Das Lied von Eis und Feuer 03 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 03 - A Clash of Kings (Pages 1-332)
Vater bat mich, dich abzuholen. Komm.«
»Einen Augenblick, Onkel.« Er drehte sich zur Myraham um. »Mein Gepäck!«, rief er dem Kapitän zu.
Ein Seemann brachte den langen Eibenholzbogen und den Köcher mit den Pfeilen, aber es war die Tochter des Kapitäns, welche sein Bündel mit Kleidung anschleppte. »Mylord.« Ihre Augen waren rot. Als er ihr das Bündel abnahm, schien sie ihn umarmen zu wollen, hier, vor ihrem eigenen Vater, vor seinem priesterlichen Onkel und der halben Insel.
Ungerührt wandte er sich ab. »Ich danke dir.«
»Bitte«, flehte sie, »ich habe Euch sehr gern, Mylord.«
»Ich muss gehen.« Er eilte hinter seinem Onkel her, der sich bereits dem Ende des Anlegers näherte, und mit einem Dutzend langer Schritte erreichte er ihn. »Nach Euch habe ich gar nicht Ausschau gehalten, Onkel. Ich dachte, da ich zehn Jahre fort war, würden mein Hoher Vater und meine Hohe Mutter persönlich kommen, oder zumindest Dagmer mit einer Ehreneskorte schicken.«
»Es steht dir nicht zu, die Befehle des Lord Schnitters von Peik in Frage zu stellen.« Das Benehmen des Priesters ließ Theon frösteln, so hatte er den Mann gar nicht in Erinnerung. Aeron Graufreud war der freundlichste seiner Onkel gewesen, zu nichts zu gebrauchen, doch er lachte viel, liebte Lieder, Bier und hübsche Frauen. »Was Dagmer betrifft, so ist Spaltkinn auf Geheiß deines Vaters nach Alt Wiek aufgebrochen, um die Steinheims und die Drumms zu holen.«
»Wozu? Warum liegen so viele Langschiffe im Hafen?«
»Warum wohl?« Sein Onkel hatte die Pferde angebunden vor dem Gasthaus zurückgelassen. Als sie dort ankamen, drehte er sich zu Theon um. »Sag mir die Wahrheit, Neffe. Betest du zu den Göttern der Wölfe?«
Theon betete überhaupt selten, allerdings wollte er das einem Priester gegenüber nicht eingestehen, selbst dem Bruder seines Vaters nicht. »Ned Stark hat einen Baum angebetet. Nein, mit den Göttern der Starks habe ich nichts zu schaffen.«
»Gut. Knie dich hin.«
Der Boden war steinig und schlammig. »Onkel, ich …«
» Knie dich hin. Oder bist du zu stolz, weil du als Lord aus den grünen Landen zu uns kommst?«
Theon ließ sich auf die Knie nieder. Er wollte einen Plan verwirklichen, und vielleicht war er dabei irgendwann auf Aerons Hilfe angewiesen. Eine Krone ist ein wenig Dreck und Pferdescheiße an der Hose wert, dachte er bei sich.
»Neige den Kopf.« Sein Onkel hob den Wasserschlauch, zog den Stöpsel und richtete den dünnen Strahl auf Theons Kopf. Das Meerwasser durchtränkte sein Haar und rann ihm über die Stirn in die Augen, floss seine Wangen entlang, und ein Rinnsal kroch unter seinen Mantel und sein Wams und lief ihm dann wie ein kalter Finger den Rücken hinunter. Das Salz brannte in seinen Augen, am liebsten hätte er aufgeschrien. Er schmeckte den Ozean auf seinen Lippen. »Lasse Theon, deinen Diener, aus dem Meer wieder geboren
werden, wie es auch dir widerfuhr«, sang Aeron Graufreud. »Segne ihn mit Salz, segne ihn mit Stein, segne ihn mit Stahl. Neffe, erinnerst du dich noch an die Worte?«
»Was tot ist, kann niemals sterben«, antwortete Theon.
»Was tot ist, kann niemals sterben«, wiederholte sein Onkel, »doch erhebt es sich von neuem, härter, stärker. Steh auf.«
Theon stand auf und kniff seine vom Salz brennenden Augen zu, um die Tränen und das Salz zurückzudrängen. Wortlos verschloss sein Onkel den Schlauch, band sein Pferd los und saß auf. Theon stieg ebenfalls in den Sattel. Gemeinsam ritten sie davon, ließen das Gasthaus und den Hafen hinter sich und passierten Lord Botlins Burg. Von dort aus ging es in die felsigen Hügel hinauf. Der Priester sagte kein weiteres Wort.
»Mein halbes Leben habe ich fern der Heimat verbracht«, wagte sich Theon schließlich vor. »Werde ich die Inseln verändert vorfinden?«
»Männer fischen im Meer, graben in der Erde und sterben. Frauen gebären Kinder in Blut und Schmerz und sterben. Die Nacht folgt dem Tag. Der Wind und die Gezeiten bleiben. Die Inseln sind so, wie unser Gott sie geschaffen hat.«
Bei den Göttern, ist er bitter geworden , dachte Theon. »Halten sich meine Hohe Mutter und meine Schwester in Peik auf?«
»Nein. Deine Mutter weilt auf Harlau bei ihrer Schwester. Dort ist das Klima nicht so rau, und ihr Husten macht ihr zu schaffen. Deine Schwester ist mit der Schwarzer Wind nach Groß Wiek in See gestochen und überbringt Briefe deines Hohen Vaters. Sie wird bald zurückkehren.«
Dass die Schwarzer Wind Ashas
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