Das Lied von Eis und Feuer 03 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 03 - A Clash of Kings (Pages 1-332)
Vater.«
»Ja«, warf ein anderer ein, »die Götter hassen Inzest. Man braucht sich bloß anzuschauen, wie sie die Targaryens gestürzt haben.«
Einen Augenblick hatte Bran das Gefühl, als bekäme er keine Luft mehr. Eine Riesenhand presste seine Brust zusammen. Er meinte, aus dem Sattel zu fallen, und umklammerte verzweifelt Tänzerins Zügel.
Sein Entsetzen musste sich auf seinem Gesicht abgezeichnet
haben. »Bran?«, fragte Cley Cerwyn. »Geht es dir nicht gut? Es ist doch nur ein König mehr.«
»Robb wird auch ihn besiegen.« Er wandte Tänzerin in Richtung Stall, ohne darauf zu achten, dass ihn die Cerwyns verwirrt anstarrten. Das Blut rauschte ihm in den Ohren, und wäre er nicht am Sattel festgeschnallt gewesen, wäre er vermutlich gestürzt.
In dieser Nacht betete Bran zu den Göttern seines Vaters um eine Nacht ohne Träume. Falls die Götter seine Bitte gehört hatten, spotteten sie seiner Hoffnungen, denn der Albtraum, den sie ihm schickten, war schlimmer als die Wolfsträume.
» Flieg oder stirb! «, krächzte die dreiäugige Krähe und hackte mit dem Schnabel nach ihm. Bran weinte und flehte, die Krähe jedoch kannte kein Mitleid. Sie hackte ihm das linke Auge aus und dann das rechte, und als er blind und um ihn her alles dunkel war, pickte sie auf seine Stirn ein und trieb ihren fürchterlich spitzen Schnabel tief in seinen Schädel. Er schrie, bis er glaubte, seine Lungen müssten platzen. Der Schmerz fühlte sich an, als würde eine Axt seinen Kopf spalten, aber nachdem die Krähe ihren Schnabel, bedeckt mit Knochensplittern und Gehirnmasse, wieder herausgezogen hatte, konnte Bran wieder sehen. Und bei dem Anblick, der sich ihm bot, stockte ihm der Atem. Er hing an einem Turm, der eine Meile hoch war, seine Finger rutschten ab, seine Nägel krallten sich in den Stein, seine Beine zogen ihn nach unten, seine dummen, nutzlosen Beine. » Helft mir! «, rief er. Ein goldener Mann erschien am Himmel über ihm und zog ihn hoch. »Was man nicht alles aus Liebe tut«, murmelte er leise und schleuderte ihn hinaus in die leere Luft.
TYRION
»Ich schlafe nicht mehr so gut wie ehedem«, erklärte Großmaester Pycelle ihm als Entschuldigung für ihr frühes Treffen in der Morgendämmerung. »Dann stehe ich lieber auf, obwohl es noch dunkel ist, anstatt ruhelos dazuliegen und über unerledigte Arbeiten zu grübeln«, fügte er hinzu, wenngleich er mit seinen schweren Lidern sehr verschlafen wirkte.
In den hellen Gemächern unter dem Rabenschlag servierte ihnen sein Zimmermädchen gekochte Eier, Pflaumenkompott und Haferbrei, derweil Pycelle Belehrungen auftischte. »In diesen traurigen Zeiten, da so viele Hunger leiden, halte ich es für angemessen, meinen Tisch karg zu decken.«
»Löblich«, befand Tyrion und schlug ein großes braunes Ei auf, das ihn an des Großmaesters kahlen, gefleckten Schädel erinnerte. »Ich sehe das anders. Solange es etwas zu essen gibt, tue ich mich gütlich daran, denn morgen könnte es damit schon vorbei sein.« Er lächelte. »Sagt mir, sind Eure Raben ebenfalls Frühaufsteher?«
Pycelle strich sich über den schneeweißen Bart, der ihm bis auf die Brust fiel. »Gewiss doch. Soll ich nach dem Frühstück Feder und Tinte bringen lassen?«
»Nicht notwendig.« Tyrion legte die Briefe neben dem Haferbrei auf den Tisch, zwei gleiche Pergamente, die zusammengerollt und an beiden Enden mit Wachs versiegelt waren. »Schickt nur das Mädchen hinaus, damit wir ungestört sprechen können.«
»Lass uns allein, Kind«, befahl Pycelle. Die Dienerin eilte hinaus. »Also, diese Briefe …«
» … sind allein für die Augen von Doran Martell, Fürst von Dorne bestimmt.« Tyrion pellte sein Ei und biss davon ab. Es schrie nach Salz. »Ein Brief, in zwei Abschriften. Schickt Eure schnellsten Vögel. Die Angelegenheit ist von äußerster Dringlichkeit.«
»Ich werde sie fliegen lassen, sobald wir gespeist haben.«
»Nein, sofort. Dem Pflaumenkompott droht keine unmittelbare Gefahr. Dem Reich dagegen schon. Lord Renly führt sein Heer über den Rosenweg, und niemand kann wissen, wann Lord Stannis von Drachenstein aus in See sticht.«
Pycelle blinzelte. »Wenn Mylord es wünscht …«
»Ja, er wünscht es.«
»Ich bin hier, um zu dienen.« Der Maester erhob sich schwerfällig, seine Amtskette klingelte leise. Das schwere Ding bestand aus einem Dutzend Maesterketten, die miteinander verflochten und mit Edelsteinen verziert waren. Tyrion hatte den Eindruck, Gold, Silber und Platin
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