchte den Verschlag nur noch zu öffnen. So stürmte der Bulle bereits heraus, bevor Poker noch vom Futtergang zum Tor zurückkehren konnte, um das Tier laufen zu lassen. Schließlich bemühten sich sowohl Jack als auch Poker um das Tor der letzten Box, das anscheinend klemmte. Maaka kämpfte derweil noch mit der Kette des Bullen, der sich immer wilder gebärdete, seit auch der letzte Artgenosse fliehen konnte. Der Junge beugte sich waghalsig vor, schwebte inzwischen fast über der Boxwand. Und dann ...
    William wusste nicht, ob Maaka zuerst ein Hornstoß des Bullen traf, ob sein eigener, unsicherer Sitz auf der Abtrennung schuld war oder ob einfach der Gürtel nachgab, an dem er Maaka hielt. Vielleicht waren es auch die Erschütterungen durch das einstürzende Dach im Heuschober, das ihr Gleichgewicht störte. William würde nie herausfinden, ob er sich zuerst abrutschen fühlte oder Maakas Schrei hörte, als ihm das Leder des Gürtels aus der Hand glitt. Aber dann sah er den Jungen zwischen die Hufe des Bullen stürzen, während er selbst in einer Ecke der Box landete – sicher vor einem Angriff des Tieres, solange es angekettet war. Dann aber erkannte er, dass der Bulle frei war: Maaka musste die Kette in dem Augenblick gelöst haben, in dem er fiel. Der Stier brauchte ein paar Sekunden, um zu erkennen, dass er in Freiheit war; dann warf er sich herum und versuchte zu fliehen, aber die Box war noch immer zu. Poker und Jack kämpften mit dem Verschlussmechanismus, doch der Bulle mochte natürlich nicht warten, sondern rannte wie verrückt im Stall herum. Dann stutzte er, als er Maaka erblickte, der verkrümmt am Boden lag und versuchte, sein Gesicht zu schützen. Der Junge wimmerte, als der gewaltige, gehörnte Kopf des Bullen sich ihm näherte.
    »Lenken Sie das Biest ab, Mr. William, verdammt noch mal!«, brüllte Poker und drehte hektisch am Hebel des Boxverschlusses. Der aber bewegte sich kaum.
    William starrte wie hypnotisiert auf das riesige Tier. Ablenken? Dann würde das Vieh sich auf ihn stürzen! Da wäre er ja verrückt! Und jetzt robbte der verletzte Junge auch noch panisch auf ihn zu ...
    »Hierher, Stonewall!«
    William sah aus dem Augenwinkel, dass Jack McKenzie vor dem Ausgang eine Decke schwenkte, um die Aufmerksamkeit des Tieres auf sich zu lenken. Todesmutig schwang der Junge sich auf die Boxwand; aber jetzt bewegte sich endlich etwas am Verschluss, und die Schwingtür flog auf. Doch der Bulle erkannte dies nicht sofort; er schien seine Wut und seine Angst nach wie vor auf Maaka zu konzentrieren. Das Tier senkte die Hörner, setzte zum Stoß an ... da ließ Jack ihm seine feuchte Decke aufs Hinterteil klatschen und tanzte hinter ihm herum wie ein Torero.
    »Zu mir, Stonewall, komm her!«
    Poker brüllte etwas vom Ausgang her; anscheinend wollte er den Jungen zurückrufen. Aber der stand nach wie vor im Stall und attackierte den Bullen, der sich jetzt ganz langsam umdrehte.
    »Fang mich! Komm schon!«, reizte ihn Jack – um sich blitzartig umzudrehen, als das Tier sich endlich in Bewegung setzte. Der drahtige Junge hechtete mit einem Sprung über die Umzäunung und war in Sicherheit, als Stonewall endlich den Fluchtweg erkannte. Der gewaltige Bulle schoss auf den Ausgang zu und rannte Poker Livingston dabei um. Dann war er draußen. Die Männer vor dem Stall mussten die Schreie gehört haben, denn Helfer strömten herein. Inzwischen hatten die Flammen den Stall hell erleuchtet. William hustete, fühlte sich grob am Arm gepackt und von einem kräftigen Maori-Viehhüter nach draußen gezerrt. Zwei andere Männer trugen Maaka, und ein Dritter stützte den hustenden Poker.
    Und dann atmete William keuchend die klare Luft des Spätnachmittags am See und nahm nur am Rande wahr, dass hinter ihnen weitere Teile der Stallanlage einstürzten.
    Ein paar Männer kümmerten sich um Maaka und Poker, doch

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