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Das Löwenamulett

Das Löwenamulett

Titel: Das Löwenamulett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schwieger
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gerade ausreichte, um zu erkennen, dass hier seit den letzten Saturnalien nicht mehr sauber gemacht worden war. Es stank erbärmlich. Tonscherben, Brotrinden, abgenagte Hähnchenknochen und anderer Unrat lagen auf dem Boden. Wir stellten überrascht fest, dass die Kneipe leer war. Nur der Wirt stand hinter dem Tresen, die
    * Lateinisches Sprichwort: »Den Mutigen hilft das Glück.«
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    Arme vor der Brust verschränkt, und schaute uns aus seinen kleinen Schweinsaugen neugierig an. Hatte Pacuvius nicht erzählt, dass er ein ehemaliger Gladiator war?
    »Oha, welch hoher Besuch«, sagte er. »Was führt so feine Damen in mein bescheidenes …«, er wies mit einer Hand über den düstern Raum, »… Etablissement?«
    Was für ein fetter, widerlicher Kerl! Er sah aus wie ein Riesenschwein auf zwei Beinen. Mir drehte sich der Magen um, als er uns mit seinen schwarzen Zähnen angrinste.
    »Erzählt man sich jetzt auch schon auf dem Palatin von meinen köstlichen lukanischen Würstchen?«, fragte er und lehnte sich dabei auf seinen Tresen. »Oder möchtet ihr ein paar geröstete Haselmäuse probieren? Oder gar meine Spe-zialität, gebratenes Kalbshirn mit Fischsoße?«
    Der Wirt schloss die Augen und leckte sich über die Lippen. Ich schaute Delia an, auch sie schien keinen allzu großen Appetit auf die angebotenen Leckereien zu haben. Ich musste an die frischen Aprikosen und den Käse bei Pacuvius denken.
    Warum hatten wir dort nichts gegessen? Ich spürte, dass ich hungrig war. Aber ich war mir sicher, dass ich hier keinen Bissen herunterbringen würde.
    »Nein«, sagte Delia und konnte dabei das Zittern in ihrer Stimme nicht unterdrücken. »Wir möchten nur etwas trinken. Einen Schluck Wein. Mit Wasser verdünnt, bitte.«
    »Das lässt sich machen«, sagte der Wirt. »Setzt euch, wohin ihr wollt. Ich bringe euch den Wein an den Tisch.«
    Wir entschieden uns für den Tisch in der äußersten Ecke des kleinen Raumes und setzten uns nebeneinander auf die Kante der schmierigen Bank.
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    »Was sollen wir jetzt nur machen?«, flüsterte Delia, nachdem uns der Wirt zwei Holzbecher hingestellt hatte.
    »Warten«, flüsterte ich zurück. »Etwas anderes können wir im Moment nicht tun, oder? Urbicus hatte doch gesagt, dass er heute Nachmittag hierherkommen will.«
    Ich war mir nicht sicher, wie sehr ich mir wünschte, dass er sein Wort hielt. Denn eigentlich wollte ich nur eines: raus hier!
    »Nur wann, das ist die Frage. Und inzwischen läuft uns die Zeit davon.« Delia nippte an ihrem Wein und verzog das Gesicht. »Bäh! Der Wein schmeckt nach Fisch!« Sie schüttelte sich und schob den Becher weit von sich. »Der Kerl hat ihn nicht mit Wasser, sondern mit Fischsoße verdünnt.«
    Ich schaute in die trübe Brühe in meinem Becher und war froh, davon nicht probiert zu haben.
    Wir saßen eine Weile stumm nebeneinander und hingen unseren Gedanken nach. Mir fiel ein, dass ich mit Delia über das reden wollte, was ihr Vater vorhin gesagt hatte. Irgendetwas hatte mich aufhorchen lassen. Doch was war das nur?
    Ich hatte das dumpfe Gefühl, dass es eine wichtige Kleinig-keit war, vielleicht sogar eine entscheidende. Doch irgendwie drehten sich meine Gedanken im Kreis, und ich kam nicht auf die Lösung.
    »Wir könnten den Wirt fragen«, schlug ich darum vor, um überhaupt irgendetwas zu sagen. »Vielleicht weiß der, wann Urbicus hier auftaucht.«
    »Ich glaube, dass ist nicht mehr nötig.«
    »Wie meinst du das?«
    »Da kommt er.«
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    Ich folgte Delias Blick. Sie starrte auf die Tür, durch die sich gerade drei Männer hindurchschoben. Der eine war zweifellos Urbicus. Die beiden anderen kannten wir nicht.
    Oder doch? Der Kleinere von den dreien kam mir bekannt vor. Er hatte breite Schultern, kurzes blondes Haar und eine platte Nase. Das war doch einer der Gladiatoren, denen wir am Morgen beim Training zugeschaut hatten.
    »Das Übliche«, grunzte Urbicus in Richtung Wirt, der die drei freundlich begrüßte. Sie setzten sich an den Tisch direkt vor dem Eingang, nur drei oder vier Schritte von uns entfernt.
    Offenbar hatten sie uns nicht gesehen. Es war nicht gerade hell hier. Die Augen mussten sich erst an das trübe Licht gewöhnen, das hatten wir eben selbst bemerkt. Zudem boten die Bret-terwände, die die Tische voneinander trennten, etwas Schutz.
    Wir beide saßen mit dem Rücken zur Wand und konnten die Haarschöpfe der drei Männer im Halbdunkel sehen.
    »Irgendwann bringe ich den Trainer um!« Das war Urbicus’

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