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Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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sträubte sich. Annas Handflächen wurden feucht, als eine unangenehme Stille eintrat, und sie fragte sich selbst, warum es ihr so schwerfiel, mit ihm über Martin zu reden. Was war schon dabei? Schließlich war Korbinian ihr gegenüber offen gewesen und hatte ihr von seinem Leben mit Martha erzählt. Durfte sie sich ihm nun verschließen?
    » Bitte entschuldige, es ist nicht so, dass ich Geheimnisse vor dir habe, aber … «
    Seine Augen senkten sich in ihre. » Aber was, Anna? Hast du etwa kein Vertrauen zu mir? «
    » Nein, nein « , wehrte sie ab, » im Gegenteil. Ich traue niemandem so wie dir. « Sie sah zu ihm auf und umschloss mit den Händen zärtlich sein Gesicht.
    Aus seinen Augen strahlte ihr etwas entgegen, das ein pures, unverhofftes Glücksgefühl durch ihre Adern jagte. Sie waren wie ein offenes Buch, in dem sie jederzeit zu lesen vermochte. Es drängte Anna, ihren Gemahl endlich wissen zu lassen, was sie soeben voller Freude entdeckt hatte, und sie küsste ihn.
    » Weißt du nicht, dass ich dich so gern habe wie niemanden sonst, Korbinian Dietl? «
    Einst hatte sie jede gestohlene Stunde mit Martin, jede Umarmung und jedes geflüsterte Wort der Liebe in ihrem Inneren verschlossen. Wie ein Kästchen, in dem man all die vielen Kleinigkeiten aufbewahrt, die einem etwas bedeuten. Ein Kästchen voller Erinnerungen, das man nach Wunsch verriegelt oder wieder öffnet. Aber es hatte nun jede Bedeutung für sie verloren.
    Korbinian riss sie aus ihren Überlegungen, indem er sie mit einer Innigkeit küsste, die ihr den Atem raubte.
    » Wie schön, ich wollte dich wirklich nicht bedrängen « , erwiderte er ein wenig heiser, nachdem er sie freigegeben hatte. » Nur eins muss ich wissen, Anna. «
    » Sag es mir. «
    Korbinian fuhr sich mit einer Hand durch die wilden Locken, und sie musste unwillkürlich lächeln. Doch an diesem Abend waren seine Finger ohne Farbflecke.
    » Angenommen, ich würde mit diesem Mann um dein Herz kämpfen. Hätte ich eine Aussicht, zu gewinnen? «
    Anna registrierte jede Regung in seinen aufgewühlt wirkenden Zügen und konnte der Versuchung nicht widerstehen, über seine mahlenden Kieferknochen zu streichen.
    » Was redest du nur für einen Unsinn, mein lieber Mann? « , brach es schließlich aus ihr heraus. » Niemand ist mir so wichtig wie du und Lenchen – und Sebastian natürlich. Ich möchte nicht mehr ohne dich sein. Du bist mein bester Freund und alles, was ich will. Martin gehört der Vergangenheit an, er war nichts als eine Täuschung, ein Irrglaube. Wir hätten nicht zueinander gepasst. Ich will ihn nie mehr sehen. «
    Korbinian räusperte sich, und sie konnte ihm deutlich anmerken, wie schwer ihm das Gespräch fiel. » Der Narr wird inzwischen von unserer Heirat erfahren haben. Solche Neuigkeiten sprechen sich allzu schnell herum. «
    » Gut möglich, Korbinian, aber das muss uns nicht berühren. Du, Lenchen und ich – das ist alles, was zählt. «
    Er fuhr ihr übers Haar und spielte mit einer ihrer dicken Strähnen. » Ich bin in diesen Dingen nicht besonders geschickt, Anna, war es noch nie. « Flüsternd kamen ihm die Worte über die Lippen. » Ich liebe dich von ganzem Herzen, verstehst du? « Korbinian bettete ihren Kopf an seiner Schulter, und sie konnte das Schlagen seines Herzens hören. » Ich hätte nicht gedacht, dass es möglich ist, ein zweites Mal sein Herz … sein Herz zu verschenken. Aber so ist es eben. « Er küsste ihre Stirn. » Ich gehöre dir für alle Zeit, Anna. «
    Korbinian eröffnete ihr einige Tage später beim Abendessen, nach Ansbach reisen zu wollen. Ein dort ansässiger Stadtschreiber namens Brandl hatte einen seiner Hausangestellten mit der Bitte vorbeigeschickt, der Buchmaler möge in die fünf Meilen entfernte Stadt kommen, um seinen Sohn zu porträtieren.
    » Ich werde zwei oder drei Tage fort sein, aber der Auftrag bringt uns ein paar Gulden, die wir dringend benötigen « , versprach Korbinian.
    » Wann wirst du aufbrechen? «
    » Gleich morgen früh. Ich möchte Ansbach vor Sonnenuntergang erreichen. « Korbinian schob seinen Stuhl zurück und erhob sich. » Ich muss noch Farben, Pinsel und Leinwand einpacken. Florian Tucher, ein alter Bekannter, fährt morgen zum Zisterzienserkloster Heilsbrunn, um seinen Bruder zu besuchen, und nimmt mich bis dahin mit. Von dort aus sind es noch etwa zwei Stunden Weges bis Ansbach. «
    » Warum kann der Sohn dieses Stadtschreibers nicht nach Nürnberg kommen und sich hier von dir malen lassen?

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