Das Lied der Maori
Stellung bis zum nächsten Morgen zu verharren.
Schließlich nahm sie allen Mut zusammen und schob Thomas’ schweren Körper zur Seite. Dann rollte sie aus dem Bett, so leise sie konnte, tastete nach ihrem Morgenmantel – ein elegantes Stück aus Dunedin, bei dessen Bestellung sie an gemütliche Frühstücksrunden mit ihrem geliebten Gatten gedacht hatte – und schleppte sich aus dem Zimmer. Der Abtritt war unten, neben dem Küchentrakt; deshalb musste Elaine die Treppe hinunter. Aus der Küche hörte sie leises Wimmern. Es war Callie. Elaine vergaß ihre ursprüngliche Absicht, öffnete die Küchentür und folgte dem Klang der klagenden Stimme. Schließlich fand sie die Hündin in einer Ecke von Mrs. Gardeners Vorratskammer. Hier schlief Elaine dann auch ein, wurde zum Glück aber wach, bevor es hell wurde. Hastig sperrte sie Callie wieder ein und schlich die Treppe hinauf. Thomas hatte zum Glück nichts mitbekommen. Er schlief nach wie vor, lag quer über dem eher schmalen Bett und schnarchte. Elaine zog eine Decke unter Thomas hervor und verbrachte den Rest der Nacht zusammengekauert auf dem Boden des Zimmers. Erst als Thomas sich am Morgen schlaftrunken regte, rollte sie sich auf der Bettkante zusammen.
Wenn das so weiterging, würde sie an Schlafmangel sterben. Elaine fühlte sich hundeelend. Mrs. Gardeners mitfühlende Blicke nutzten ihr da gar nichts.
»Nehmen Sie meine Salbe ruhig mit ... ach ja, und das Rezept schreibe ich Ihnen auch schnell auf!«, meinte die gutmütige Hausherrin. »Schade, dass Sie mir dafür nicht den kleinen Hund dalassen wollen! So ein nettes Tier! Er würde uns hier gute Dienste leisten!«
Elaine dachte in ihrer Panik fast daran, ihr Callie zu schenken; dann wäre wenigstens das Tier in Sicherheit. Sie hatte in der Nacht befürchtet, Thomas könnte Callie mit seinen Tritten ernstlich verletzen. Aber dafür würde sich auf Lionel Station schon eine Lösung finden. Stattdessen überlegte sie, Grandma Gwyn einen Brief zu schreiben. Sicher fand sich ein Kiward Collie für Mrs. Gardener; man musste nur sehen, wie man ihn hierher brachte. Aber das würde sich schon arrangieren lassen. Elaine hätte der freundlichen Gastgeberin an diesem Tag auch die Kronjuwelen geschenkt!
Der Tag verlief ähnlich wie der vergangene. Sie folgten dem Trail Richtung Cardrona und kamen dabei höher in die Berge; zum Teil lag hier sogar noch Schnee. Elaine, nach wie vor übermüdet und wund, fror in der Chaise. Sie hatte nicht daran gedacht, ihren Wintermantel auszupacken. Schließlich hielt der Fahrer ihres Vaters, ein aufgeweckter, rothaariger junger Ire, und suchte Decken und Pelze für die Frauen aus den mitgeführten Truhen. Elaine hatte es nun warm, atmete aber trotzdem auf, als sie das Hotel in Cardrona erreichten, in dem sie die Nacht verbringen sollten. Es war ein schlichter, niedriger Holzbau, in dessen Barräumen keine Frauen erlaubt waren. Elaine und Zoé durften sich nicht mal vor dem Kamin aufwärmen, sondern mussten gleich auf ihre Zimmer. Dort servierte ein Mädchen ihnen etwas zu essen und warmes Bier, und Elaine trank so viel, wie sie eben schaffte. Es schmeckte scheußlich. Von ein wenig Wein abgesehen hatte sie vorher nie Alkohol getrunken, aber sie dachte an Daphnes Botschaft: Alkohol konnte alles leichter machen.
Leider wirkte das Bier nicht, im Gegenteil. Diese Nacht war die schlimmste, die Elaine bislang erdulden musste, denn diesmal kam Thomas fast unmittelbar nach der Ankunft zu ihr, und er war nicht betrunken. Elaine hoffte zunächst, dass ihn dies geduldiger und zärtlicher machen würde, aber sie zitterte trotzdem schon, wenn er sie nur anrührte. Zu ihrem Entsetzen schien es ihn zu erregen.
»Hübsch bist du, wenn du dich so zierst!«, sagte er. »Gefällt mir viel besser als die Nummer, die du neulich abgezogen hast. Passt eher zu meiner kleinen Unschuld vom Lande ...«
»Bitte nicht!« Elaine zog sich zurück, als er nach ihren Brüsten fasste. Sie hatte sich noch nicht vollständig entkleidet, sondern trug noch ihr Korsett, aber das schien ihn nicht zu stören. »Nicht so, bitte ... können wir nicht erst ein bisschen ... nett sein?«
Sie errötete unter seinem spöttischen Blick.
»Nett sein? Was verstehst du darunter? Irgendein Spielchen? Hat deine Hurenfreundin dir etwas beigebracht? Ja, erzähl mir nichts. Ich hab mich erkundigt über deinen Umgang! Wie willst du’s denn haben? So?«
Er riss ihr Korsett auf, warf sie aufs Bett und knetete ihre Brüste. Es
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