Das Lied von Eis und Feuer 03 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 03 - A Clash of Kings (Pages 1-332)
Worte nicht Lügen, sondern lasst nur die Welt wissen, dass Ihr sie fürchtet.«
»Was sollten wir also Eurer Meinung nach unternehmen?«, verlangte seine Schwester zu wissen.
»Sehr wenig. Mögen sie wispern, bald genug werden sie der Geschichte müde werden. Ein jeder mit einem Fingerhütchen voll Verstand wird darin sowieso nur einen plumpen Versuch sehen, den Raub der Krone zu rechtfertigen. Hat Stannis irgendwelche Beweise vorgelegt? Wie könnte er, da es sich niemals so zugetragen hat?« Tyrion schenkte seiner Schwester sein freundlichstes Lächeln.
»Das stimmt«, musste sie eingestehen. »Dennoch …«
»Euer Gnaden, Euer Bruder hat Recht.« Petyr Baelish legte die Finger aneinander. »Versuchen wir, dieses Gerede zum Verstummen zu bringen, verleihen wir ihm nur Glaubwürdigkeit. Strafen wir diese jämmerliche Lüge besser mit Verachtung. Und in der Zwischenzeit vergelten wir Gleiches mit Gleichem.«
Cersei warf ihm einen abschätzenden Blick zu. »Wie das?«
»Vielleicht mit einer ähnlichen Geschichte. Aber einer glaubwürdigeren. Lord Stannis hat einen großen Teil seiner Ehe von seiner Gemahlin getrennt verbracht. Das ist gewisslich nicht seine Schuld, ich würde es ebenso halten, wäre Lady Selyse meine Angetraute. Nichtsdestotrotz könnten wir verkünden, ihre Tochter sei nicht ehelich geboren und Stannis ein Hahnrei, nun … das gemeine Volk nimmt die schlimmsten Geschichten über die Lords stets mit Freuden für bare Münze, vor allem die über solch strenge, missmutige und empfindlich stolze Lords wie Stannis Baratheon.«
»Besonders beliebt war er nie, das stimmt.« Cersei dachte
einen Augenblick darüber nach. »Zahlen wir es ihm also mit gleicher Münze heim. Ja, die Idee gefällt mir. Wen könnten wir bezichtigen, der Liebhaber von Lady Selyse zu sein? Sie hat, glaube ich, zwei Brüder. Und einer ihrer Onkel war die ganze Zeit über mit ihr auf Drachenstein …«
»Ser Axell Florent ist ihr Kastellan.« So ungern Tyrion es auch zugab, Kleinfingers Plan klang viel versprechend. Stannis hatte seine Gemahlin niemals geliebt, aber er gebärdete sich stachelig wie ein Igel, wenn seine Ehre in Zweifel gezogen wurde, und zudem war er von Natur aus misstrauisch. Falls sie Zwietracht zwischen ihm und seinen Gefolgsleuten säen konnten, würde dies ihrer Sache dienlich sein. »Das Kind hat die Ohren der Florents, wurde mir gesagt.«
Kleinfinger winkte träge ab. »Ein Handelsvertreter aus Lys hat mir gegenüber einst erwähnt, Lord Stannis müsse seine Tochter sehr lieben, da er Hunderte von Statuen, die nach ihrem Abbild geschaffen wurden, entlang der Mauern von Drachenstein habe aufstellen lassen. ›Mylord‹, musste ich ihm erklären, ›das sind Wasserspeier.‹« Er kicherte. »Ser Axell wäre gewiss gut als Sharins Vater geeignet, aber meiner Erfahrung nach verbreiten sich die bizarrsten und schockierendsten Geschichten stets am schnellsten. Stannis hält sich einen außerordentlich grotesken Narren, einen Schwachsinnigen mit tätowiertem Gesicht.«
Der Großmaester starrte ihn entsetzt an. »Gewiss wollt Ihr doch nicht unterstellen, dass Lady Selyse einen Narren in ihr Bett lassen würde?«
»Man muss ein Narr sein, wenn man sich zu Selyse Florent legen möchte«, erwiderte Kleinfinger. »Zweifelsohne hat Flickenfratz sie an Stannis erinnert. Und die besten Lügen tragen stets ein Körnchen Wahrheit in sich, gerade so viel, dass der Zuhörer aufmerkt. Außerdem ist der Narr dem Mädchen vollkommen ergeben und folgt ihr überallhin. Sie sehen sich sogar ähnlich. Sharin hat ein fleckiges, halbgelähmtes Gesicht. «
Pycelle war verwirrt. »Aber das kommt von den Grauschuppen, die sie als Säugling beinahe das Leben gekostet hätten, das arme Ding.«
»Meine Geschichte gefällt mir trotzdem«, entgegnete Kleinfinger, »und dem gemeinen Volk wird sie auch gefallen. Die meisten von ihnen glauben doch sogar, dass eine Frau, die während der Schwangerschaft Kaninchenfleisch isst, ein Kind mit langen Schlappohren gebären wird.«
Cersei setzte ein bestimmtes Lächeln auf, welches sie sich für gewöhnlich für Jaime aufsparte. »Lord Petyr, Ihr seid ein niederträchtiges Geschöpf.«
»Vielen Dank, Euer Gnaden.«
»Und ein vollendeter Lügner«, fügte Tyrion weniger herzlich hinzu. Der Mann ist gefährlicher, als ich geahnt habe, dachte er bei sich.
Kleinfinger schaute dem Zwerg in die starren, ungleichen Augen, und seinen eigenen graugrünen Augen war kein Zeichen von Unbehagen
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