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Das Lied der roten Steine: Australien-Saga (German Edition)

Das Lied der roten Steine: Australien-Saga (German Edition)

Titel: Das Lied der roten Steine: Australien-Saga (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynne Wilding
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Soldaten und Offiziere mit roten Jacken zusahen und sich am Schmerz und Blut der Männer ergötzten.
    Der grausigste Traum war eine lebhafte Wiederholung des Tages, an dem ein berüchtigter Sträfling namens »Jacky-Jacky« Amok gelaufen war. Mit einer Keule bewaffnet war er in den Küchenbau gestürmt und hatte einen Aufseher, einen Wärter und einen Konstabler erschlagen, die versucht hatten, mit ihm zu reden. Der Letzte von ihnen wurde von dem Mann, den ständige Misshandlungen zum Wahnsinn getrieben hatten, buchstäblich in Stücke gerissen.
    Als Jessica eines Morgens vor dem Spiegel stand und die dunklen Ringe unter ihren Augen betrachtete, wusste sie, dass sie ihr Geheimnis nicht viel länger würde bewahren können. Die Albträume wurden schlimmer und immer bedrohlicher. Sie erschöpften sie emotional zutiefst.
    »Du siehst nicht ganz auf der Höhe aus, Jess. Du bekommst doch keine Grippe, oder?« Simon hatte als aufmerksamer Arzt die dunklen Schatten unter ihren Augen bemerkt und die Lethargie, mit der sie ihnen ein leichtes Frühstück zubereitete.
    »Ich muss dir etwas gestehen. Bitte nicht böse sein«, begann sie. »Erinnerst du dich an den Morgen letzte Woche, als es so heftig geregnet hat? Ich konnte nicht malen, und als der Regen nachgelassen hat, bin ich zu diesem historischen Ort, Kingston, hinuntergefahren. Ich habe mir da mehrere Stunden lang die verschiedenen Häuser und das Museum angesehen.« Sie warf ihm einen kurzen Blick zu. »Ich war sogar auf dem Friedhof.«
    »Jess, ich …«
    »Ich weiß, du hast mir geraten, mich davon fernzuhalten, aber ich hatte nicht gedacht, dass es mir schaden könnte.«
    »Schaden? Inwiefern?«
    Sie versuchte, es möglichst locker klingen zu lassen. »Ich hatte eine merkwürdige Erfahrung. Ich wäre fast ohnmächtig geworden. Marcus war da und hat mich gerettet.«
    »Gerettet?« Simon war jetzt ganz aufmerksam und runzelte die Brauen. »Hast du an Damian gedacht?« Gott, es war ihr so gut gegangen, durch die Medikamente und durch das Malen. Er hatte gehofft, dass sie das Schlimmste überstanden hatte, dass die schlimmen Tage endgültig vorbei seien. Ihre Krankheit wurde irgendwie – lästig. Er schluckte seinen Frust herunter und wartete, dass sie weitersprach.
    »Nein. Wirklich nicht. Es war seltsam, Simon. Mir wurde auf einmal eiskalt. Ich konnte mich nicht mehr bewegen. Es war, als ob ich am Boden angefroren wäre.«
    Simon nickte unverbindlich. »Was hat Marcus gesagt?« Glücklicherweise war er da gewesen, als sie jemanden brauchte. Er musste daran denken, ihn anzurufen und sich zu bedanken. Marcus war ein guter Mensch. Jeder, der von ihm sprach, mochte und respektierte ihn, seine Arbeit und eigentlich seine ganze Familie.
    Jessica versuchte, die Sache mit einem Lachen abzutun, aber es klang erstickt. »Er hat gesagt, ich wäre möglicherweise von einem Geist heimgesucht worden. Ziemlich lächerliche Idee, fand ich.«
    »Und …?«
    »Nun, seitdem habe ich merkwürdige Träume. Es sind mehr als Träume, sie wandeln sich ständig zu schrecklichen Albträumen.« Sie sah ihn flehend an. »Ich verstehe nicht, warum, aber in den letzten vier Nächten habe ich nicht mehr richtig geschlafen. Ständig dringen Strafgefangene, Grausamkeit und Mord in meinen Schlaf ein. Es ergibt einfach keinen Sinn.«
    Er betrachtete eine Weile eingehend ihr Gesicht und dachte darüber nach, was sie gesagt hatte. Dann streichelte er ihre Hand. »Für mich auch nicht. Ich schätze, dass das, was du gelesen und gesehen hast, sich auf irgendeine Weise in deinem Unterbewusstsein festgesetzt hat und in den Träumen wieder hochkommt. Einer Theorie zufolge entledigt sich das Gehirn in Träumen der Dinge, die es nicht speichern kann oder will.« Er grinste sie an. »Keine sonderlich wissenschaftliche Erklärung. Ich vermute, dass Nikko es besser könnte, aber zumindest scheint es so.«
    »Aber ich kann nicht schlafen, ich bin ausgelaugt.« Ihr Blick wanderte zum Wintergarten und zu der Staffelei mit dem halbfertigen Bild von der Landschaft um die Anson Bay. »Selbst wenn ich tagsüber ein Nickerchen mache, kommen die Albträume.«
    »Ich könnte dir ein leichtes Beruhigungsmittel verschreiben, das könnte helfen.«
    »Du weißt, dass ich nicht gerne Medikamente nehme.
    Es … das kommt mir dann so vor, als ob ich den leichtesten Weg wählen würde«, protestierte sie und fuhr sich mit der Hand durch das braune Haar, das langsam nachwuchs und fast ihre Schultern wieder erreicht hatte.
    »Aber

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