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Das Löwenamulett

Das Löwenamulett

Titel: Das Löwenamulett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schwieger
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vor Scham am liebsten im Küchenboden versunken. Trotzdem lächelte ich Pacuvius tapfer an und versuchte, mir nichts anmerken zu lassen.
    »Ach so«, sagte Pacuvius und klang ein bisschen ent-89

    täuscht. »Dass ihr ausgerechnet diesen Urbicus so toll findet … Warum nicht Clemens? Das ist ein großer Kämpfer mit einem großen Herzen!«
    »Was ist denn mit Urbicus?«, fragte Delia und gab sich die größte Mühe, nicht besonders interessiert zu klingen.
    »Wir Ascanier mögen ihn nicht«, sagte Pacuvius. »Das liegt nicht daran, dass er ein Freiwilliger ist, bestimmt nicht.
    Er kämpft nicht sauber, versteht ihr? In der Arena setzt er gemeine Tricks ein, die der Schiedsrichter nicht bemerkt.
    Aber wehe, er wird selbst einmal getroffen! Dann quiekt er wie eine angeschossene Wildsau. Er ist stark und geschickt, das will ich gar nicht bestreiten, und er beherrscht sein Handwerk, keine Frage. Besonders mit dem Schild kann er gut umgehen, so gut wie kaum ein anderer. Aber er hat, wie soll ich sagen, einen schlechten Charakter. Das merkt man sofort, wenn man ihn einmal kämpfen sieht.«
    Pacuvius trank einen Schluck aus seinem Becher. Delia und ich schauten uns an. Wir glaubten Pacuvius jedes Wort.
    »Weißt du noch mehr über ihn?«, hakte ich nach. »Hat er Freunde? Eine Familie?«
    Pacuvius strich sich mit dem Handrücken über den Mund.
    »Er war früher Soldat, bei irgendeiner Legion an der Donau.
    Sechzehn Jahre lang. Dann hat er in einem Jahr seine ganze Abfindung durchgebracht, war in jeder römischen Kneipe Stammgast. Als das Geld verbraucht war, ist er zu Mordax gegangen und hat sich der Löwentruppe angeschlossen. So richtig mit Vertrag und Gladiatoreneid. Für vier Jahre hat er sich verpflichtet. Mit Schwert und Schild umzugehen, das hatte er ja bei den Legionären gelernt.«
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    »Warum hat er nicht etwas anderes gemacht?«
    »Du meinst, einer normalen Arbeit nachgehen?« Pacuvius schnaubte verächtlich. »Doch nicht Urbicus! Dafür wäre der Herr sich zu fein. Nein, er glaubt, dass er als Gladiator das ganz große Geld verdient und dann leben kann wie König Croesus. In Wahrheit ist er ein riesiger Dummkopf.«
    »Wie meinst du das?«, fragte Delia.
    »Weil es ihn bei jedem Kampf erwischen kann! Ihr hättet ihn im Frühjahr sehen sollen, als er gegen Clemens antreten musste. Da wäre es beinahe um ihn geschehen gewesen.
    Clemens hat ihn durch die halbe Arena gejagt, bis Urbicus schließlich den Finger hob, das Zeichen der Kapitulation. Aber das kennt ihr ja. Der Veranstalter hat ihm dann das Leben geschenkt. So ein Glück wird er kein zweites Mal haben.«
    »Und wenn er die vier Jahre doch überlebt?«, fragte ich.
    »Dann wird er sein ganzes Geld in den teuersten Tavernen der Stadt auf den Kopf hauen. Und ihr seid sicher, dass ihr diesen Kerl gut findet?« Pacuvius schaute uns ungläubig an.
    »Doch«, sagte Delia, »er hat so kräftige … Arme!«
    Was für einen Unsinn redete sie da?! Ich war mir sicher, dass unser Schwindel jeden Moment auffliegen müsste. Pacuvius runzelte die Stirn. »Das haben die anderen auch.«
    »Weißt du auch«, fragte ich schnell, »was Urbicus in seiner Freizeit macht? Wo man ihn vielleicht treffen kann?«
    Pacuvius schaute mich an, als wäre mein Gesicht von einem gelben Ausschlag übersät.
    »Er hat eine Stammkneipe«, sagte er, »ganz in der Nähe vom Circus Maximus. Zum Röhrenden Eber. Dort ist er fast jeden Tag. Aber ich würde da nicht hingehen.«
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    »Wieso nicht?«, fragte ich.
    Pacuvius musterte uns. Es war ihm deutlich anzumerken, was er dachte: Dass wir zwei Prinzessinnen vom Esquilin keinen blassen Schimmer vom wahren Rom hatten. Und irgendwie hatte er damit auch recht.
    »Der Laden hat einen üblen Ruf«, erklärte er. »Der Wirt heißt Prokrustes, ist selbst ein ehemaliger Gladiator, hat zwei Dutzend Gegner in der Arena erledigt. Da treibt sich nur lichtscheues Gesindel herum. Bissige Ratten, die nachts aus den Kanälen kommen, sagt Onkel Orbilius immer. Mädchen wie euch verputzen die zum Frühstück.«
    »Ach was!«, sagte ich munter. »Uns wird schon nichts passieren.« Dabei lächelte ich gequält, während sich mein Magen allein beim Gedanken an diese Kneipe zusammen-krampfte. Delia war sämtliche Farbe aus dem Gesicht gewichen.
    »Und sonst?«, fragte sie. »Weißt du sonst noch etwas über Urbicus? Hat er Freunde? Oder Feinde?«
    Pacuvius schaute Delia verwundert an und schüttelte den Kopf. »Nein, mehr weiß ich nicht. Da müsstet ihr schon in

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