Das Lied von Eis und Feuer 03 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 03 - A Clash of Kings (Pages 1-332)
hinein. Er zerrte es mit sich, als er gegen ihre Brust prallte und sie umwarf. Der Speer fiel ihr aus der Hand. Das feuchte Gras dämpfte die Wucht ihres Aufpralls, dennoch bekam sie einen Augenblick lang keine Luft mehr. »Uff.« Der Wolf hockte auf ihr.
Bran johlte. »Du hast verloren.«
»Sie hat gewonnen«, sagte ihr Bruder Jojen. »Sommer hat sich verfangen.«
Damit hatte er Recht. Der Wolf strampelte und knurrte und wollte sich losreißen, doch verstrickte er sich dadurch nur immer mehr. Und die Fäden konnte er auch nicht durchbeißen. »Lass ihn raus.«
Lachend umarmte das Reet-Mädchen den gefangenen Wolf und wälzte sich nach oben. Sommer winselte Mitleid erregend und trat mit den Pfoten nach den Stricken, die ihn fesselten. Meera kniete sich hin, machte hier einen Knoten auf, zog dort an einem Faden, zupfte mehrmals vorsichtig, und plötzlich war der Schattenwolf frei.
»Sommer, hierher.« Bran breitete die Arme aus. »Passt
auf«, sagte er, kurz bevor der Wolf ihn umwarf. Er klammerte sich mit aller Kraft fest, während Sommer ihn durchs Gras zerrte. Sie rangen und rollten umher und hingen aneinander, der eine knurrend und schnappend, der andere lachend. Am Ende lag Bran obenauf und der Schattenwolf unter ihm. »Guter Wolf«, brachte er keuchend hervor. Sommer leckte ihm das Ohr.
Meera schüttelte den Kopf. »Wird er denn niemals wütend? «
»Nicht auf mich.« Bran packte den Wolf an den Ohren, und Sommer schnappte heftig nach ihm, aber es blieb ein Spiel. »Manchmal zerreißt er mir die Kleider, aber richtig gebissen hat er noch nie.«
» Dich nicht, meinst du. Wenn er an meinem Netz vorbeigekommen wäre …«
»Er hätte dir nichts getan. Schließlich weiß er, dass ich dich mag.« Alle anderen Lords und Ritter waren einen oder zwei Tage nach dem Erntefest abgereist, doch die Reets waren geblieben und inzwischen Brans ständige Gefährten geworden. Jojen war stets so ernst, dass die Alte Nan ihn »kleinen Großvater« nannte, Meera hingegen erinnerte Bran an seine Schwester Arya. Sie hatte keine Angst davor, sich schmutzig zu machen, und sie konnte fast so gut rennen und kämpfen und werfen wie ein Junge. Allerdings war sie älter als Arya, bald sechzehn und damit schon fast eine erwachsene Frau. Beide waren älter als Bran, obwohl sein neunter Namenstag endlich gekommen war, dennoch behandelten sie ihn nie wie ein Kind.
»Ich wünschte, ihr wäret unsere Mündel anstatt der Walders.« Er kroch auf den nächsten Baum zu. Sein Schlängeln und Winden war schwer mitanzuschauen, als Meera jedoch zu ihm trat und ihm helfen wollte, sagte er: »Nein, das schaffe ich allein.« Er rollte sich unbeholfen herum und schob sich mit den Armen nach hinten, bis er mit dem Rücken an einer hohen Esche lehnte. »Siehst du.« Sommer ließ
sich bei ihm nieder und legte den Kopf in seinen Schoß. »Ich habe noch nie jemanden gesehen, der mit einem Netz kämpft«, erzählte er Meera, derweil er den Schattenwolf zwischen den Ohren kraulte. »Hat euer Waffenmeister euch das beigebracht?«
»Wir haben es von unserem Vater gelernt. In Grauwasser gibt es keine Ritter und keine Waffenmeister. Und auch keine Maester.«
»Wer kümmert sich dann um eure Raben?«
Sie lächelte. »Raben finden Grauwasser Wacht nicht, genauso wenig wie Feinde.«
»Warum nicht?«
»Weil es sich von Ort zu Ort bewegt«, erklärte sie ihm.
Von einer Burg, die sich bewegte, hatte Bran noch nie gehört. Er blickte sie unsicher an, konnte aber nicht recht entscheiden, ob sie ihn nur necken wollte oder nicht. »Ich wünschte, ich könnte euch dort besuchen. Glaubt ihr, euer Hoher Vater würde mich nach dem Krieg willkommen heißen? «
»Ganz gewiss, mein Prinz. Entweder dann oder auch jetzt.«
» Jetzt? « Bran hatte sein ganzes Leben auf Winterfell verbracht. Er sehnte sich nach fernen Orten. »Ich könnte Ser Rodrik fragen, wenn er zurückkehrt.« Der alte Ritter war nach Osten unterwegs, wo er Schwierigkeiten ausräumen musste. Roose Boltons Bastard hatte Lady Hornwald bei ihrer Rückkehr vom Erntefest entführt und sie noch in derselben Nacht geheiratet, obwohl er jung genug war, um ihr Sohn zu sein. Dann hatte Lord Manderly ihre Burg besetzt. Um die Ländereien der Hornwalds vor den Boltons zu schützen, hatte er geschrieben, dennoch war Ser Rodrik auf ihn beinahe genauso wütend wie auf den Bastard. »Ser Rodrik würde mich vielleicht reisen lassen. Maester Luwin bestimmt nicht.«
Jojen Reet saß mit untergeschlagenen Beinen unter
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