Das Lied von Eis und Feuer 03 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 03 - A Clash of Kings (Pages 1-332)
Kindkönig wie Joffrey gehorchen oder einem Trunkenbold wie seinem Vater?«
»Weil diese Kindkönige und Trunkenbolde andere starke Männer herbeirufen können, die ebenfalls mit Schwertern bewaffnet sind.«
»Dann besitzen doch jene anderen Krieger die wahre Macht. Oder etwa nicht? Woher stammen ihre Schwerter? Warum gehorchen sie ?« Varys lächelte. »Manche behaupten, Wissen sei Macht. Einige sagen, alle Macht stamme von den Göttern. Andere leiten sie aus den Gesetzen her. Dennoch waren unser den Göttern gefälliger Hoher Septon, unsere rechtmäßige Königin Regentin und Euer ach so wissender Diener an jenem Tag auf den Stufen von Baelors Septe ebenso machtlos wie jeder Schuster und Schneider in der Menge. Wer hat Eddard Stark eigentlich getötet, was meint Ihr? Joffrey, weil er den Befehl gegeben hat? Ser Ilyn Payn, der das Schwert geführt hat? Oder … jemand ganz anderes?«
Tyrion legte den Kopf schief. »Wolltet Ihr Euer verfluchtes Rätsel auflösen oder mir Kopfschmerzen bereiten?«
Varys lächelte. »Also gut. Die Macht wohnt dort, wo die Menschen glauben , dass sie wohnt. Das ist die ganze Antwort. «
»Also ist die Macht nur ein Mummenschanz?«
»Ein Schatten an der Wand«, murmelte Varys, »doch auch Schatten können töten. Und manchmal werfen sehr kleine Männer die größten Schatten.«
Tyrion grinste. »Lord Varys, ich entdecke eine eigentümliche Zuneigung für Euch. Vielleicht werde ich Euch eines Tages töten müssen, doch dann wird es mich immerhin traurig stimmen.«
»Das nehme ich als Lob.«
»Was seid Ihr, Varys?«, fragte Tyrion, weil er es wirklich gern wissen wollte. »Eine Spinne, so hört man.«
»Spione und Ohrenbläser werden selten geliebt, Mylord. Ich bin lediglich ein treuer Diener des Reiches.«
»Und ein Eunuch. Vergessen wir das nicht.«
»Das passiert mir selten.«
»Mich nennen die Menschen oft Halbmann, und dennoch meine ich, die Götter hätten mir größere Gunst erwiesen. Ich bin klein, meine Beine sind verkrümmt, und die Frauen schauen mich nicht gerade mit schmachtender Sehnsucht an … trotzdem bin ich noch ein Mann. Shae ist nicht die Erste, die mein Bett beehrt, und eines Tages werde ich mir möglicherweise eine Frau nehmen und einen Sohn zeugen. Falls die Götter es gut meinen, wird er aussehen wie sein Onkel und denken wie sein Vater. Eine solche Hoffnung, die Euch aufrichtet, könnt Ihr nicht hegen. Zwerge sind ein Scherz der Götter … doch Menschen erschaffen Eunuchen. Wer hat Euch entmannt? Wann und aus welchem Grunde? Wer seid Ihr wirklich?«
Das Lächeln des Eunuchen ließ sich nicht erschüttern, doch in seinen Augen lag ein Funkeln, das nichts mit Fröhlichkeit zu tun hatte. »Ihr seid zu freundlich, Euch danach zu erkundigen, Mylord, aber meine Geschichte ist lang und traurig, und wir haben einige Komplotte zu besprechen.« Er zog ein Pergament aus dem Ärmel seiner Robe. »Der Meister der königlichen Galeere Weißer Hirsch plant, in drei Tagen
den Anker zu lichten, um Schwert und Schiff Lord Stannis anzubieten.«
Tyrion seufzte. »Demnach müssen wir wohl ein blutiges Exempel an dem Mann statuieren?«
»Ser Jaslyn könnte ihn verschwinden lassen, aber ein Gerichtsverfahren vor dem König würde wahrscheinlich die Treue der anderen Kapitäne befördern.«
Und meinem königlichen Neffen etwas zu tun geben. »Wie Ihr meint. Geben wir ihm Joffreys Gerechtigkeit zu spüren.«
Varys machte einen Haken auf dem Pergament. »Ser Horas und Ser Hobber Rothweyn haben eine Wache bestochen, die sie übermorgen Nacht durch ein Nebentor hinauslassen soll. Für sie wurden Vorbereitungen getroffen, damit sie auf der Galeere Mondläufer aus Pentos als Ruderer getarnt fliehen können.«
»Könnten wir nicht dafür sorgen, dass sie tatsächlich einige Jahre lang als Ruderer dienen, damit wir erfahren, wie es ihnen gefällt?« Er lächelte. »Nein, meine Schwester wäre betrübt, solche geschätzten Gäste zu verlieren. Gebt Ser Jaslyn Bescheid. Ergreift den bestochenen Torwächter und erklärt ihm, was für eine Ehre es ist, bei der Nachtwache zu dienen. Und postiert Männer bei der Mondläufer , falls die Rothweyns einen zweiten Wächter finden, der zu wenig Münzen im Geldbeutel hat.«
»Wie Ihr wünscht.« Ein zweiter Haken auf dem Pergament. »Euer Mann, dieser Timett, hat heute Abend den Sohn eines Weinhändlers getötet, in einer Spielhölle auf der Straße des Silbers. Er hat ihm vorgeworfen, der Kerl habe mit den Spielsteinen
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