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Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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Holzschnitzer förderte einen länglichen, in eine dünne Lederhaut eingeschlagenen Gegenstand zutage und öffnete ihn. Ein Pergament, unbeschrieben, aber offenbar alt, soweit der Buchmaler dies im Licht der Kerze auf dem Tisch beurteilen konnte.
    Er hob den Blick. » Was soll ich damit anfangen? «
    » Ich sagte ja bereits, es handelt sich um einen ungewöhnlichen Auftrag. Wir möchten, dass du ein Schriftstück anfertigst, in dem das Kommen eines Propheten angekündigt werden soll, eines Mannes namens Elia. «
    Korbinian beugte sich vor. » Sprechen wir über eine der Prophezeiungen aus der biblia? «
    » Nein. « Mutz leckte sich über die fleischigen Lippen. » Wir sprechen über das Auftreten des Propheten Elia im Jahre des Herrn fünfzehnhundertzweiundzwanzig. «
    » Ich verstehe nicht. «
    Nun ergriff Dietrich Bratler das Wort. » Dann lasst es mich Euch erklären, Herr Dietl. Wir benötigen dieses Pergament, in dem vorhergesagt ist, dass im Jahre fünfzehnhundertzweiundzwanzig der letzte Prophet des Herrn auftreten wird. Den genauen Wortlaut werden wir Euch noch mitteilen, wenn Ihr einwilligt, diesen Auftrag auszuführen. «
    » Also im vergangenen Jahr. « Verwirrt fuhr sich Korbinian über das Gesicht. » Der Prophet Elia, sagtet Ihr. Aber da ist doch gar kein … «
    » Er ist gekommen, Dietl « , unterbrach ihn der Mann. » Glaubt mir, er ist bereits gekommen. Leider haben die meisten Menschen das immer noch nicht begriffen. Deshalb wollen wir ein wenig nachhelfen. Das Pergament wird auch die letzten Zweifler überzeugen. «
    » Aber das wäre ja eine … Fälschung! Erwartet Ihr wirklich von mir, so etwas mitzumachen? « Korbinian sah mit kaum verhohlener Entrüstung zu Mutz.
    » Der Zweck heiligt die Mittel, Korbinian. Es soll dein Schaden nicht sein. «
    Der Buchmaler erhob sich mit einem Ruck . » Ihr müsst verrückt sein. «
    » Überlegt es Euch gut. « Bratler streckte den Rücken, stand ebenfalls auf und wies auf die auf dem Tisch liegende Tierhaut. » Wir bieten Euch fünf Goldgulden. Morgen kommen wir wieder und erwarten Eure Entscheidung. «
    » Die habe ich bereits getroffen. Sucht Euch einen anderen Dummen. «
    Konrad Mutz schüttelte den Kopf. » Dietl, wir suchen keinen Dummen, sondern einen Könner seiner Zunft. Und das bist du. « Er schlug den Mantel zurück und fasste nach seinem Geldbeutel. » Auf einen oder zwei Gulden mehr soll es uns nicht ankommen. Ich weiß, du brauchst das Geld dringend, also denk gut darüber nach. Ich gebe dir einen Goldgulden als Anreiz, dir die Sache noch einmal zu überlegen. «
    Schon wollte der Mann die Schnur seines Beutels aufziehen, aber Dietl hob die Hand.
    » Lass dein Geld, wo es ist, Konrad. Ich denke, ihr verlasst besser mein Haus. Sofort! «
    » Du wirfst uns hinaus, Korbinian? « , rief der Holzschnitzer aus. » Wie lange kennen wir uns nun schon? Acht Jahre, zehn Jahre? Ich dachte, wir sind Freunde? «
    » So? Dachtest du das? Na schön, wenn du meinst, Konrad. Damit das auch so bleibt, bitte ich euch, zu gehen. Nehmt das Pergament gleich mit. Ich will nichts damit zu tun haben. «
    Bratlers Miene versteinerte. » Offenbar habe ich mich in Euch getäuscht, Dietl! Mutz hat mir versichert, Ihr wärt ein guter Buchmaler, vielleicht der beste Nürnbergs – ich sehe allerdings nichts als einen Narren vor mir, denn nur ein Dummkopf schlägt ein derartiges Angebot aus! «
    » Haltet von mir, was immer Ihr wollt « , entgegnete Korbinian. » Für Gaunereien bin ich jedenfalls nicht zu haben, nicht einmal für hundert Goldgulden. Und jetzt verschwindet, bevor ich die Büttel rufen lasse! «
    » Ihr habt es so gewollt « , zischte Bratler, der Mutz nun am Arm fasste. » Kommt, mein Lieber, wir vergeuden hier nur unsere Zeit mit einem Ungläubigen. «
    Als sie kurz darauf die Tür geräuschvoll ins Schloss zogen, zuckte Korbinian wie unter einem Schlag zusammen. Wie betäubt ließ er sich auf einen der Stühle sinken und vergrub das Gesicht in den Händen. Fünf Goldgulden, mindestens. Kalter Schweiß stand ihm auf der Stirn, während ihm bewusst wurde, für wie viele Wochen er die Existenz seiner Familie samt der Werkstatt hätte sichern können. Aber selbst wenn er nicht gottesfürchtiger war als die meisten Menschen in dieser Stadt, so gab es für ihn Grenzen, die schier unverrückbar waren – und einen Teil der biblia zu verfälschen, gehörte eindeutig dazu. In Gedanken versunken begab sich Korbinian zurück in die Werkstatt, sein bestes Heilmittel

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