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Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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geschlafen. Nun tat ihr ganzer Körper weh, und ihr Gesicht war aufgeschwemmt und vom Weinen gerötet. Thomas äußerte sich allerdings nicht dazu, ebenso wenig wie Zoé, mit der sie immerhin die nächsten Tage eine Kutsche und demnächst ein Haus teilen würde. Elaine hatte sich ein bisschen Freundschaft erhofft; die junge Frau musste doch wissen, was sie in dieser Nacht durchgemacht hatte. Doch Zoé schwieg beharrlich. Auch sonst konnte Elaine sich niemandem wirklich anvertrauen.
    Die Sideblossoms wollten früh aufbrechen; Elaine konnte selbst ihre Eltern nur kurz zum Abschied umarmen. Fleurette erkannte natürlich, dass irgendetwas mit ihr war, doch für Fragen war keine Zeit. Lediglich Helen traf Elaine für einen Moment alleine an, als sie ihr beim Abtragen des Frühstücksgeschirrs half. Sofort bemerkte sie Elaines steife, schmerzhafte Bewegungen.
    »War es schlimm, Kind?«, fragte sie mitfühlend.
    »Es war schrecklich.«
    Helen nickte verständnisvoll. »Ich weiß, meine Kleine. Aber es wird besser, glaub mir. Und du bist jung, du wirst rasch schwanger. Dann lässt er dich vielleicht in Ruhe.«
     
    Elaine verbrachte den gesamten ersten Vormittag in der Kutsche mit hektischen Berechnungen darüber, ob das Erlebnis der vergangenen Nacht zur Zeugung eines Kindes geführt haben konnte. Alles in ihr wehrte sich gegen den Gedanken, ein Kind empfangen zu haben. Schließlich aber beruhigte sie sich. Ihre letzte Blutung lag gerade einmal vier Tage zurück, und Inger zufolge war eine Empfängnis zu diesem Zeitpunkt nicht möglich.
    Zoés Chaise war verhältnismäßig gut gefedert, doch die Wege rund um den Lake Waikatipu befanden sich nicht in bestem Zustand. Elaine stöhnte jedes Mal auf, wenn sie wieder durch eines der tiefen Schlaglöcher rumpelten. Verzweifelt versuchte sie ein Gespräch mit Zoé anzufangen, doch die junge Frau schien keine anderen Interessen zu haben als den Haushalt und die verschiedenen Luxusgegenstände, mit denen sie Lionel Station verschönerte. Sie sprach ausführlich über Möbel und Vorhangstoffe, kam dabei aber nicht auf den Gedanken, Elaine nach ihrer Meinung oder ihrem Geschmack zu fragen. Nach ein paar Stunden war Elaine entschlossen, sich von ihrem Mann auf keinen Fall auf das Haus beschränken zu lassen. Mit Zoé würde sie sich zu Tode langweilen. Sie musste ihren Platz auf der Schaffarm behaupten; Grandma Gwyneira hatte das schließlich auch geschafft. Gedankenverloren streichelte sie Callie, die offensichtlich merkte, dass ihre Besitzerin Trost brauchte.
    Zoé betrachtete das Tier missmutig. »Ich hoffe, du willst den Köter nicht im Haus haben.«
    Elaine merkte, wie Wut in ihr aufstieg.
    »Sie ist kein Köter. Sie ist ein Kiward Border Collie. Das sind die berühmtesten Hunde in ganz Neuseeland. Friday, ihrer Großmutter, wollen sie in Christchurch sogar ein Denkmal setzen. Sie stammen von den Silkham Collies ab, die sind in ganz Großbritannien bekannt.« Elaine stach der Hafer. »Wenn jeder menschliche Einwanderer so eine Abstammung hätte ...«
    Zoés hübsches Gesicht verzog sich zu einer Fratze der Wut. Elaine hatte sie gar nicht persönlich treffen wollen; ihre Bemerkung war eher scherzhaft gemeint. Doch Zoés Ahnen schienen nicht die Vornehmsten gewesen zu sein.
    »Ich will keine Tiere im Haus! Und John auch nicht!«, beschied sie Elaine.
    Elaine straffte sich. Wenn Zoé einen Machtkampf wollte ...
    »Thomas und ich werden ja wohl unsere eigenen Zimmer haben«, sagte sie. »Die ich nach meinem Geschmack einrichten darf. Zum Beispiel mag ich keine Rüschenvolants.«
    In den nächsten Stunden herrschte wieder Schweigen in der Chaise. Elaine konzentrierte sich auf die Schönheit der Landschaft, durch die ihr Weg sie führte. Vorerst ging es noch am See entlang; dann durchquerten sie eine Ebene in Richtung Arrowtown. Hier wuchs Gras, ähnlich wie in den Canterbury Plains, auch wenn das Land nicht so weit und eben war und eine größere Pflanzenvielfalt aufwies. Es war ein Zentrum der Schafzucht – oder hatte es zumindest werden sollen –, bevor ein Schafscherer namens Jack Tewa fast dreißig Jahre zuvor Gold gefunden hatte. Seitdem strömten Goldgräber in die Gegend. Vor allem das Städtchen Arrowtown war gewaltig angewachsen. Elaine fragte sich, ob es tatsächlich Gold in den Bächen und Flüssen gab, die sie passierten und deren verträumte, bewaldete Ufer zum Verweilen einluden.
    Thomas hatte ihr gesagt, sie würden in Arrowtown übernachten; tatsächlich aber ließen

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