Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lied von Anevay & Robert (The Empires of Stones) (German Edition)

Das Lied von Anevay & Robert (The Empires of Stones) (German Edition)

Titel: Das Lied von Anevay & Robert (The Empires of Stones) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
Vom Netzwerk:
einen bizarren Vorteil. Man bezog die Taten, die man tun musste, nicht auf sich, sondern auf eine Bezeichnung, auf etwas Unfertiges. Etwas, das man jederzeit ändern konnte, sollte man dazu gezwungen sein.
    So glitt jede Schandtat davon ab, weil sie niemanden betraf, den man näher kannte. All das war nur eine Notwendigkeit. Und manchmal half es, etwas zu überleben, das nicht zum Überleben gedacht war.
    Zuallererst nahmen sie ihr die Haare. A brüllte und schlug um sich, aber das hämische Gelächter über ihrem Kopf war so amüsiert davon, dass sie schließlich stillhielt. Strähne um Strähne fiel von ihr ab. Kälte setzte sich auf ihre Haut. Sie weinte.
    Jetzt griff sie um ihren ersten Buchstaben wie ein verwundetes Tier, das nur noch existieren wollte.
    Sie trugen sie. Steine öffneten steinerne Münder, konnten flüstern, drehten sich um sich selbst. Treppen? Ein Turm? Oder ein endloser Lauf um das eigene Ich?!
    »Wie lang ist die olle Redbliss denn fort, Mr LaRue?» Ein Schlüsselbund klapperte, eine Tür quietschte. 
    »Lange genug, Männer«, freuten sich die Winterworte. A wollte ihnen wehtun, aber sie versackte im Schlamm, zähem, saugendem Schlamm.
    Sie wurde auf etwas geworfen, das hart gegen ihren Rücken prallte. Es war kalt, das konnte sie noch wahrnehmen, dann war Schluss mit der Gegenwehr.
    »So, Männer, kleine Pause, dann fangen wir an.«
     
    Die Augen in völliger Finsternis zu öffnen, war beängstigend, sich dabei nicht mehr bewegen zu können, war ein Albtraum. Anevay hörte ein Tropfen gleich hinter ihrem Kopf, das stetige hohle Flupp, wenn ein Wasserhahn nicht richtig zugedreht war. Sie war allein, das wenigstens konnte sie riechen.
    Ihr keuchender Atem klang nah, eingesperrt, also war der Raum nicht besonders groß. Er überschnitt sich sogar, also war der Raum rund! Ein Turmzimmer? In einem von den beiden Türmen, die sie gesehen hatte, als man sie hergebracht hatte?
    Sie lag auf einem Tisch, den man schräg nach hinten gekippt hatte. Der Kälte und Härte nach zu urteilen, die durch ihre Anstaltskleidung drang, war er aus Metall. Sie versuchte die Hände zu bewegen, doch die waren ebenso festgebunden, wie ihre Füße. Außerdem waren da - sie zählte - sechs weitere Riemen über ihrem Körper. Schienbein, Oberschenkel, Hüfte, Bauch, Brustkorb und Hals. Alle mindestens so breit wie ihre Hand. LaRue wollte wohl kein Risiko mehr eingehen, wie es schien.
    Wind heulte draußen vor den Mauern, sie hörte das gedämpfte Krachen von Donner. Blitze drangen durch zugenagelte Fensterritzen und tauchten den runden Raum für Bruchteile von Sekunden in ein Kabinett des Grauens. Aus den Augenwinkeln sah Anevay tadellose Maschinen dort im längst vergessenen Dreck stehen. Verblichene Zeitungen huschten über den Boden, da waren Kisten, Stapel von alter, mottenzerfressener, grauer Anstaltskleidung. Schimmel an den Wänden. Das Herz ihrer Vergangenheit begann gegen diese Vorahnung anzurennen, wollte davonlaufen.
    Plötzlich fingen all die Maschinen an zu summen, getrübtes Licht ging an und ein Schatten erhob sich zwischen zwei anderen Schatten. Die Schritte waren leicht versetzt. LaRue!
    »Vor vielen Jahren, als der Krieg noch tobte, da hat man noch nach Antworten gesucht, weißt du. Damals waren beide Seiten nicht gerade zimperlich, wenn es darum ging, die Wahrheit zu finden. Siedler, Territories. Sie alle wollten nur eines: Die Entschlüsselung der Magie des anderen!» Seine Stimme war leise, erklärend. Noch.
    »Unsere Zauberer verschwanden einfach in euren Wäldern, aber wir, wir wollten mehr. Wir brachten jeden Gefangenen hierher, damit ihr endlich euren Mund aufmacht.« Anevay schluckte, das Leder drückte auf ihre Kehle.
    »Schwarzes Glas, wie genial, oder? Vielleicht glaubt ihr, der Krieg sei vorüber, alle machen einen Schritt zurück, setzen sich den Heiligenschein eines Kompromisses auf das Haupt. Wir befolgen, was ein paar wirre Trottel, die just die Fahne halten, da eben unterschrieben haben?« Er holte Luft. 
    »NEIN!« Jetzt war der Winter so nah wie nie zuvor. Anevay schloss die Augen.
    »Du hast mich in meinem eigenen Haus angegriffen! Du warst schneller als mein verdammter Kupferwächter, hast wertvolle Gegenstände zerstört. Jetzt muss ich ihn deinetwegen wieder einschmelzen lassen, weißt du eigentlich, wie teuer das ist?«
    Ein halbherziger Schlag traf ihr Bein. Anevay presste die Lippen aufeinander. Sie wollte fort von hier, sie musste es, doch wohin?
    »Oh, schweigender Stolz

Weitere Kostenlose Bücher