Das Lied von Eis und Feuer 03 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 03 - A Clash of Kings (Pages 1-332)
Bescheid geben sollen.«
»Das habe ich getan, wie Ihr sehr wohl wisst.« Thorn war so stachelig, wie sein Name andeutete, ein hagerer Mann von fünfzig Jahren mit einem scharfgeschnittenen Gesicht, harten Augen und harten Händen. Sein schwarzes Haar war mit grauen Strähnen durchsetzt. »Man hat mich wie einen gemeinen Dienstboten gemieden, ignoriert und warten lassen. «
»Wirklich? Bronn, das war nicht recht. Ser Allisar und ich sind alte Freunde. Wir sind schon zusammen auf der Mauer gewandelt.«
»Werter Ser Allisar«, murmelte Varys, »Ihr dürft nicht zu schlecht von uns denken. So viele ersuchen um Joffreys Gnade in diesen unruhigen und aufrührerischen Zeiten.«
»Unruhiger als Ihr glaubt, Eunuch.«
»Wenn er dabei ist, nennen wir ihn Lord Eunuch«, witzelte Kleinfinger.
»Auf welche Weise können wir Euch behilflich sein, guter Bruder?«, fragte Großmaester Pycelle beschwichtigend.
»Der Lord Kommandant hat mich zu Seiner Gnaden dem König geschickt«, antwortete Thorn. »Die Angelegenheit ist zu ernst, um sie mit seinen Lakaien zu besprechen.«
»Der König spielt mit seiner neuen Armbrust«, erwiderte Tyrion. Um Joffrey loszuwerden, hatte er ihm bloß eine klobige Armbrust aus Myr schenken müssen, die drei Bolzen zugleich abschoss, und natürlich wollte der König sie auf der Stelle ausprobieren. »Ihr müsst mit seinen Lakaien vorliebnehmen oder schweigen.«
»Wie Ihr wünscht«, sagte Ser Allisar, und in jedem seiner Worte schwang Unwillen mit. »Ich wurde geschickt, um Euch zu berichten, dass wir zwei Grenzer gefunden haben, die seit langem vermisst wurden. Sie waren tot, und wir haben ihre Leichen hinter die Mauer geschafft, wo sie in der Nacht zu neuem Leben erwachten. Einer tötete Ser Jarmy Rykker, der andere hat versucht, den Lord Kommandant zu ermorden.«
Irgendwo hörte Tyrion jemanden kichern. Will er mich mit diesem Unfug verspotten? Er rutschte unbehaglich auf seinem Sitz hin und her und sah hinunter zu Varys, Kleinfinger und Pycelle. Welche Rolle spielten sie in dieser Geschichte? Ein Zwerg genoss nur einen geringen Grad an Würde. Sobald Hof und Königreich einmal begannen über ihn zu lachen, war sein Schicksal besiegelt. Und dennoch … und dennoch …
Tyrion erinnerte sich an eine kalte Nacht unter Sternen, in der er neben dem jungen Jon Schnee und dem großen weißen Schattenwolf auf der Mauer am Ende der Welt gestanden und hinaus in die Dunkelheit geblickt hatte. Er hatte etwas gespürt, doch was? Einen Schrecken, der ihn durchfuhr wie der frostige Nordwind. In dieser Nacht hatte ein Wolf geheult, und dieser Klang hatte ihm einen Schauder über den Rücken laufen lassen.
Sei kein Narr!, schalt er sich selbst. Ein Wolf, ein Wind, ein dunkler Wald, das hat nichts zu bedeuten. Und dennoch … Er hatte während seines Besuches auf der Schwarzen Festung Gefallen an dem alten Jeor Mormont gefunden. »Ich hoffe, der Alte Bär hat den Angriff überlebt.«
»Das hat er.«
»Und Eure Brüder haben diese, äh, diese Toten getötet?«
»Das haben sie.«
»Seid Ihr sicher, dass sie diesmal wirklich tot sind?«, fragte Tyrion milde. Als Bronn daraufhin schnaubend lachte, wusste er, wie er weiter vorgehen musste. »Wirklich, wirklich tot?«
»Sie waren bereits beim ersten Mal tot«, fauchte ihn Ser Allisar an. »Bleich und kalt, und sie hatten schwarze Hände und Füße. Ich habe Jareds Hand mitgebracht, die der Wolf des Bastards ihm abgebissen hatte.«
Kleinfinger rührte sich. »Und wo ist dieses hübsche Geschenk? «
Unbehaglich runzelte Ser Allisar die Stirn. »Sie … ist verrottet, während ich ungehört warten musste. Jetzt sind nur mehr Knochen übrig.«
Kichern hallte durch den Saal. »Lord Baelish«, rief Tyrion Kleinfinger zu, »kauft unserem tapferen Ser Allisar hundert Spaten, die er mit zur Mauer zurücknehmen kann.«
»Spaten?« Ser Allisar kniff misstrauisch die Augen zusammen.
»Wenn Ihr Eure Toten begrabt , werden sie nicht herumlaufen«, erklärte Tyrion ihm, und der Hof lachte schallend. »Spaten werden Eure Schwierigkeiten lösen, und ein paar kräftige Kerle, die damit schaufeln. Ser Jaslyn, lasst den guten Bruder Männer aus den Verliesen aussuchen.«
Ser Jaslyn Amwasser erwiderte: »Wie Ihr wünscht, Mylord, aber die Kerker sind fast leer. Yoren hat die meisten Männer schon mitgenommen.«
»Dann verhaftet weitere«, forderte Tyrion ihn auf. »Oder
verbreitet das Gerücht, auf der Mauer gebe es Brot und Steckrüben, dann gehen sie freiwillig.« Die
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