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Das Lied der roten Erde (German Edition)

Das Lied der roten Erde (German Edition)

Titel: Das Lied der roten Erde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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Kälte des Abends vom Boden aufstieg, erfüllten fremdartige Laute die Luft, klangen aus den Wipfeln der Bäume; ein furchterregendes Schreien, dann Töne wie ein Schmatzen, Surren, Schnarren …  
    Sie schmiegte sich dicht an Duncan. »Ob es hier gefährliche Tiere gibt?«  
    »Nein«, gab er prompt zurück.  
    »Woher willst du das wissen? Du kennst dieses Land doch genauso wenig wie ich.«  
    »Warum fragst du mich dann?«, fragte er in mildem Vorwurf. »Hast du Angst?«  
    »Nein. Nicht, wenn du bei mir bist.«  
    Ein Schauer überrann sie. Die Nacht würde wieder kalt werden. Sie sehnte sich nach einem Feuer, aber sie hatten weder Feuerstein noch Zunder. Duncan hatte schon versucht, wie die Eingeborenen mit zwei Stöckchen Feuer zu machen, aber es war ihm nicht gelungen.  
    »Morgen suchen wir nach neuen Ästen.« Er schien ihre Gedanken zu lesen. »Das Holz muss trockener sein. Und dann mache ich uns ein schönes Feuer. So.« Er griff von hinten über sie, nahm ihre Hände in seine und rieb sie. »Ich wüsste etwas, womit meiner kleinen Wildkatze warm wird«, flüsterte er in ihr Ohr und küsste die kleine Kuhle dahinter. Bartstoppeln kratzten über ihre Haut.  
    Sie schüttelte den Kopf. Danach war ihr jetzt wirklich nicht zumute. Überhaupt fühlte sie sich nicht besonders gut. In ihrem Rücken zog es, und in ihren Gliedern saß ein Reißen. Ihre Kleidung war nach dem unfreiwilligen Bad noch immer klamm – wahrscheinlich bekam sie eine ausgewachsene Erkältung.  
    »Lass mich einfach nur so bei dir sitzen.« Sie lehnte sich an ihn.  
    Für eine Weile blickte sie in den Himmel, der wie mit Flammen gemalt war, mit Pinselstrichen in leuchtendem Rot, Orange und Safrangelb. In der Ferne konnte sie gerade noch den Fluss durch die Bäume schimmern sehen. Es war so schön friedlich hier; ein Moment, in dem die Zeit stillstand. Und plötzlich erschien ihr auch der Gedanke willkommen, womöglich ein Kind von Duncan in sich zu tragen. Aber noch wollte sie ihm nichts davon sagen. Erst dann, wenn sie in Sicherheit waren.  
    »Woran denkst du?«, fragte sie, den Kopf an seiner Schulter.  
    »An den Doktor.«  
    Sie stieß ein Knurren aus. »Vergiss ihn doch endlich!«  
    »Er muss furchtbar enttäuscht von mir sein. Hoffentlich hat er sich nicht schwer verletzt.«  
    »Du machst dir Sorgen um ihn?«  
    »Du nicht? Er war gut zu mir. Meistens jedenfalls. Ich würde es mir nie verzeihen, wenn er … zu Schaden kommen würde. – Diese Schuld habe ich schon einmal auf mich geladen«, fügte er leise hinzu.  
    »Schon einmal?« Moira drehte den Kopf und sah ihn von schräg unten an. »Was ist passiert?«  
    Er gab lange Zeit keine Antwort. So lange, dass sie schon glaubte, er wolle nicht darüber sprechen. Dann stieß er einen tiefen Seufzer aus. »Vater Mahoney, mein Ziehvater. Er … er ist gestorben, als sie mich verhaftet haben.« Duncan zog vorsichtig ein Bein an, ohne dass Moira ihre Position verändern musste. »Er hätte die Hand für mich ins Feuer gelegt. Immer wieder hat er die Rotröcke beschworen, seinem Wort zu trauen und mit der Durchsuchung aufzuhören. Er hat bis zuletzt geglaubt, dass ich unschuldig sei. Bis sie die Pikenspitzen bei mir entdeckten und mich verhafteten. Ich habe noch gesehen, wie er zusammengebrochen ist. Dann haben sie mich weggebracht.«  
    »Aber dann kannst du doch gar nicht wissen, ob er tot ist.«  
    »Doch. Emily, Vater Mahoneys Haushälterin, hat es mir erzählt. Nach Tagen, als die Wärter sie endlich zu mir ließen.« Er stockte kurz. »Vater Mahoney ist noch am selben Tag gestorben. Der Schlag hatte ihn getroffen.«  
    »Das ist eine traurige Geschichte«, murmelte Moira. »Dein Ziehvater war also keiner von den Rebellen?« Sie wusste von Mr Curran, dem Freund ihres Vaters, dass auch viele Priester zu den Aufständischen gehört hatten, die sich vor zwei Jahren gegen die englische Herrschaft in Irland aufgelehnt hatten.  
    Duncan schüttelte den Kopf. »Nein, davon wollte er nichts wissen. Er hielt nichts von Gewalt. Ich habe das etwas anders gesehen. Und das hat ihn schließlich umgebracht.«  
    *  
    Die Kühle des frühen Morgens weckte Duncan. Ohne Decke war es empfindlich kalt. Moira lag an seiner Seite. Sie hatte sich unter dem Mantel des Doktors zusammengekrümmt und schlief, ihr schwarzes Haar war genau wie seines struppig und zerzaust. Dennoch hatte sie sich kein einziges Mal beklagt. Er hätte ihr diese Strapazen gerne erspart, auch wenn es ihm

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