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Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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gesellten, um ein Schwätzchen zu halten. In einem unbeobachteten Moment sprang Anna auf das Fuhrwerk und kauerte sich zwischen die Säcke, indem sie ihren Umhang über sich legte. Bald darauf bestiegen die Fuhrleute den Wagen, ohne der Ladung weitere Beachtung zu schenken, und lenkten ihn durch das Wollnertor in die Stadt. Überschäumende Freude breitete sich in ihr aus, als sie endlich die vertrauten Geräusche und Gerüche ihrer Heimatstadt wahrnahm.

KAPITEL 11
    Z wei Wochen, nachdem er die Hure ausgetilgt hatte, hörte er wieder die Stimme des Herrn.
    Elia, die Zeit ist gekommen, nach gottesfürchtigen Männern zu suchen, die meinen Willen tun wollen, bevor der Tag naht, an dem ich den Erdkreis richte und die Böcke von den Schafen trenne. Darum sollst du ein Menschenfischer sein, wie mein Apostel Petrus es einst gewesen ist.
    Pankratius verharrte auf den Knien und lauschte, aber er vernahm keine weiteren Worte mehr in seinem Inneren. Er erhob sich und trat vor das Kruzifix, um wie stets, wenn er eine Stunde im Gebet verbracht hatte, den Blick auf dem gekreuzigten Christus ruhen zu lassen. Er hob eine Hand. Fast zärtlich zeichnete er mit den Fingern die geschnitzten Linien des gemarterten Korpus nach. » Was hast du nur alles erlitten? « , flüsterte er. » Hilf mir, mich deiner würdig zu erweisen. «
    Am folgenden Tag begann er damit, auf den Marktplätzen, den Stufen vor der Sebalduskirche und St. Lorenz Bußpredigten zu halten. Stets sammelte sich schon nach kurzer Zeit eine stattliche Anzahl Bürger um ihn und folgte andächtig seinen Worten über den Tag des Herrn, das bevorstehende Gericht und die ewigen Höllenqualen, die all jene treffen würden, die nicht Buße taten. Zwar gab es in der Stadt viele Männer, die Ähnliches verkündeten, jedoch gelang es keinem gleichermaßen, die Zuhörer in den Bann zu ziehen. Bald darauf hatte er ausreichend Männer um sich geschart, die glaubten, dass der allmächtige Gott ihn als Seinen letzten Propheten berufen hatte. Denjenigen, von dem es in der Heiligen Schrift hieß, er bereite die Wiederkunft Christi vor wie einst Johannes der Täufer bei seinem ersten Auftreten am Jordan. Zu diesen ersten Anhängern des neuen, wortgewaltigen Bußpredigers gehörten der Apotheker Johann Samer, Lukas Wendel, der eine Weißgerberei betrieb, und Augustin Hofer, ein wohlhabender Brauer und angehendes Ratsmitglied. Als Hofer hörte, dass der Prophet des Herrn in einer billigen Schänke am Saumarkt wohnte, bot er ihm an – beschämt von der Bescheidenheit des Propheten –, in sein vierstöckiges Haus in der Nähe der Pegnitz zu ziehen. Seine Frau stelle ihm eine Kammer zur Verfügung, in der Pankratius in Ruhe beten und in der biblia forschen konnte.
    Sebastian wälzte sich in seinem Bett. Wenn er früher keinen Rat wusste, hatte er sicher sein können, Anna an seiner Seite zu wissen. Sie hatte ihn vor dem Onkel Gerald in Schutz genommen und ihm mit kleinen Gesten zu verstehen gegeben, dass sich alles zum Guten wenden würde. Manchmal war er versucht, den Sattler um einen freien Tag zu bitten, um nach Regensburg fahren und Anna besuchen zu können. Sicher würde sich ein Händler finden, der ihn mit in die Stadt nahm. Sogar ein wenig gespart hatte er, um den Fuhrmann zu entlohnen. Da er aber erst kurze Zeit bei Sepps Vater arbeitete, erschien ihm dieses Ansinnen etwas unverschämt. Er wollte sich noch gedulden, auch wenn es ihm täglich schwerer fiel. Anna machte sich gewiss schon Sorgen.
    Als Sebastian sich auf die andere Seite drehte, fand er Sepps Bett leer vor. Der Sohn des Sattlers hatte ihm nach dem Abendessen erklärt, noch in eine Schänke zu wollen, um ein paar Freunde zu treffen. Sebastian hatte keine Lust verspürt, ihn zu begleiten, da ihm jeder Muskel von der ungewohnten Arbeit schmerzte. Ein Klopfen auf Holz ließ ihn aufhorchen, und er setzte sich auf. Da war ein Rascheln vor dem Fenster, dann Schritte, und es wurde abermals geklopft, diesmal ungeduldiger. Behände huschte er aus dem Bett, warf sich seinen Umhang über. » Ist da jemand? « , flüsterte er und spähte in die Nacht.
    » Ich bin’s, Sepp. « Einen Moment später tauchte die vertraute Gestalt des Freundes vor ihm auf. » Zieh dich an, Bastian. Schnell. «
    » So spät noch? Ich liege schon im Bett. Wieso bist du nicht längst zurück? «
    » Stell keine Fragen, mach schon! Ich warte beim Schwarzen Hahn auf dich. «
    » Ist ja gut, ich komm gleich. «
    Sebastian eilte in die Kammer. Rasch zog er

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