Das Lied von Eis und Feuer 7 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 7 - A Feast of Crows. A Song of Ice and Fire, vol 4 (4/1)
Gleich wache ich auf und lache über meine nächtlichen Schrecken.
Als man ihr die Hände auf den Rücken band, leistete sie keinen Widerstand. Eine der Wachen zerrte sie auf die Beine. Er trug die Farben ihres Vaters. Ein anderer bückte sich und zog das Wurfmesser, ein Geschenk ihrer Base Lady Nym, aus ihrem Stiefel.
Areo Hotah nahm es dem Mann ab und betrachtete es stirnrunzelnd. »Der Fürst sagte, ich muss Euch nach Sonnspeer zurückbringen«, verkündete er. Seine Wangen und seine Stirn waren mit Arys Eichenherz’ Blut gesprenkelt. »Es tut mir leid, kleine Prinzessin.«
Arianne hob das tränenüberströmte Gesicht. »Wie konnte er davon wissen?«, fragte sie den Hauptmann. »Ich war so vorsichtig. Woher hat er es gewusst?«
»Jemand hat geredet.« Hotah zuckte mit den Schultern. »Irgendwer redet immer.«
ARYA
Jede Nacht vor dem Einschlafen murmelte sie ihr Gebet ins Kissen. »Ser Gregor«, ging es, »Dunsen, Raff der Liebling, Ser Ilyn, Ser Meryn, Königin Cersei.« Sie hätte auch die Namen der Freys vom Kreuzweg geflüstert, wenn sie sie gewusst hätte. Eines Tages werde ich sie erfahren, sagte sie sich, und dann bringe ich sie alle um.
Kein Flüstern war zu leise, um nicht im Haus von Schwarz und Weiß gehört zu werden. »Kind«, fragte der Gütige Mann eines Tages, »was für Namen wisperst du da jede Nacht?«
»Ich wispere keine Namen«, erwiderte sie.
»Du lügst«, sagte er. »Alle Menschen lügen, wenn sie Angst haben. Manche erzählen viele Lügen, andere nur einige wenige. Manche haben nur eine einzige große Lüge, die sie so oft erzählen, dass sie fast selbst daran glauben … obwohl ein kleiner Teil von ihnen stets wissen wird, dass es eine Lüge ist und dass sie sich in ihrem Gesicht offenbaren wird. Sag mir, was es mit diesen Namen auf sich hat.«
Sie kaute auf ihrer Unterlippe. »Die Namen sind nicht wichtig.«
»Doch«, beharrte der Gütige Mann. »Erzähl es mir, Kind.«
Erzähl es mir, oder wir werfen dich raus, hörte sie. »Das sind Menschen, die ich hasse. Ich wünsche mir ihren Tod.«
»Solcherlei Gebete hören wir viele in diesem Haus.«
»Ich weiß«, sagte Arya. Jaqen H’ghar hatte ihr drei dieser Gebete erfüllt. Ich brauchte sie ihm nur zuzuflüstern, mehr nicht …
»Bist du aus diesem Grund zu uns gekommen?«, fuhr der
Gütige Mann fort. »Um unsere Künste zu lernen, damit du die Männer töten kannst, die du hasst?«
Arya wusste nicht recht, was sie darauf antworten sollte. »Vielleicht.«
»Dann hast du den falschen Ort aufgesucht. Dir steht es nicht zu zu entscheiden, wer leben und wer sterben soll. Diese Gabe gehört Ihm mit den Vielen Gesichtern. Wir sind nur seine Diener, die geschworen haben, seinen Willen auszuführen.«
»Oh.« Arya blickte zu den Statuen hinüber, die entlang der Wände standen und zu deren Füßen Kerzen glommen. »Welcher Gott ist er?«
»Nun, alle«, sagte der Priester in Schwarz und Weiß.
Er hatte ihr nie seinen Namen genannt. Das Gleiche galt für die Heimatlose, das kleine Mädchen mit den großen Augen und dem eingefallenen Gesicht, das Arya an ein anderes kleines Mädchen namens Wiesel erinnerte. Wie Arya wohnte die Heimatlose unter dem Tempel, zusammen mit drei Akolythen, zwei Dienern und einer Köchin namens Umma. Umma redete gern viel, während sie arbeitete, aber Arya verstand kein Wort von dem, was sie sagte. Die anderen hatten keine Namen oder verrieten sie ihr jedenfalls nicht. Einer der Diener war sehr alt, sein Rücken war krumm wie ein Bogen. Der zweite hatte ein rotes Gesicht, und ihm wuchsen Haare aus den Ohren. Beide hielt sie für stumm, bis sie ihre Gebete hörte. Die Akolythen waren jünger. Der Älteste war so alt wie ihr Vater; die beiden anderen mochten nicht viel älter sein als Sansa, die ihre Schwester gewesen war. Die Akolythen trugen ebenfalls Schwarz und Weiß, doch ihre Gewänder hatten keine Kapuzen, und das Schwarz war auf der linken und das Weiß auf der rechten Seite. Bei dem Gütigen Mann und der Heimatlosen verhielt es sich genau andersherum. Arya bekam Dienerkleidung: ein Hemd aus ungefärbter Wolle, eine Pluderhose, Leinenwäsche und Stoffpantoffeln für die Füße.
Nur der Gütige Mann beherrschte die Gemeine Zunge. »Wer bist du?«, fragte er sie jeden Tag.
»Niemand«, antwortete sie dann, sie, die einst Arya aus dem Hause Stark gewesen war, Arya im Wege, Arya Pferdegesicht. Sie war auch Arry gewesen und Wiesel und Jungtaube und Salzy, Nan der Mundschenk, eine graue Maus, ein
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