Das Lied von Eis und Feuer 03 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 03 - A Clash of Kings (Pages 1-332)
Meer?«
Sie nickte. »Ich habe das Meer immer gemocht, Mylord.«
»Ich auch«, antwortete er und rollte ihre Brustwarze zwischen seinen Fingern. Es stimmte. Das Meer bedeutete für die Männer von den Eiseninseln die Freiheit. Das hatte er vergessen, bis die Myraham bei Seegart in See gestochen war. Die Geräusche an Bord weckten die alten Gefühle; die gebrüllten Befehle des Kapitäns, das Knattern der Segel, das Ächzen von Holz und Tauwerk, dies alles war ihm so vertraut
wie der Schlag seines eigenen Herzens, und dazu ebenso tröstlich. Das muss ich mir merken , schwor er sich selbst, niemals mehr darf ich mich weit vom Meer entfernen .
»Nehmt mich mit, Mylord«, bettelte die Tochter des Kapitäns. »Ich brauche ja nicht auf die Burg mitzukommen. Ich kann auch in der Stadt bleiben und Euer Salzweib sein.« Sie streckte die Hand aus und streichelte seine Wange.
Theon Graufreud stieß ihren Arm zur Seite und stieg aus der Koje. »Mein Platz ist in Peik, und deiner ist auf diesem Schiff.«
»Ich kann jetzt nicht mehr hierbleiben.«
Er schnürte seine Hose zu. »Warum nicht?«
»Mein Vater«, erklärte sie. »Wenn Ihr fort seid, wird er mich bestrafen, Mylord, mich verprügeln und beschimpfen. «
Theon riss seinen Mantel vom Haken und legte ihn sich um die Schultern. »So sind Väter eben«, meinte er, derweil er die Aufschläge mit einer silbernen Schnalle schloss. »Sag ihm, er soll sich freuen. So oft, wie ich bei dir geschlafen habe, trägst du vermutlich mein Kind. Und nicht jeder Mann darf sich der Ehre rühmen, den Bastard eines Königs aufzuziehen. « Sie blickte ihn dümmlich an, und so ließ er sie zurück.
Die Myraham umrundete soeben eine bewaldete Landspitze. Unterhalb der Steilküste zogen ein Dutzend Fischerboote die Netze ein. Die große Kogge umschiffte sie in weitem Abstand. Theon ging zum Bug, wo er einen besseren Ausblick hatte. Er sah zuerst die Burg, die Feste der Botlins. Früher war es ein Fachwerkbau gewesen, den Robert Baratheon jedoch bis auf die Grundmauern geschleift hatte. Lord Sawane hatte sie mit Stein wieder aufgebaut, und jetzt krönte ein viereckiger Bergfried den Hügel. Hellgrüne Flaggen wehten über den niedrigeren Ecktürmen, und auf jeder erkannte er einen Schwarm silbriger Fische.
Unterhalb der Burg lag das Dorf Herrenhort, in dessen Hafen
sich die Schiffe drängten. Als er den Ort zuletzt gesehen hatte, war es eine rauchende Ödnis gewesen, wo die Skelette verbrannter Langschiffe und zerschellter Galeeren auf der felsigen Küste lagen wie Knochen toter Seeungeheuer. Die Häuser hatten nur noch aus geborstenen Steinmauern und Asche bestanden. Nach zehn Jahren waren die Spuren des Krieges größtenteils beseitigt. Das gemeine Volk hatte seine Hütten mit den Steinen der alten wieder aufgebaut und frische Grassoden für die Dächer gestochen. Ein neues Gasthaus war am Anleger errichtet worden; es war doppelt so groß wie das frühere. Das untere Stockwerk hatte man aus Stein gebaut, die beiden oberen aus Holz. Die Septe dahinter war nicht erneuert worden; nur das siebeneckige Fundament erinnerte an die Stelle, die sie einst eingenommen hatte. Robert Baratheons Zorn hatte den Eisenmännern die neuen Götter vergällt, schien es.
Theon interessierte sich mehr für die Schiffe als für die Götter. Zwischen den Masten der vielen Fischerboote entdeckte er eine Handelsgaleere der Tyroshi, die gerade entladen wurde, und daneben eine Kogge mit schwarz geteertem Rumpf aus Ibben. Eine große Anzahl Langschiffe, mindestens fünfzig oder sechzig, lagen im Wasser oder auf dem Kiesstrand im Norden. Einige der Segel zeigten die Wappen von anderen Inseln; den Blutmond von Wynch, Lord Guthbruders schwarzes Kriegshorn, Harlaus silberne Sichel. Theon suchte nach der Schweigen seines Onkels Euron. Dieses schlanke, Furcht erregende Schiff vermochte er nicht zu entdecken, aber die Großer Krake seines Vaters war da, den Bug mit einer Eisenramme versehen, welche in Gestalt ihres Namensgebers geformt war.
Erwartete Lord Balon ihn und hatte daher zu den Fahnen der Graufreuds gerufen? Er griff erneut in die Tasche seines Mantels und strich über das Wachstuch. Niemand außer Robb Stark wusste von diesem Brief; sie waren keine Narren, die ihre Geheimnisse Vögeln anvertrauten. Dennoch war
auch Lord Balon nicht dumm. Er könnte geahnt haben, aus welchem Grund sein Sohn heimkehrte, und entsprechende Vorkehrungen getroffen haben.
Der Gedanke behagte ihm nicht. Seines Vaters Krieg war lange
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