Das Lied von Eis und Feuer 03 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 03 - A Clash of Kings (Pages 1-332)
waren höher und die Täler tiefer. Es wurde schwieriger, sich Vorräte zu beschaffen. In Königsmund hatte Yoren die Wagen mit eingesalzenen Fischen, Dauerbrot, Schmalz, Rüben, Bohnen und Gerste sowie gelbem Käse beladen, aber diese Vorräte waren bis zum letzten Bissen verzehrt. Somit gezwungen, von den Früchten des Waldes zu leben, wandte sich Yoren an Koss und Kurtz, die wegen Wilderei verurteilt worden waren. Er schickte sie morgens voraus, und bei Einbruch der Nacht kehrten sie mit einem Hirsch oder einem Bündel Wachteln zurück. Die jüngeren Knaben sammelten entlang der Straße Brombeeren oder stiegen über die Zäune von Obstgärten und füllten Säcke mit Äpfeln.
Arya kletterte gut und pflückte schnell, und am liebsten ging sie allein los. Eines Tages stieß sie durch Zufall auf ein Kaninchen. Es war braun und fett, hatte lange Ohren und zuckte mit der Nase. Kaninchen laufen schneller als Katzen, aber sie können nicht besonders gut klettern. Arya versetzte ihm einen Hieb mit dem Stock und packte es an den Ohren, und Yoren machte einen Eintopf mit Pilzen und wilden Zwiebeln daraus. Arya bekam eine ganze Keule, weil es ihr Kaninchen war. Sie teilte das Fleisch mit Gendry. Für die anderen blieb nur jeweils eine Kelle, auch für die drei in Fesseln. Jaqen H’ghar bedankte sich höflich bei ihr, Beißer leckte sich mit glückseligem Gesichtsausdruck das Fett von den Fingern, aber Rorge, der Nasenlose, lachte nur: »Jetzt ist er auch noch ein Jäger. Klumpgesicht Klumpkopf Kaninchentöter. «
Vor einem bewehrten Weiler namens Dornweiß umzingelten einige Landarbeiter sie auf einem Maisfeld und verlangten Geld für die Kolben, welche sie geerntet hatten. Yoren beäugte ihre Sensen und warf ihnen ein paar Kupferstücke zu. »Es gab Zeiten, da wurde ein Mann in Schwarz von Dorne bis Winterfell aufs Gastlichste bewirtet, und selbst die Hohen Lords betrachteten es als Ehre, ihm Schutz unter ihrem Dach zu gewähren«, sagte er verbittert. »Heutzutage verlangen Memmen wie ihr Geld für ihre wurmstichigen Äpfel.« Er spuckte aus.
»Das ist süßer Mais, besser, als ihn ein stinkender alter schwarzer Vogel wie Ihr verdient«, antwortete einer von ihnen grob. »Und jetzt raus aus unserem Feld, und nehmt diese Galgenvögel mit, sonst stellen wir Euch noch auf einem Pfahl auf, um die anderen Krähen zu verscheuchen.«
Abends spießten sie die Kolben auf lange, gegabelte Stöcke, rösteten den Mais im Hüllblatt und knabberten die heißen Körner ab. Arya schmeckte es wunderbar, aber Yoren war zu wütend, um zu essen. Über ihm schien eine düstere Wolke zu hängen, ebenso zerfetzt und schwarz wie sein Umhang.
Er schritt ruhelos im Lager hin und her und murmelte vor sich hin.
Am nächsten Tag kam Koss ihnen plötzlich entgegengelaufen und warnte Yoren vor einem Lager, das vor ihnen lag. »Zwanzig oder dreißig Mann in Rüstungen und Halbhelmen«, berichtete er. »Manche sehen arg zerschunden aus, einer von ihnen hört sich an, als läge er im Sterben. Bei dem Lärm, den er machte, konnte ich mich dicht heranschleichen. Sie haben Speere und Schilde, aber nur ein Pferd, und das lahmt auch noch. So wie es dort riecht, lagern sie bereits eine Weile dort.«
»Hast du eine Fahne gesehen?«
»Eine gesprenkelte Baumkatze, gelb und schwarz, auf schlammbraunem Feld.«
Yoren steckte sich frisches Bitterblatt in den Mund und kaute. »Schwer zu sagen«, gestand er ein. »Können zu dieser oder jener Seite gehören. Da sie so übel zugerichtet sind, nehmen sie uns unsere Tiere wahrscheinlich so oder so ab, ganz gleich, wer sie sind. Vielleicht halten sich irgendwo noch mehr von ihnen versteckt. Ich glaube, wir sollten besser einen weiten Bogen um sie schlagen.« Der Umweg brachte sie meilenweit von der Straße ab und kostete sie wenigstens zwei Tage, aber der alte Mann meinte, das sei nur ein geringer Preis. »Auf der Mauer werdet ihr noch genug Zeit verbringen. Den Rest eures Lebens. Ich würde sagen, wir haben es nicht eilig, dort anzukommen.«
Nachdem sie sich wieder nach Norden gewandt hatten, bemerkte Arya nun immer häufiger Männer, die ihre Felder bewachten. Oft standen sie schweigend nebeneinander an der Straße und schenkten den Reisenden kalte Blicke. Anderenorts patrouillierten sie auf Pferden, ritten die Zäune ab und hatten Äxte am Sattel hängen. Einmal sah sie einen Kerl, der mit Bogen und Köcher in einem abgestorbenen Baum hockte. Nachdem er sie entdeckt hatte, legte er einen Pfeil auf die Sehne und
Weitere Kostenlose Bücher