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Das Lied der weißen Wölfin: Kanada-Roman (German Edition)

Das Lied der weißen Wölfin: Kanada-Roman (German Edition)

Titel: Das Lied der weißen Wölfin: Kanada-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Bouvier
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sie nicht zu ihresgleichen gehörte.
    Aber mittlerweile machte das Marie nichts mehr aus. Im Gegenteil, sie reckte sich stolz, als sie antwortete: »Ja, die bin ich. Und ich muss wirklich sagen, dass Selkirk eine der schönsten Schulen hat, an denen ich je unterrichten durfte.«
    »Eigentlich heiraten Lehrerinnen eher selten«, begann eine ältere Dame in Dunkelrot, nachdem sie kurz zu Linda Bellamy hinübergeschaut hatte. »Haben Sie vor, Ihren Beruf nach der Hochzeit aufzugeben?«
    Diese Frage traf sie wie ein Stich. Woher kam nur das Talent mancher Leute, genau ihre Schwachstelle ausfindig zu machen?
    »So habe ich es mit meinem Verlobten vereinbart.« Marie blickte sich zu Jeremy um, der die Aufmerksamkeit sichtlich zu genießen schien.
    »Eine Lehrerin sollte voll und ganz für ihre Schüler da sein und sich nicht durch Herzensdinge ablenken lassen«, setzte die Frau im süßlichen Ton hinzu, der Marie nur allzu sehr an die grässlichen Frauen vom Elterntag erinnerte.
    »Das sehe ich ebenso«, entgegnete sie, all ihre Beherrschung aufbringend. »Aber da wir beschlossen haben, aufgrund des Todes von Mrs Plummer die Hochzeit noch ein Weilchen aufzuschieben, sah ich keinen Grund, warum ich nicht der Gemeinschaft meine Dienste anbieten sollte. Ich versichere Ihnen, mit ebensolcher Leidenschaft werde ich mich um die Belange der Kirchengemeinde kümmern, sobald Jeremy und ich Mann und Frau sind.«
    Aus dem Augenwinkel heraus bemerkte sie, dass Mr Bellamy verschmitzt vor sich hinlächelte. Den Frauen schien bereits jetzt das Pulver ausgegangen zu sein, denn es senkte sich eine unangenehme Stille auf die Gruppe. Hier und da meinte Marie ein Tuscheln zu vernehmen, doch glücklicherweise verstand sie nicht, was da geredet wurde.
    »Daran zweifele ich nicht«, beendete Matthew Bellamy die Stille. »Sie werden gewiss ein wertvolles Mitglied unserer Gemeinschaft sein. Was unterrichten Sie hier?«
    »Deutsch, Naturkunde und Geografie. Und natürlich Algebra, sollte Mr Isbel gerade mit den höheren Klassen beschäftigt sein.«
    Matthew nickte ihr beeindruckt zu. »Das klingt nach sehr viel Wissen für eine Frau. Vielleicht sollte ich meine Kinder zu Ihnen in die Nachhilfe schicken.«
    So säuerlich, wie Linda ihren Gatten daraufhin ansah, konnte es wirklich nicht weit her sein mit den Leistungen, die ihre Kinder erbrachten.
    »Ich stehe Ihnen jederzeit zur Verfügung, wenn Sie meinen Rat benötigen.«
    Marie lächelte ihren Gesprächspartner an, und damit war die Vorstellrunde beendet. Am Arm von Jeremy entfernte sie sich wieder von der Gruppe.
    »Das hast du hervorragend gemeistert«, bemerkte Jeremy, als sie außer Hörweite waren. »Mrs Tremayne ist ein berüchtigtes Schandmaul; glücklicherweise stammt sie nicht aus der Stadt und weiß so auch nichts über die genaueren Umstände deiner Ankunft hier.«
    »Dass wir überfallen wurden und ich bei den Cree gelebt habe, meinst du?« Eine Welle der Abneigung erwachte in Marie. Als ob man durch unglückliche Umstände zu einem schlechteren Menschen wurde!
    Jeremy ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Genau das meine ich. Und gegenüber diesen Leuten hier solltest du das auch nie erwähnen. Jedes Körnchen Wissen, das sie über dich erlangen, kann in ihren Händen zur scharfen Waffe werden. Viele dieser Leute wären sogar in der Lage, auf ewig dein Fortkommen zu verhindern, ohne dass du es merkst.«
    Marie lief ein Schauder über den Rücken. Auf einmal erschienen ihr die ganzen juwelenumkränzten Gesichter noch feindseliger, und sie ersehnte die Stunde, an der sie den Ball wieder verlassen konnte.
    »Du bist so blass, fehlt dir etwas?«, bemerkte Jeremy nun, nachdem er sie angeschaut hatte.
    »Nein, ich bin nur nicht so viele Menschen auf einmal gewohnt«, entgegnete Marie, während sie sich an die Wangen griff. War sie wirklich blass? Abgesehen von der kleinen Atemnot, die Jeremys Worte hinterlassen hatte, ging es ihr eigentlich recht gut. Besonders jetzt, da sie aus dem Dunstkreis von Linda Bellamy heraus war.
    »Ich werde dir eine kleine Erfrischung holen; dann sollte es dir wieder besser gehen.«
    Irrte sie sich, oder verschwand Jeremy eine Spur zu schnell in Richtung Buffet? Wahrscheinlich bildest du dir das nur ein, sagte sie sich. Er ist besorgt, sonst nichts.
    Inmitten der fröhlich plaudernden Leute fühlte sie sich ein wenig fehl am Platz, da Jeremy aber mit Getränken zu ihr zurückkehren würde, entschloss sie sich, stehen zu bleiben. Wie gern wäre ich jetzt

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