Das Lied der Sirenen
Mitglieder hier in Bradfield.«
Merrick sah Carol bewundernd an, Kevin eher ein wenig frustriert, und beide fragten sich im stillen, wie es kam, daß Inspector Jordan auf alles eine Antwort wußte.
Tom Cross schaute sich die Titelseite der
Sentinel Times
an, und er verzog die Lippen zu einem zufriedenen Grinsen, was die Zigarette in seinem Mundwinkel hoch und nieder wippen ließ. Penny Burgess mochte gedacht haben, sie sei der agierende Teil bei ihrer kleinen Unterhaltung gestern abend gewesen, aber Cross wußte es besser. Er hatte die Spinne zur Fliege geführt, und sie hatte genau das getan, was er von ihr erwartet hatte. Ehre, wem Ehre gebührt, sie hatte sogar mehr getan. Diese Zeilen, wie die Polizei nach Auffassung der
Sentinel Times
hilflos in dem Fall herumgestochert und diesen verdammten Dr.Hill als letzte Hoffnung engagiert hatte, waren ein echter Knüller.
Es würde heute eine Menge verärgerter Polizisten in Bradfield geben. Das war das Racheelement in Tom Cross’ Spielchen mit Penny Burgess. Aber es würde auch noch jemand anderen wütend sein. Wenn er die heutige Zeitung las, würde der Killer an die Decke gehen.
Tom Cross drückte seine Zigarette aus und nippte an seinem Tee. Er faltete die Zeitung zusammen, legte sie auf den Tisch vor sich und blickte eine Weile aus dem Fenster des Cafés. Dann steckte er sich die nächste Zigarette an. Er war entschlossen, den Schwulenkiller zu provozieren. Und wenn Cross ihn provoziert hatte, würde der Killer unvorsichtig werden, würde Fehler machen. Und wenn Stevie McConnell das tat, würde Tom Cross zur Stelle sein. Er würde den traurigen Figuren an der Spitze der Kripo in Bradfield zeigen, wie man einen Mörder zur Strecke bringt.
Um zehn vor drei war Tony zurück in seinem Büro. Dennoch war er nicht früh genug, was Carol betraf. »Inspector Jordan ist schon da«, empfing ihn Claire, noch ehe er die Tür zum Vorzimmer hinter sich geschlossen hatte, und nickte zu seinem Büro hin. »Sie wartet da drin auf Sie. Ich habe ihr gesagt, Sie würden gleich kommen.«
Tony reagierte mit einem verkrampften Lächeln. Als er zur Türklinke griff, kniff er die Augen zusammen und atmete tief durch. Er zwang ein Lächeln auf sein Gesicht, von dem er hoffte, es würde herzlich wirken, und trat ein. Carol, die aus dem Fenster geblickt hatte, drehte sich um und sah ihn kühl und abschätzend an. Tony drückte die Tür hinter sich zu und lehnte sich dagegen.
»Sie schauen aus wie ein Mann, der gerade in eine Pfütze getreten ist, die tiefer als seine Schuhe war«, stellte Carol fest.
»Das wäre schon eine Verbesserung«, sagte Tony, und in seiner Stimme lag mehr als nur eine Spur Ironie. »Normalerweise fühle ich mich wie jemand, der in eine Pfütze getreten ist, die tiefer als sein Kopf war.«
Carol trat einen Schritt auf ihn zu, blitzschnell überlegend, wie sie reagieren sollte. »Mir gegenüber brauchen Sie sich nicht so zu fühlen. Gestern nacht … nun ja, Sie waren nicht ganz aufrichtig, und ich habe die Signale mißverstanden. Wollen wir nicht das alles vergessen und uns auf das konzentrieren, was zwischen uns wichtig ist?«
»Und das wäre?« Tonys Frage klang unpersönlich wie von einem Therapeuten, eher beiläufig als herausfordernd.
»Zusammenzuarbeiten, um den Mörder zu überführen.«
Tony stieß sich von der Tür ab und rettete sich in die Sicherheit seines Schreibtischstuhls, mit dem Schreibtisch als Puffer zwischen sich und ihr. »Damit bin ich voll einverstanden.« Er lächelte sie verkrampft an. »Glauben Sie mir, ich bin weit besser in professionellen Beziehungen als in denen der anderen Art. Sehen wir das als möglichen Ausweg an.«
Carol zog sich einen Stuhl zum Schreibtisch und setzte sich. Sie schlug die in Hosen steckenden Beine übereinander und faltete die Hände im Schoß. »Lassen Sie uns jetzt das Profil ansehen.«
»Aber wir müssen uns doch nicht benehmen, als wären wir Fremde«, sagte Tony ruhig. »Ich respektiere Sie, und ich bewundere an Ihnen, daß Sie gegenüber neuen Aspekten der kriminologischen Arbeit so aufnahmebereit sind. Sehen Sie, ehe … ehe das gestern nacht passiert ist, schienen wir uns auf eine Freundschaft zuzubewegen, die über die berufliche Zusammenarbeit hinausgeht. War das eine schlechte Sache? Könnten wir nicht dazu zurückkehren?«
Carol zuckte mit den Schultern. »Es ist nicht so einfach, sich mit jemandem anzufreunden, wenn man wie ich eine Schwäche offenbart hat.«
»Ich glaube nicht, daß
Weitere Kostenlose Bücher