Das Lied des Kolibris
sich wegzurollen. In Windeseile war er über ihr. Er riss ihr Kleid hoch, zwang ihre Beine auseinander und machte sich mit den Fingern an ihrer intimsten Stelle zu schaffen. Lua versteifte sich. Es gelang ihr gerade noch, »nein« zu schluchzen. Aber ihr Flehen verklang ungehört. Zé stieß die Finger in sie hinein, so lange, bis er sie genügend geweitet zu haben glaubte, dass er nun sein Geschlecht in sie einführen konnte. Aber sie war alles andere als offen für ihn. Gewaltsam zwang er sein großes Glied in ihre schmale, trockene Öffnung, und während sie weiter still weinte, grunzte er vor Lust.
Es tat nicht lange weh. Nach einer Weile, die sie regungslos dagelegen und die Schmach über sich hatte ergehen lassen, ließ der Schmerz nach. Lua hasste ihren Körper dafür, dass er sie verriet. Wie konnte ihr Leib zulassen, was ihr Kopf noch immer nicht verstehen konnte? Zés Stöße wurden immer schneller und heftiger. Er keuchte und schwitzte und befand sich in einer Art Trance, in der er nur noch aus Leidenschaft zu bestehen schien. Dann bäumte er sich auf und stöhnte tief. Ein Zittern durchlief seinen Körper, oder eher ein Beben, bevor sie seinen heißen Samen in sich hineinströmen fühlte. All das registrierte Lua in einem Zustand der Starre, in dem ihr Körper dennoch glühte und ein beunruhigendes, lustvolles Pulsieren durch ihren Unterleib ging. Sie verachtete sich selbst mehr als Zé. Und sie schämte sich fast zu Tode.
Nachdem Zé auf ihr zusammengesackt war, ohne indes sein Geschlecht aus ihr zurückzuziehen, bedeckte er ihren Hals mit Küssen und murmelte zärtliche Worte. Lua glaubte, nicht richtig zu hören, als er leise in ihren Busen raunte, wie sehr er sie liebte, wie sehr er sie begehrte, wie sehr er sie zu seiner Frau wollte, wie sehr er auf diesen Moment der Vereinigung gewartet hätte, wie schwer es ihm gefallen sei, sich während der vergangenen Wochen zurückzuhalten.
Liebe? Wenn es das war, was er unter Liebe verstand, dann wollte sie keineswegs von ihm geliebt werden! Sie merkte, dass noch immer Tränen an ihren Wangen hinabliefen, und plötzlich wollte sie, dass Zé ihr Weinen nicht bemerkte. Sie wollte so schnell wie möglich fort von hier, und sie wollte nicht erniedrigt gehen, sondern stolz.
»Bist du fertig?«, sagte sie kühl und mit dem letzten Rest an Selbstachtung, der ihr geblieben war. »Dann gehe ich jetzt.«
Sie rappelte sich auf, rollte ihr Kleid herunter und schickte sich an, die Hütte zu verlassen.
»Warte!«, rief Zé in dringlichem Ton. »Lua, bitte, warte doch. Es tut mir leid. Ich wollte dir nicht weh tun.«
»Du hast mir nicht weh getan«, brachte sie ohne ein Zittern in der Stimme hervor. Dann schlüpfte sie eilig durch die Türöffnung und rannte fort.
Lua hatte nicht darüber nachgedacht, wohin sie sich retten konnte. Unwillkürlich lief sie zum Fluss, in dem sie ihre Tränen und ihren besudelten Leib abwaschen konnte. Doch im Dunkeln war sie hier nie gewesen, und erst als sie am Ufer ankam, ging ihr auf, dass es vielleicht ein gefährliches Unterfangen war, ohne Begleitung ins Wasser zu gehen. Sie tat es dennoch. Viel scheußlicher als das, was sie eben erlebt hatte, konnte auch ein Angriff von einem Krokodil nicht sein. Bei der Erinnerung stiegen neue Tränen in ihr auf. Der Mann, den sie liebte, hatte sie gegen ihren Willen genommen!
Oder trug sie eine Mitschuld? Hatte sie sich nicht noch Minuten vor Zés Überfall nach der Vereinigung mit ihm gesehnt und ihm dies auch deutlich gezeigt? Und war nicht sie es gewesen, die als Erste zu körperlicher Gewalt gegriffen hatte, als sie ihm die Ohrfeige gab? Und hatte nicht schließlich ihr Körper mit Lust und offensichtlichem Vergnügen auf Zés Grobheiten reagiert? Wie sollte er ahnen, dass sie mit dem Herzen etwas ganz anderes wollte? Ach, sie wusste nicht mehr, was sie denken sollte.
Sie stieg aus dem Fluss, streifte ihr Kleid über und ging zu der Stelle, an der sie nachmittags die Wäsche zum Trocknen aufgehängt hatte. Sie betastete die Wäschestücke und stellte erleichtert fest, dass sie schon getrocknet waren. Dann nahm sie sich ein großes Laken von der Leine und ging damit zu der Feuerstelle. Dort wickelte sie sich von Kopf bis Fuß in das Laken, legte sich hin und zog einen Zipfel des Tuchs über ihr Gesicht, um es vor Ungeziefer und Mücken zu schützen. Sie fiel augenblicklich in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
Es war Marilu, die als Erste erwachte und Lua dort an der Feuerstelle fand,
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