Das Lied von Eis und Feuer 03 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 03 - A Clash of Kings (Pages 1-332)
in Flohloch gebettelt, und manchmal habe ich von den Septonen eine warme Mahlzeit bekommen. «
»Jetzt speist Ihr an meiner Tafel.«
»Ihr habt mir einen Ehrenplatz daran zugewiesen. Und als Gegenleistung dafür bekommt Ihr von mir die Wahrheit zu hören. Euer Volk wird Euch nicht lieben, wenn Ihr ihm die Götter nehmt, die es seit Ewigkeiten verehrt, und sie durch einen fremdartigen Namen ersetzt, den seine Zungen kaum aussprechen können.«
Jäh erhob sich Stannis. » R’hllor . Was ist daran so schwierig? Mein Volk wird mich nicht lieben, sagt Ihr? Wann hat es mich je geliebt? Wie kann ich etwas verlieren, das ich niemals besessen habe?« Er trat ans Südfenster und blickte hinaus auf das mondbeschienene Meer. »An jenem Tag, an dem die Windstolz in der Bucht sank, habe ich meinen Glauben an die Götter verloren. Götter, die so grausam sein können, dass sie
meine Mutter und meinen Vater ertrinken lassen, würde ich niemals anbeten, habe ich mir geschworen. In Königsmund hat mir der Hohe Septon einen Vortrag über die Gerechtigkeit und die Güte der Sieben gehalten, aber alles Gute und Gerechtigkeit, die ich in meinem Leben gesehen habe, kam von den Menschen.«
»Wenn Ihr nicht an die Götter glaubt …«
»… warum sollte ich mich dann um diesen neuen scheren? «, unterbrach ihn Stannis. »Das habe ich mich schon selbst gefragt. Ich weiß wenig über Götter und hege kein Interesse für sie, doch die Rote Priesterin verfügt über Macht.«
Ja, aber was für eine Macht? »Cressen verfügte über große Weisheit.«
»Ich habe seiner Weisheit und Eurer List vertraut, und was haben sie mir eingebracht, Schmuggler? Die Sturmlords haben Euch hinausgeworfen. Einem Bettler gleich bin ich zu ihnen gekommen, und sie haben mich ausgelacht. Es wird kein Betteln und kein Gelächter mehr geben. Der Eiserne Thron gehört von Rechts wegen mir, doch wie soll ich ihn besteigen? Im Reich zählt man vier Könige, und drei von ihnen haben nicht mehr Männer und Gold zur Verfügung als ich. Ich habe Schiffe … und ich habe sie . Die Rote Frau. Die Hälfte meiner Ritter wagt es nicht einmal, ihren Namen auszusprechen, wusstet Ihr das? Auch wenn sie zu nichts sonst in der Lage ist, eine Zauberin, die solches Entsetzen in den Herzen erwachsener Männer säen kann, darf man nicht verschmähen. Ein ängstlicher Mann ist ein besiegter Mann. Und vielleicht hat sie noch andere Fähigkeiten. Ich habe die Absicht, das herauszufinden.
Als Junge habe ich einmal ein verletztes Habichtweibchen gefunden und es aufgepäppelt. Stolzschwinge nannte ich es. Der Vogel flatterte mir von Zimmer zu Zimmer hinterher und fraß mir aus der Hand, doch in den Himmel aufsteigen wollte er nicht. Von Zeit zu Zeit habe ich sie mit auf die Falkenjagd genommen, doch sie flog nie über die Wipfel der
Bäume hinaus. Robert nannte sie Schlaffschwinge. Er besaß einen Gerfalken namens Donnerschlag , der seine Beute nie verfehlte. Eines Tages hat mir mein Großonkel Ser Harbert empfohlen, ich solle es doch einmal mit einem anderen Vogel versuchen. Mit Stolzschwinge würde ich mich zum Narren machen, meinte er, und Recht hatte er damit.« Stannis Baratheon wandte sich vom Fenster und den Geistern draußen auf dem südlichen Meer ab. »Die Sieben haben mir nicht mal einen Sperling eingebracht. Es ist an der Zeit, einen anderen Falken auszuprobieren, Davos. Einen roten Falken.«
THEON
Bei Peik gab es keinen sicheren Ankerplatz, aber Theon Graufreud wollte die Burg seines Vaters wenigstens einmal von See aus betrachtet haben, so, wie er sie zuletzt vor zehn Jahren gesehen hatte, als er auf Robert Baratheons Kriegsgaleere fortgebracht worden war, um als Mündel von Eddard Stark aufzuwachsen. An jenem Tag hatte er an der Reling gestanden und dem Platschen der Ruder und dem Schlag der Trommel gelauscht, während Peik langsam in der Ferne verschwand. Nun wollte er miterleben, wie es größer wurde, wie es sich aus dem Meer vor ihm erhob.
Gehorsam kam die Myraham seinen Wünschen nach und rauschte durch das Wasser, die Segel knatterten, der Kapitän verfluchte den Wind und die Mannschaft und die Torheiten hochgeborener Lords. Theon zog zum Schutz vor der Gischt die Kapuze seines Mantels hoch und hielt Ausschau nach seinem Zuhause.
Die Küste bestand aus schroffen Felsen und aufragenden Klippen, und die Burg selbst schien mit ihrem Fundament zu verschmelzen, waren Türme und Mauern doch aus dem gleichen grauschwarzen Stein gehauen, nass vom gleichen Salzwasser, vom
Weitere Kostenlose Bücher