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Das Loch in der Schwarte

Das Loch in der Schwarte

Titel: Das Loch in der Schwarte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikael Niemi
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musste sie sofort einfangen, ihr Gesicht festhalten, das jetzt abgewandt war, sie dazu bringen, ihre Tasche vom Stuhl neben sich zu nehmen, damit er sich setzen konnte, ihr Kinn ein wenig anheben lassen, erstarren, die Kakaohaut am Hals entblößen lassen bis hin zur weißen Bluse und dem Kruzifix, das darunter aufblitzte, das Metall lag auf ihrer Haut, glitzernd wie ein Tropfen goldenen Speichels…
    Guttorm schlug die Beine übereinander und drückte die pochende Last in der Hose hinunter. Er kniff die Augen in unterdrückter Wut zusammen, versuchte südländischer zu sein. Andrea musste davon überzeugt werden, dass er nicht nur so ein trockener norwegischer Stockfisch war.
    Dann ergriff er seinen Stift. Jetzt.
    Ich schmecke die Süße deiner reifen Frucht… Nein. Pfui Teufel. Deine Spalten schwellen unter meinem stürmischen Tanz…
    Nun ja, Latinogefühle gab es ja wohl genug. Aber vielleicht kam er dabei doch etwas zu schnell zur Sache.
    Ich bin der Docht in deinem Öl
    die Funken des Herzens entzünden sich, brennen
    schlagen ihre Flammen um meinen Körper
    ich warte in Schmerzen
    Puuh. Leidenschaftlich, doch zu schwer. Das schwebte nicht, wurde zu jammernd. Aber die erste Zeile war in Ordnung, da fand man die Passion.
    Guttorm starrte seinen Vers lange Zeit an. Er fühlte sich frustriert, wollte das Ganze wie eine Gummihaut zurechtzupfen, es ausdehnen, so dass es in alle Richtungen wuchs, bis es den ganzen Himmel von Tromso bedeckte: Ich bin der Docht in deinem Öl!
    Ruhelos startete er das Internet und spürte dieses kurze, aufregende Schwindelgefühl, wenn das Logo des Gaganets auf dem Schirm auftaucht: eine Spiralgalaxis, die gemeinsam mit Tausenden anderer Spiralgalaxien herumwirbelte und gemeinsam mit ihnen ein stilisiertes G bildete. Er loggte sich in die Such
    maschine ein, eine ganz besonders umfangreiche, die die Schule abonnierte, und in einem kleinen Feld sah er den Curser blinken.
    Ich bin der Docht in deinem Öl, schrieb er. Return. Blink, blink. Warten. Treffer. Eine ansehnliche Liste mit Links. Er klickte auf den obersten. Und augenblicklich füllte sich der Bildschirm mit Text:
    Ich bin der Docht in deinem Öl mein Körper brennt vor Eifer deine Eiertentakel zu palpieren Guttorm überflog schnell das Gedicht, das mit einem wirklich abstoßenden Amphibienbeischlaf endete. Selbst in dieser abgelegenen Zivilisation hatte ein Amateurschreiber Guttorms Einleitungszeile formuliert. Er klickte auf den nächsten Link:
    Ich bin der Docht in deinem Öl ich bin der Psifaktor in deinem Antigravitationskompressor ich bin achtfaltig in deinem chiffrierten, gekrümmten Raum …
    Er war in einer Anthologie mit antiken Texten einer vor langer Zeit schon zerstörten Hochkultur gelandet. Sie erinnerte eher an eine Formelsammlung.
    Den größten Teil des Abends saß Guttorm da und las Hunderte von Gedichten mit exakt den gleichen Einleitungsworten. Die Liste der Links wurde immer länger. Sie schien unendlich zu sein. Schließlich streckte er den Rücken, ihm war ein wenig übel. Wie war es möglich, dass so viele im Universum auf exakt die gleichen Worte kamen?
    Aufs Geratewohl gab er eine neue Gedichtzeile in die Suchmaschine ein:
    Ich bin ein biologischer Athlet
    mit einem Himmelreich zwischen den Beinen
    das hier ist schlechte Poesie
    aber da sollst du drauf scheißen
    Leicht errötend schickte er den Vers in das Gaganet. Dieses Mal dauerte es länger. Doch dann kam die Liste mit den Treffern. Er öffnete die ersten zehn Links und fand den Text wieder, vollkommen identisch, in allen möglichen Ecken des Weltraums. Dieses Mal wurde er von einem leicht würgenden Gefühl ergriffen. Das durfte nicht wahr sein.
    Die ganze Nacht hindurch führte er sein Experiment durch. Und als die Morgendämmerung langsam einsetzte, erhob Guttorm sich von seinem Rechner, erschöpft und schockiert. Es war unfassbar. Welche sonderbaren und originellen Gedichte er auch schrieb, es gab sie bereits irgendwo dort draußen im Gaganet. Guttorm Loll war nun überzeugt. Es war vorbei mit seinen Schriftstellerträumen. Er hatte nicht die geringste Chance.
    Alles im Universum war nämlich bereits geschrieben.
    Alles? Ja, alles. Das musste man erst einmal eine Weile verdauen. Man glaubt es kaum. Es kann doch nicht wirklich schon alles geschrieben sein. Die Sprache ist zu groß, die Kombinationsmöglichkeiten können niemals zu Ende sein, die Sprache ist das Größte von allem, was existiert.
    Hrrrm. Entschuldige.
    Was war es, was ich

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