Das Locken der Sirene (German Edition)
befahl er.
„Ja, Meister.“
Zach zog die Schublade seines Nachttischchens auf und holte die Tube Gleitgel heraus, die Nora ihm gegeben hatte.
„Oh Zach – du überraschst mich!“
Zach stöhnte laut auf, als er sich in sie hineinschob. Sie war so eng, dass er kaum atmen konnte.
Er stieß zu, und Nora zuckte zusammen.
„Tut mir leid“, murmelte er und musste doch über seinen Eifer grinsen.
„Nein, tut’s dir nicht.“ Er hörte das Lachen in Noras Stimme.
„Stimmt“, gab er zu. „Dieses Mal nicht.“
32. KAPITEL
K urz vor Tagesanbruch kroch Nora aus Zachs Bett und kleidete sich leise in der Dunkelheit an. Sie fand die Krawatte, die sie als Augenbinde benutzt hatte, und versteckte sie dort, wo Zach sie später finden würde. Die letzte Nacht verdiente auf jeden Fall ein Souvenir.
Nora schaute auf Zach, der noch immer schlief. Sie konnte kaum glauben, was noch vor zwei Stunden zwischen ihnen passiert war. Irgendwer – irgendwas – hatte den wahren Zach hervorgelockt, der in den letzten zehn Jahren und sechs Wochen versteckt gewesen war. Als sie ihm die Augenbinde heruntergerissen hatte, war er hervorgekommen. Letzte Nacht war sie nicht mit Zach, ihrem anständigen und braven Lektor, zusammen gewesen. Die letzte Nacht hatte sie mit dem Zach verbracht, der schon mit dreizehn ein kleiner Ladykiller gewesen war, der während seiner Studienzeit betrunkene Dreier gehabt hatte und der seiner achtzehnjährigen Studentin auf seinem Schreibtisch im Cambridger Büro die Jungfernschaft geraubt hatte. Noras Körper schmerzte nach dem Sex der letzten Nacht. Er war brutal, fast schon bestialisch gewesen. Ohne ihre Spielzeugtasche hatte er sie mit den Händen niederdrücken müssen. Er hatte mit den Knien ihre Beine auseinandergehalten und die Hand auf ihren Mund gepresst, um ihre Schreie zu ersticken. Es war mit der gröbste, schmutzigste Sex gewesen, den sie jemals gehabt hatte. Und sie konnte auch jetzt nicht aufhören zu lächeln.
Auf ihrem Weg aus der Wohnung blieb sie im Wohnzimmer stehen und hob den Vertrag auf, der immer noch auf dem Sofa lag. Sie blätterte ihn flüchtig durch und schaute, ob alles so war, wie es sein sollte. Der Vorschuss würde sie nicht reich machen, aber er würde ihr in den nächsten Jahren ein recht komfortables Leben ermöglichen, in denen sie sich ganz aufs Schreiben konzentrieren konnte.
Nora fuhr nach Hause und schleppte ihren erschöpften Körper ins Haus. Obwohl sie sich nach Schlaf sehnte, nagte etwas an ihr. Etwas, das sie in der Aufregung nach der Fertigstellung des Buches mit Zach vergessen hatte. Und dieses Etwas war sehr wichtig.
Sie betrat den Flur, der zu ihrem Zimmer führte, und blieb mitten in der Bewegung stehen. Wesley stand vor ihrem Schlafzimmer. Er lehnte mit dem Rücken an der Tür. In den Händen hielt er eine kleine Schachtel in dem klassischen hellen Türkis von Tiffany’s. Seine Haltung verriet, dass er hier schon seit Stunden wartete – vielleicht sogar die ganze Nacht. Im ersten Moment glänzten seine Augen voller Erleichterung, aber dann, als er ihr zerzaustes Haar bemerkte und ihre zerknitterten Sachen, schien ihm eine schreckliche Erkenntnis zu kommen. Sein Arm fiel nach unten, und die Schachtel baumelte nur noch am dünnen Schleifenband von seinem Finger.
„Zach?“, fragte Wesley.
„Ja.“ Nora war vor Angst und Scham eiskalt.
Wesley nickte nur. Die Schachtel fiel ihm aus der Hand und landete auf dem Boden. Er schien es gar nicht zu bemerken.
„Wes …“, fing Nora an. Was gäbe sie nicht darum, es ihm erklären zu können. Ihre Verabredung, die gemeinsame Feier – das hatte gestern Nacht stattfinden sollen. Aber sie war stattdessen bei Zach geblieben. Sie war bei ihm geblieben und hatte ihr Buch vollendet. Das alles wollte sie Wes erklären, aber er schob sich einfach nur an ihr vorbei und verschwand in seinem Zimmer. Nora versuchte ihm zu folgen, doch er hatte bereits hinter sich abgeschlossen. Eine quälend lange Zeit starrte sie ungläubig auf den Türknauf. In all den Monaten, die sie mit Wesley zusammenlebte, hatte er nicht ein einziges Mal abgeschlossen.
Stumm vor Entsetzen ging sie zu ihrem Zimmer und blieb vor der Tür stehen, um die Schachtel aufzuheben. Mit zitternden Fingern öffnete sie die Schleife und hob den Deckel. Darin lagen zwei silberne Kämme, zart und wunderschön. Nora hörte, wie ihr Herz in der Brust zerbrach wie Glas. Wesleys Unschuld, die Uhr seines Vaters, das Einzige, was er besaß und das von Wert war
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