Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell
und sein Rat von Memmen und Schmeichlern das Reich an den Bettelstab bringen … oder schlimmer noch, das Reich als Zahlung für ihre Kredite an die Lennisters verkaufen. Und die Wahrheit über Jon Arryns Tod blieb ihm nach wie vor verschlossen. Oh, er hatte ein paar Hinweise gefunden, die reichten, um ihn davon zu überzeugen, dass Jon tatsächlich ermordet worden war, doch war das nicht mehr als eine Spur von Tieren auf dem Waldboden. Das Tier selbst hatte er noch nicht gesehen, auch wenn er ahnte, dass es da war und lauerte, verborgen, hinterhältig.
Plötzlich fiel ihm ein, dass er per Schiff nach Winterfell heimkehren konnte. Ned war kein Seemann, und normalerweise hätte er den Königsweg vorgezogen, doch wenn er ein Schiff nahm, konnte er in Drachenstein Halt machen und mit Stannis Baratheon sprechen. Pycelle hatte einen Raben übers Meer geschickt, mit einem freundlichen Brief von Ned, in dem Lord Stannis gebeten wurde, seinen Sitz im Kleinen Rat wieder einzunehmen. Bisher war keine Antwort gekommen, doch schürte das Schweigen nur seinen Argwohn. Lord Stannis kannte das Geheimnis, weshalb Jon Arryn hatte sterben müssen, dessen war er sicher. Die Wahrheit, die er suchte, mochte sehr wohl in der alten Inselfestung des Hauses Targaryen auf ihn warten.
Und wenn du es weißt, was dann? Manche Geheimnisse sollten lieber im Verborgenen bleiben. Manche Geheimnisse sind zu gefährlich, um sie jemandem anzuvertrauen, selbst jenen, die man liebt und denen man vertraut. Ned zog den Dolch, den Catelyn ihm gebracht hatte, aus seiner Scheide am Gürtel. Das
Messer des Gnoms. Warum sollte der Zwerg Brans Tod wollen? Sicher, um ihn zum Schweigen zu bringen. Ein weiteres Geheimnis oder nur ein anderer Faden derselben Spinnweben?
Konnte Robert daran beteiligt sein? Das wollte er nicht glauben, doch früher hätte er auch nicht gedacht, dass Robert den Mord an Frauen und Kindern befehlen würde. Catelyn hatte ihn gewarnt. Ihr kanntet den Mann, hatte sie gesagt. Der König ist Euch ein Fremder. Je eher er Königsmund hinter sich ließ, desto besser. Falls am Morgen ein Schiff gen Norden fuhr, wäre es gut, an Bord zu sein.
Noch einmal rief er Vayon Pool zu sich und schickte ihn zum Hafen, um Erkundigungen einzuholen, still, aber eilig. »Sucht mir ein Schiff mit einem erfahrenen Kapitän«, erklärte er dem Haushofmeister. »Die Größe der Kabinen oder die Güte seiner Ausstattung interessiert mich nicht, sofern es schnell und sicher ist. Ich möchte umgehend reisen.«
Kaum war Pool gegangen, als Tomard einen Besucher ankündigte. »Lord Baelish möchte Euch sprechen, M’lord.«
Ned fühlte sich versucht, ihn abzuweisen, doch überlegte er es sich noch einmal. Er war noch nicht frei. Bis er es wäre, musste er ihre Spielchen spielen. »Er mag eintreten, Tom.«
Lord Petyr schlenderte in den Solar, als sei am Morgen nichts vorgefallen. Er trug ein samtenes Schlitzwams, silber- und cremefarben, einen grauen Seidenumhang, mit schwarzem Fuchs besetzt, und sein übliches Hohngrinsen.
Ned begrüßte ihn kalt. »Darf ich nach dem Grund Eures Besuches fragen, Lord Baelish?«
»Ich will Euch nicht lange aufhalten, ich bin auf dem Weg zum Essen bei Lady Tanda. Neunaugenpastete und geröstetes Ferkel. Sie würde mich gern mit ihrer jüngeren Tochter verheiraten, daher ist ihr Tisch stets auf erstaunliche Weise gedeckt. Wenn ich die Wahrheit sagen sollte, würde ich lieber das Ferkel heiraten, aber sagt es ihr nicht. Ich liebe Neunaugenpastete. «
»Ich will Euch nicht von Euren Aalen abhalten, Mylord«,
erwiderte Ned mit eisiger Verachtung. »Im Moment würde mir niemand einfallen, dessen Gesellschaft ich weniger suche als Eure.«
»Oh, ich bin mir sicher, wenn Ihr diesem Gedanken etwas Raum ließet, würden Euch so einige Namen einfallen. Varys zum Beispiel. Cersei. Oder Robert. Seine Majestät ist sehr erzürnt. Er hat noch einige Zeit von Euch gesprochen, nachdem Ihr heute Morgen gegangen wart. Die Worte Dreistigkeit und Undankbarkeit scheinen mir in Erinnerung geblieben zu sein.«
Ned machte sich nicht die Mühe, darauf etwas zu antworten. Ebenso wenig bot er seinem Gast einen Stuhl an, doch nahm Kleinfinger dennoch Platz. »Nachdem Ihr hinausgestürmt wart, war es an mir, ihn davon zu überzeugen, dass er nicht die Männer ohne Gesicht engagiert«, fuhr er munter fort. »Stattdessen will er denjenigen, der die Targaryen erwischt, zum Lord ernennen.«
Ned war angewidert. »Also verleihen wir die Titel schon an
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