Das Lied von Eis und Feuer 03 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 03 - A Clash of Kings (Pages 1-332)
menschliche Flut auf dem Königsweg war stark abgeebbt.
Andererseits barg es auch Nachteile, denn die Straße wand sich wie eine Schlange, kreuzte oft kleinere Wege und schien manchmal sogar vollkommen zu verschwinden, um einige Meilen weiter, nachdem man die Hoffnung schon aufgegeben hatte, wieder aufzutauchen. Arya hasste das. Das Land meinte es ansonsten gut mit ihnen, niedrige Hügel wellten sich sanft, Terrassenfelder wechselten sich mit Wiesen und Wäldern und kleinen Tälern ab, in denen sich Weiden an seichten Bächen drängten. Dennoch, der Pfad war schmal und holprig, und es ging nur langsam voran.
Insbesondere die Wagen hielten sie auf, sie rumpelten schwerfällig dahin, und die Achsen ächzten unter dem Gewicht ihrer schweren Last. Ein dutzendmal mussten sie täglich Halt machen, um ein Rad aus einer Rille zu befreien oder die Gespanne zu verdoppeln, um einen schlammigen Hang zu überwinden. Einmal standen sie inmitten eines dichten Eichenwaldes plötzlich drei Männern gegenüber, die in ihrem Ochsenkarren Feuerholz beförderten, und es gab keine Möglichkeit zum Ausweichen. So konnten sie nur ausharren, bis die Waldbewohner den Ochsen abgespannt und durch die Bäume geführt hatten, daraufhin den Wagen umdrehten
und den Ochsen wieder einspannten und schließlich den Weg zurückkehrten, den sie gekommen waren. Der Ochse war sogar noch langsamer als die Wagen, weshalb sie an diesem Tag fast überhaupt nicht vorankamen.
Ohne es zu wollen, schaute Arya ständig über die Schulter und fragte sich, wann die Goldröcke sie einholen würden. Nachts wachte sie vom leisesten Geräusch auf und griff nach Nadels Heft. Stets stellten sie Wachen auf, doch Arya traute ihnen nicht, schon gar nicht den Waisenjungen. In den Gassen von Königsmund kannten sie sich bestimmt aus, aber hier draußen waren sie verloren. Wenn sie sich so still wie ein Schatten verhielt, konnte sie an ihnen vorbeischleichen und im Licht der Sterne Wasser lassen, wo niemand sie beobachtete. Einmal hielt Lommy Grünhand Wache, und sie kletterte auf eine Eiche und hangelte sich von Ast zu Ast, bis sie sich genau über seinem Kopf befand. Er bemerkte nichts. Sie wäre auf ihn hinuntergesprungen, doch sie wusste, dass sein Schrei das gesamte Lager wecken und Yoren sie dafür abermals verprügeln würde.
Lommy und die anderen Waisen behandelten den Bullen jetzt als jemand Besonderen, weil die Königin seinen Kopf wollte, obwohl er davon nichts wissen wollte. »Ich habe der Königin nie etwas getan«, behauptete er erbost. »Ich habe meine Arbeit gemacht, das ist alles. Den Blasebalg betätigen, Zangen halten, Werkzeuge holen und wegbringen. Ich sollte Waffenschmied werden, aber eines Tages sagte Meister Mott, ich müsste das Schwarz anlegen, und das ist die ganze Geschichte.« Daraufhin trollte er sich und polierte seinen Helm. Der Kopfschutz war wunderschön, rund und geschwungen, mit einem Schlitzvisier und zwei großen Stierhörnern aus Metall. Arya beobachtete ihn, während er das Eisen mit einem Öltuch putzte, bis es so hell glänzte, dass sich die Flammen des Feuers darin spiegelten. Trotzdem setzte er ihn niemals auf.
»Ich wette, er ist der Bastard dieses Hochverräters«, wisperte
Lommy eines Nachts leise, damit Gendry ihn nicht hörte. »Von dem Wolflord, dem, den sie auf Baelors Stufen geköpft haben.«
»Ist er nicht«, widersprach Arya. Mein Vater hatte nur einen Bastard, und das ist Jon. Sie stolzierte in den Wald und wünschte sich, sie könnte einfach ihr Pferd satteln und nach Hause reiten. Ihre Stute war ein gutes Tier, ein Fuchs mit einer breiten Blesse auf der Stirn. Und Arya war eine gute Reiterin. Sie könnte einfach davongaloppieren und müsste keinen von ihnen jemals wieder sehen, wenn sie nicht wollte. Nur, dann hätte sie keinen mehr, der den Weg vor ihr auskundschaftete oder nach hinten Ausschau hielt oder wachte, während sie schlief, und sollten die Goldröcke sie erwischen, wäre sie allein. Sicherer war es, bei Yoren und den anderen zu bleiben.
»Wir sind nicht mehr weit vom Götterauge entfernt«, verkündete der schwarze Bruder eines Morgens. »Der Königsweg ist nicht sicher für uns, bis wir den Trident überquert haben. Daher werden wir den See am Westufer umrunden, wo sie uns nicht vermuten.« Als sich das nächste Mal die Fahrrillen im Boden kreuzten, lenkten sie die Wagen nach Westen.
Hier wich das Ackerland dem Wald, und die Dörfer und Festen wurden kleiner und lagen weiter auseinander, die Berge
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