Das Lied der roten Steine: Australien-Saga (German Edition)
milde ausgedrückt, launisch.«
»Schlechte Laune ist in Hunter's Glen kein Grund, schwierig zu sein. Meine Familie hat das nie akzeptiert, und ich habe es nicht bei meinen Kindern akzeptiert, daher werde ich es auch nicht bei Marcus' beiden akzeptieren.«
»Was akzeptieren?«, fragte eine männliche Stimme.
Jessica wandte sich um und sah Marcus mit Kate im Arm in der Tür stehen. »Wir reden gerade über Teenager und Launen«, erklärte sie.
Völlig unerklärlich war ihr jedoch ihre eigene Reaktion, als sie ihn so ansah. Sie fühlte eine Welle des Glücks. Sie fühlte sich sicher, und – ja, da war noch etwas mehr. Aber sie vermied es absichtlich, diese Reaktion zu analysieren. Hatte sie im Moment nicht genug Probleme, auch ohne dass sie sich von dem Mann, der ihr helfen sollte, ihre psychologischen »Schwierigkeiten« zu überwinden, sexuell angezogen fühlte? Mit Sicherheit!
Jessica schaute sich im Raum um und war zuversichtlich, dass sie hier in Hunter's Glen keine seltsamen Träume haben oder körperlose Stimmen hören würde. Aus ir gendeinem, nicht sonderlich logischen Grund glaubte sie, dass Marcus' bloße Anwesenheit für ihre Sicherheit sorgen würde. Mein Gott, Jessica, befahl sie sich selbst, krieg dich wieder ein. Sie versuchte, sich darauf zu konzentrieren, was Marcus sagte.
»Ach so. Meine Theorie ist, dass man Teenager so viel wie möglich beschäftigen sollte, damit sie gar keine Zeit haben, schlechte Laune zu haben. Stimmt's Kate?«
»Das mit der Beschäftigung schon«, erwiderte Kate trocken und boxte ihren Vater leicht auf den Arm, bevor sie schnell außer Reichweite sprang. »Komm Dad, du hast mir vor dem Essen einen Motorradausflug versprochen.«
Marcus grinste Jessica an. »Verflixte Kinder.«
Dann drehte er sich um, bevor er verriet, wie froh er war, sie hier in Nans altem Kinderzimmer zu sehen. Jessica sah aus, als ob sie hier zu Hause wäre, in Shorts und kurzem Top, inmitten der ganzen Kleinigkeiten, die Nan im Laufe der Jahre angehäuft hatte. Das eiserne Einzelbett mit dem Patchwork-Quilt, die zahllosen Familienfotos an der einen Wand, die verblichene Tapete, die dringend erneuert werden musste. Die hohe alte Kommode aus Zedernholz und die niedrige Kommode aus Walnussholz, die mehreren Generationen gute Dienste geleistet hatten. Er dachte daran, dass sie zwei Nächte lang mit ihm unter demselben Dach schlafen würde, zwei Nächte lang wäre sie nur ein paar Türen weit weg. So nah, doch andererseits so fern.
Marcus würde dafür sorgen, dass er die Zeit, die sie hier verbrachte, so gut wie möglich nutzte. Auf der Ebene vom Patienten zum Psychologen brauchte er ihr vollkommenes Vertrauen, doch sie war nach wie vor zurückhaltend. Intuition und jahrelange Erfahrung sagten ihm, dass ihre Beziehung zu Simon der Hauptgrund für diese Zurückhaltung war. Selbst jemand mit schlechten Augen konnte erkennen, dass die Ehe belastet war und dass dieser Bruch ihren Geist und ihre Gefühle stark beanspruchte. Aufgrund der Notizen, die Nikko ihm geschickt hatte, wusste er, dass sie beide in den letzten sieben Monaten viel durchgemacht hatten. Doch Simon schien mit seiner Geduld, was Jessicas Probleme betraf, am Ende zu sein, weshalb er wahrscheinlich so offensichtlich froh gewesen war, ihren Fall in seine Hände abzugeben. Und aus nicht ganz professionellen Gründen wusste er, dass er Jessicas Problemen wirklich auf den Grund gehen musste, und zwar bald, bevor es sie wirklich geistig zu stark belastete.
»Nach dem Essen werden wir zu einer Partie Scrabble herausgefordert«, verkündete er. »Die Jungen gegen die nicht mehr ganz so Jungen.« Er zwinkerte ihr zu. »Ich hoffe, du kannst gut buchstabieren, denn meine beiden schlagen mich normalerweise vernichtend.«
Jessica dachte eine Weile nach, dann grinste sie. »Na, ich glaube, wir werden sie etwas schwitzen lassen für ihr Geld.«
Marcus stöhnte auf. »Erwähne bloß nicht das Wort Geld. Sie werden mit mir wetten wollen, dass sie gewinnen, und dann muss ich ihnen versprechen, ihnen das Taschengeld zu erhöhen.«
»Na, dann sollten wir aufpassen, dass sie nicht gewinnen.«
Die Erwachsenen verloren beim Scrabble mit zwei Spielen zu einem, was Marcus befriedigte, da es technisch gesehen wenigstens keine katastrophale Niederlage war. Nachdem Rory, Kate und Nan ins Bett gegangen waren, saßen Marcus und Jessica noch auf der Holzterrasse bei einer letzten Tasse Kaffee zusammen.
Insgeheim war Marcus sehr zufrieden mit Jessica. Sie
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