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Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition)

Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition)

Titel: Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
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fischte einen heraus. Es würde nur eine Bewegung sein, fließend, sie hörte seine Halsschlagader. Ein, zwei Stiche, schnell hintereinander und er würde auf dem dreckigen Boden verbluten, so wie er es verdient hatte.
    »Hey, Schiebermütze, reich mir mal den Zucker.« Seine Worte kamen an, aber sie drifteten an ihr vorbei, versetzten die Luft in Schwingungen, Wellen. Anevay spürte, wie sie ihren Mund öffnete, quälend langsam, Wut darin, verborgene Zeit. Sie öffnete die Lippen, ganz schmal, ganz klein - versteckt - ganz laut.
    »F i c k … d i c h …!« Die Silben trieben dahin, nicht mehr aufzuhalten.
    Stille. Unheilvolle Stille.
    »Was war das eben?« Der Zahnstocher drehte sich in Richtung Sweenys Hals. ›Komm näher!‹ Jemand sagte recht kleinlaut, er wolle hier keinen Ärger. Die Stimme aber, die neben ihrem alten Folterknecht saß, flüsterte: »Das ist einer von Szudas Männern! Himmel, Sweeny, halt endlich die Klappe, bitte.«
    Die Bedienung kam mit dem eingepackten Hackbraten. A senkte den Kopf noch tiefer, legte die Münzen auf den Tisch, ging. Immer noch Stille.
    »Oh!« Das war alles, was von seiner stinkenden Zunge herunterfiel.
    A drehte sich zur Tür, schwieg. Schweigen war gut. Sehr gut sogar. Sie ging ohne ein weiteres Wort.
    Die Tür fiel klingelnd zu. Ihr Herz glitt in tiefes Wasser, kühlte ab. Der Schnee war willkommen, stach, biss, aber er fühlte sich endlich lebendig an. Sie nahm eine Faust voll davon in die Hand, rieb ihn sich ins Gesicht. ›Weg mit ihm.‹  A atmete tief durch. Sweeny war ein Nichts. Er konnte ihr nicht ins Herz folgen, dafür war er zu klein. Der Platz dort wurde ohnehin immer enger, denn der nordische Lord nahm mehr und mehr davon ein. Und sie wollte mehr hören, mehr wissen, ihm dadurch näher kommen, ihn verstehen lernen.
    Skrimmas Augen leuchteten, als sie ihm die Schale mit dem Hackbraten reichte. Der Mann konnte unmöglich einen angebrochenen Kiefer haben, oder er hatte wirklich verdammten Hunger.
    Anevay hockte sich auf den Stuhl, zog die Beine an und schlang die Arme darum. Der fleckige Schirm der Nachttischlampe warf trübes, gelbliches Licht auf einen lindgrünen Linoleumfußboden. Hier mussten Blinde am Werk gewesen sein, zumindest Farbenblinde. Draußen hörte man leise Schritte, wie Kranke sie eben machten. Manchmal klapperte irgendwo etwas, oder ein Stöhnen waberte durch den Flur.
    »Runenzauber!«,schmatze der Nordmann. »Odin kannte angeblich achtzehn davon, nachdem er neun Tage am Weltenbaum gehangen hatte. Übrigens mit einer Wunde in der Seite. Zur Vermehrung der Weisheit oder so. Ganz wie der Gott der Christen. Keine Ahnung, wer von beiden nun der Weisere ist.« Skrimma schob das braune Zeugs zwischen seine Zähne. Das war kein Kauen, das war mehr so etwas wie Schlingen, so wie bei einer Ente. Er brummte zufrieden. »Doch der Mensch gräbt und gräbt, er ist gar kein Mensch, sondern mehr ein Wurm, der sich in den Schoß der Erde wühlt. Und dort fanden die Suchenden dann noch ältere Zauber - die Labyrinthe!«
    »Aha, und was hat das nun mit Fenrir zu tun?« Ihre Augen wurden schwer. Sie mochte diesen Ort nicht. Er erinnerte sie an Wild Billy Wild. Da konnte ein Nordmann noch so sehr ins Schwafeln geraten. Sie dachte dabei auch an Francesca. An das …
    »Das ist der Punkt, Nove! Da sind ein paar Männer, die glauben, dann kommen welche, die glauben an etwas noch Älteres und das ist mächtiger.« Skrimma legte die Schale beiseite, rieb sich die Finger an der Bettdecke ab.
    »Fenrir steht für unsere Angst! Das Unbekannte, Nove, nagt an uns, wie die Wellen aller Meere an einem endlosen Strand. Eben noch ein Welpe, den alle mögen, schon bist du ein Tier, das alle fürchten, nur weil du stärker bist als sie. Besiege niemals den Besieger!« Er lachte rau, so wie es Nordmänner tun sollten. Aber da war etwas in seiner Stimme. Ein kleiner Hafen für Schiffbrüchige wie sie.
    »Fenrir«, erinnerte sie ihn, schloss die Augen.
    »Alles was sie wollten, war ihn nach all der Furcht zu binden, ihm eine Fessel anzulegen, die nicht einmal der Sohn eines Gottes zerreißen konnte. Geflochten aus den Sehnen der Bären, dem Atem der Fische, den Bärten der Frauen, dem Speichel der Vögel, dem Geräusch eines Katzentritts und den Wurzeln der Berge.« A öffnet die Augen wieder. Das waren Geschichten, wie sie sie liebte.
    »Hat 'ne harte Truppe als Familie, der Wolf, kann man nicht anders sagen. Hel ist seine Schwester ebenso wie die Midgardschlange. Mit so

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